„Ich bin was ich bin“ – Bunt, bunter, CSD.

Regenbogen-Flaggen. Menschen, die mit „Free-Hugs“ Schildern durch die bunte Masse laufen. Eine riesige Parade. Und mittendrin: Sarah. Mit ihren blauen Haaren und ihrem unkonventionellen Style ist sie es gewohnt, dass die Leute sie anschauen. Umso wohler fühlt sie sich in dem Getümmel  von Gleichgesinnten und obwohl sie allgemein ziemlich gerne auffällt, genießt sie diesen Tag, an dem sie ausnahmsweise mal nicht heraussticht. Für Sarah ist der CSD vor allem eine Möglichkeit, Leute zu treffen, die allesamt offen und tolerant sind und sich austauschen zu können.

Eine Woche vorher treffen wir die 17-Jährige am Rheinufer in Düsseldorf, wo sie uns ihre Geschichte erzählt: „Schon mit 14 hab ich festgestellt, dass ich mich in einem Punkt sehr von anderen Mädchen in meinem Alter unterschied.“, erinnert sie sich. „Jungs fand ich zwar schon irgendwie gut, aber Mädchen eben genauso. In manchen Fällen vielleicht sogar noch etwas mehr.“

Sarah identifiziert sich zwar offiziell als bisexuell, doch bis heute weigert sie sich, sich selbst in eine Schublade stecken zu lassen: „Ich bin was ich bin. Dafür brauche ich keine genaue Bezeichnung.“ Versteckt habe sie sich, nach eigenen Angaben, nie.

Ein offizielles Coming-Out hatte sie nicht, erwähnte es immer eher nebenbei. Ihren Eltern erzählte sie es erst, als sie sich das erste Mal in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung befand. Sie stellte sie somit vor vollendete Tatsachen und traf glücklicherweise auf vollstes Verständnis sowie auch in ihrem gesamten persönlichen Umfeld.

Das erste Mal besuchte Sarah den Christopher Street Day im Jahr 2018 in Düsseldorf und kurze Zeit später erneut in Köln, wo besonders die Atmosphäre der mehrstündigen Parade einen bleibenden Eindruck in ihrem Gedächtnis hinterließ. In Düsseldorf hingegen fühlt sie sich zuhause, kennt die Leute, kennt sich aus. „Letztendlich ist die Stadt fast egal.“, findet sie. „CSD bedeutet Akzeptanz, Gemeinschaft und Liebe. Alle drei sind ortsunabhängig.“

„Viele. Gemeinsam. Stark!“ Unter diesem Motto feierte drei Tage lang nicht nur die Kölner LGBTQ-Szene, sondern Besucher von nah und fern, jung und alt. Auf drei verschiedenen Bühnen fand quasi rund um die Uhr ein sehr umfang- und abwechslungsreiches Programm statt, zu dem auch verschiedene Politiker wie Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker oder Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth eingeladen waren. Doch auch musikalisch hatte der diesjährige ColognePride, die offizielle Bezeichnung für den Kölner CSD, einiges zu bieten: Persönlichkeiten wie Popikone Conchita Wurst oder Ex Monrose Sängerin und Schauspielerin Bahar Kizil, aber auch weniger bekannte, jedoch nicht minder talentierte regionale Bands und Solokünstler trugen am Wochenende maßgeblich zu der einzigartigen Stimmung bei.

Um 12 Uhr mittags begann am Sonntag, 07.07.2019, die Demo-Parade, Herzstück und Höhepunkt des Christopher Street Day, auf der Deutzer Brücke und zog sich von dort aus weiter durch die gesamte Kölner Innenstadt, vorbei an Heumarkt, Schildergasse, Ehrenstraße, Friesenwall und Burgmauer. Über 115 verschiedene Fußgruppen und Wagen, darunter unter anderem Teilnehmer wie die Telekom, CDU, Die Gruene Jugend Koeln, WDR, Aidshilfe Köln e.V., die Golden Gays und Girls oder auch der 1. FC Köln und IKEA. Besonders im Gedächtnis dürften den Besuchern der Parade auch die Mitglieder der leicht alternativen Community „Puppy Cologne“ geblieben sein. Diese zogen ganz in Lack und Leder gekleidet, die Gesichter mit Hundemasken verdeckt, als Gruppe Nummer 89 mit der Parade durch die Innenstadt. Unkonventionell. Divers. Keine Tabus. „Celebrate yourself!“ Always.

Zum Abschluss unseres Treffens fragen wir Sarah, was sie einem jungen Menschen raten würde, der Probleme hat, sich in der Welt von Heteros, Homo- und Bisexuellen und Transgender zurechtzufinden und einzuordnen. Ihre Antwort – inspirierend:

„Wenn du selbst an deiner sexuellen Orientierung zweifelst und dir nicht sicher bist, wo du hingehörst, dann lass dir von mir gesagt sein: Ich bin mir selber noch nicht zu hundert Prozent sicher, habe sehr viele Labels ausprobiert und es hat keines so richtig gepasst und das ist auch komplett okay. Wenn du Gefühle für jemanden hast, dann ist es egal, welches Geschlecht diese Person hat oder ob das zu dem Label passt, von dem du denkst, dass es zu dir passt. Labels können sich ändern, Sexualität ist fließend. Du schaffst das.“