Jeder kennt sie, jeder sieht sie – aber was steckt dahinter?
Straßenkünstler gibt es überall. Begeisterte Menschen bleiben für ein paar Minuten stehen, andere fühlen sich vielleicht gestört. Was hinter den Personen steckt, die sich und ihre Kunst aus den verschiedensten Gründen im öffentlichen Raum präsentieren, wissen die Wenigsten. Wenn man beispielsweise einen Straßenmusiker sieht, der komplett versunken in seine Musik ist und nur aufblickt und lächelt, wenn Menschen applaudieren, dann fragt man sich:
Wie war der Weg dieses Menschen zu seiner Kunst und warum hat er sich dazu entschlossen, diese öffentlich darzustellen?
Was denken Passanten über Straßenkünstler?
The-Minute-Portrait
Fast überall, egal ob im Urlaub, in der Stadt oder auf Straßenfesten sieht man Portrait-Zeichner und Zeichnerinnen. Die Künstlerin, die hinter „The Minute Portrait“ steckt, ist eine davon. Hinter Merles Künstlernamen steckt ein gelungenes Konzept: Pro Minute Portrait-Zeichnen einen Euro, also 9 min = 9 Euro. Im Frühjahr diesen Jahres begann sie mit ihrer Idee und übt diese über den Sommer aus. Wie die Leute auf der Straße reagieren und was hinter der Geschichte von „The Minute Portrait“ steckt, erfahrt ihr im folgenden Interview.
Wenn ihr mehr von Merle sehen wollt, dann besucht ihren Instagram-Account.
https://www.instagram.com/the_minute_portrait
L´Oiseau Music
Das Erste, was man von von Paul mitbekommt, ist nicht er selbst – sondern die Masse von Menschen um ihn herum. Und seine Musik, die in der Straße widerhallt. Alle, die ihm zuhören, sind gebannt von seinem Elan und seiner positiven Ausstrahlung. Er ist völlig vertieft in seine Musik, aber geht gleichzeitig auch auf sein Publikum ein, lächelt die Leute an, bedankt sich für Spenden. Am meisten fasziniert seine offene Mimik und die Energie,
die er ausstrahlt.
Ihr habt Lust mehr von Paul zu sehen? Dann schaut euch doch mal sein Instagram-Account an!
https://www.instagram.com/loiseaumusic
Taina
Der Dom ist einer der Hotspots für Straßenkünstler, dort befinden sich unzählige Touristen, welche interessiert der Straßenkunst zuschauen. Eine dieser Straßenkünstler ist Taina. Die Finnin malt konzentriert mit Straßenmalkreide das Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Jan Vermeer. Bisher sind nur der Kopf und ein Teil der Schultern fertig, doch schon jetzt kommt es dem Original sehr nahe. Taina ist sehr auf ihre Kunst konzentriert, aber gleichzeitig auch sehr freundlich und auskunftsfreudig, als sie angesprochen wird.
Was zeichnest du gerne? Menschen oder anderes?
Ich mag es, Menschen zu zeichnen. Ich habe es schon immer geliebt, die Facetten der Gesichter von Personen zu zeichnen. Ich würde mich selbst als Portrait Künstlerin bezeichnen. Manchmal nehme ich mir einfach zwei Stühle und Papier und mache Portraits von Leuten hier auf der Domplatte. Ihr seht, dass hier einige Künstler sind, zum Glück sind es heute nicht so viele.
Aber sie machen es alle für Geld. Wir alle hoffen, dass es ein guter Tag ist. Dass Leute unsere Kunst würdigen und viel Geld geben.
Wie bist du auf den Beruf gekommen?
Ich finde, man kann den Beruf nicht ausüben, wenn man das Zeichnen nicht liebt. Ich habe angefangen zu zeichnen, als ich 6 Jahre alt war. Ich musste einfach zeichnen. Es ist wie ein Geschenk von Gott.
Also habe ich es bisher mein ganzes Leben gemacht und ich zeichne in verschiedenen Arten. Taina ist kurz abgelenkt, da jemand beinahe über das Bild läuft. Sie verscheucht die Person mit einem lauten „Hey!“ und und widmet sich wieder unserem Interview.
Ok gut, sie machen das Bild kaputt. Hier sind viele Menschen auf den Straßen unterwegs und wenn du ein Straßenkünstler bist, musst du auf deine Kunst aufpassen, zu jeder Zeit. Jeder läuft nur mit seinem Telefon in der Hand herum und die Hälfte starrt nur auf ihr Handy und guckt nicht, wohin sie gehen. Manche treten gegen meine Geldschale und laufen einfach über alles, sie sehen gar nichts, gucken nur auf dieses Gebäude (Dom). Also dieser Job hier ist nicht so glamourös. Viele Leute denken, man könne Simsala simsala bim machen und dann erscheint die Malerei. Aber es dauert Stunden, dieses Bild zu malen dauert insgesamt 6 Stunden- es wird noch einen schwarzen Hintergrund kriegen. Das Gemälde ist von Vermeer „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ und es ist mein bester „Money Maker“.
Und wie ich eben schon gesagt habe, ich möchte keine Werbung für meine
Arbeit machen, ich könnte einfach in meinem Studio sitzen und dort Bilder machen. Aber irgendwie mag ich es hier, das Kommunizieren mit den Leuten, wenn es ein schöner Tag ist.
Machst du hauptberuflich Straßenkunst?
Ich habe keinen anderen Job. Es ist mein Job und ich muss mir damit meinen Lebensunterhalt verdienen. Wie ich schon gesagt habe, ich nehme mir dann meine Stühle und fange an, jemanden zu malen. Menschen lieben es, ihr Gesicht gemalt zu kriegen.
Es ist „Vanity fair“ (berühmte Modezeitschrift). Ich bekomme mehr Geld durch das Portrait Zeichnen und es ist einfacher hier, weil ich mich hinsetzen kann und dann mache ich ein Bild von jemandem. Ich nehme dafür nur 10€, aber es ist immer noch einfacher, als wenn ich einfach nur drinnen bleibe und irgendwelche Blumen oder so zeichne.
Wie ist es, Straßenkünstler zu sein? Was für Reaktionen erhältst du auf deine Arbeit?
Manche Menschen reagieren besonders auf dieses Bild „Das Mädchen mit dem „Perlenohrring“, sehr positiv. Sie lieben es. Es wurde vor 400 Jahren gezeichnet. Vor euch war ein Mann, der sagte „Oh das ist mein Lieblingsbild“. Wenn ich andere Leute male, dann male ich normalerweise Frauen und ich habe mich auf die Augen spezialisiert. Ich mache sie nicht wirklich hypnotisch, aber wenn du sie dir anguckst, dann bekommst du ein Gefühl vermittelt. Viele Leute mögen meine Kunst, aber es gibt auch Leute, die einfach nicht mit ihrem Leben zufrieden sind. Diese Leute versuchen meine Werke zu zerstören, sie fahren einfach mit ihren Fahrrädern darüber und lachen und lächeln dabei. Und es gibt Menschen, die meine Geldschale klauen; Leute, die vielleicht arm sind oder einfach anderweitig nicht glücklich sind. Deswegen muss ich die ganze
Zeit aufpassen. Die Leute reagieren auf so viele verschiedene Weisen. Es gibt welche, die sagen „Ihh, was ist das?“, aber bei diesem Bild können sie es nicht sagen, weil es sehr gut werden wird.
Fazit
Wir haben drei Straßenkünstler zu ihrem künstlerischen Weg und dem Leben als Straßenkünstler befragt und festgestellt, dass bei allen der kreative Drang im Vordergrund steht.
Jeder hat seine eigene Kunst, die er im öffentlichen Raum präsentiert. Dabei kann wie bei Paul der Wunsch nach Anerkennung und das Begeistern des Publikums im Vordergrund stehen. Bei Merle ist das Zeichnen und die Kunst eine große Leidenschaft und nebenbei auch eine Möglichkeit, als zweites Standbein Geld zu verdienen. Für Taina ist ihre Kunst ein Geschenk Gottes, gleichzeitig schätzt sie vor allem die Kommunikation mit den Leuten auf der Straße.
Was sie alle verbindet: ihr besonderes Talent und ihre Leidenschaft.