„Ich bin was ich bin“ – Bunt, bunter, CSD.

Regenbogen-Flaggen. Menschen, die mit „Free-Hugs“ Schildern durch die bunte Masse laufen. Eine riesige Parade. Und mittendrin: Sarah. Mit ihren blauen Haaren und ihrem unkonventionellen Style ist sie es gewohnt, dass die Leute sie anschauen. Umso wohler fühlt sie sich in dem Getümmel  von Gleichgesinnten und obwohl sie allgemein ziemlich gerne auffällt, genießt sie diesen Tag, an dem sie ausnahmsweise mal nicht heraussticht. Für Sarah ist der CSD vor allem eine Möglichkeit, Leute zu treffen, die allesamt offen und tolerant sind und sich austauschen zu können.

Eine Woche vorher treffen wir die 17-Jährige am Rheinufer in Düsseldorf, wo sie uns ihre Geschichte erzählt: „Schon mit 14 hab ich festgestellt, dass ich mich in einem Punkt sehr von anderen Mädchen in meinem Alter unterschied.“, erinnert sie sich. „Jungs fand ich zwar schon irgendwie gut, aber Mädchen eben genauso. In manchen Fällen vielleicht sogar noch etwas mehr.“

Sarah identifiziert sich zwar offiziell als bisexuell, doch bis heute weigert sie sich, sich selbst in eine Schublade stecken zu lassen: „Ich bin was ich bin. Dafür brauche ich keine genaue Bezeichnung.“ Versteckt habe sie sich, nach eigenen Angaben, nie.

Ein offizielles Coming-Out hatte sie nicht, erwähnte es immer eher nebenbei. Ihren Eltern erzählte sie es erst, als sie sich das erste Mal in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung befand. Sie stellte sie somit vor vollendete Tatsachen und traf glücklicherweise auf vollstes Verständnis sowie auch in ihrem gesamten persönlichen Umfeld.

Das erste Mal besuchte Sarah den Christopher Street Day im Jahr 2018 in Düsseldorf und kurze Zeit später erneut in Köln, wo besonders die Atmosphäre der mehrstündigen Parade einen bleibenden Eindruck in ihrem Gedächtnis hinterließ. In Düsseldorf hingegen fühlt sie sich zuhause, kennt die Leute, kennt sich aus. „Letztendlich ist die Stadt fast egal.“, findet sie. „CSD bedeutet Akzeptanz, Gemeinschaft und Liebe. Alle drei sind ortsunabhängig.“

„Viele. Gemeinsam. Stark!“ Unter diesem Motto feierte drei Tage lang nicht nur die Kölner LGBTQ-Szene, sondern Besucher von nah und fern, jung und alt. Auf drei verschiedenen Bühnen fand quasi rund um die Uhr ein sehr umfang- und abwechslungsreiches Programm statt, zu dem auch verschiedene Politiker wie Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker oder Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth eingeladen waren. Doch auch musikalisch hatte der diesjährige ColognePride, die offizielle Bezeichnung für den Kölner CSD, einiges zu bieten: Persönlichkeiten wie Popikone Conchita Wurst oder Ex Monrose Sängerin und Schauspielerin Bahar Kizil, aber auch weniger bekannte, jedoch nicht minder talentierte regionale Bands und Solokünstler trugen am Wochenende maßgeblich zu der einzigartigen Stimmung bei.

Um 12 Uhr mittags begann am Sonntag, 07.07.2019, die Demo-Parade, Herzstück und Höhepunkt des Christopher Street Day, auf der Deutzer Brücke und zog sich von dort aus weiter durch die gesamte Kölner Innenstadt, vorbei an Heumarkt, Schildergasse, Ehrenstraße, Friesenwall und Burgmauer. Über 115 verschiedene Fußgruppen und Wagen, darunter unter anderem Teilnehmer wie die Telekom, CDU, Die Gruene Jugend Koeln, WDR, Aidshilfe Köln e.V., die Golden Gays und Girls oder auch der 1. FC Köln und IKEA. Besonders im Gedächtnis dürften den Besuchern der Parade auch die Mitglieder der leicht alternativen Community „Puppy Cologne“ geblieben sein. Diese zogen ganz in Lack und Leder gekleidet, die Gesichter mit Hundemasken verdeckt, als Gruppe Nummer 89 mit der Parade durch die Innenstadt. Unkonventionell. Divers. Keine Tabus. „Celebrate yourself!“ Always.

Zum Abschluss unseres Treffens fragen wir Sarah, was sie einem jungen Menschen raten würde, der Probleme hat, sich in der Welt von Heteros, Homo- und Bisexuellen und Transgender zurechtzufinden und einzuordnen. Ihre Antwort – inspirierend:

„Wenn du selbst an deiner sexuellen Orientierung zweifelst und dir nicht sicher bist, wo du hingehörst, dann lass dir von mir gesagt sein: Ich bin mir selber noch nicht zu hundert Prozent sicher, habe sehr viele Labels ausprobiert und es hat keines so richtig gepasst und das ist auch komplett okay. Wenn du Gefühle für jemanden hast, dann ist es egal, welches Geschlecht diese Person hat oder ob das zu dem Label passt, von dem du denkst, dass es zu dir passt. Labels können sich ändern, Sexualität ist fließend. Du schaffst das.“  

Prostitution oder ein fairer Deal? – Sugar Babe packt aus


Sie war deutlich jünger!“, „Er hätte ihr Großvater sein können.“, „Er wirkte total überfordert und hat einen Drink nach dem anderen bestellt.“ – Escort-Service ist in Deutschland inzwischen etwas Alltägliches geworden und viele erkennen es auf den ersten Blick. Deutlich ältere Männer in Begleitung einer jungen, hübschen Frau – gegen Geld. Sugar Babe und Sugar Daddy. Doch handelt es sich lediglich um ein Abendessen oder sogar um eine Affäre? Was haben die jungen Frauen davon? Traumurlaub, Designerhandtaschen und ein gutes Polster auf dem Bankkonto? Gibt es vielleicht noch andere Beweggründe? Welchem Gesellschaftsdruck werden sie ausgesetzt? Wie steht es um die Sicherheit der Sugar Babes? Und wie verschwimmen die Grenzen zu Prostitution?

Klara* ist 22 Jahre alt und ist bereits seit mehreren Jahren auf der Webseite mysugardaddy.eu registriert. Für ein Leben im Luxus und gutes Taschengeld trifft sie sich mit älteren und verheirateten Männern. Angefangen als Begleitung zum Abendessen, stand ihr zu Beginn des Jahres erstmals eine zweiwöchige Reise in die USA bevor, mit einem Sugar Daddy, den sie noch nie getroffen hatte.
 Wir sprechen mit der jungen Studentin über ihre Erfahrungen mit Sugar Daddys, den damit verbundenen Ängsten, Reizen und Beweggründen sowie dem Gesellschaftsdruck dem sie sich ausgesetzt fühlt.

Gerade in der heutigen Zeit, wo Genderdebatten, Sexismus und Feminismus täglich diskutiert werden und zugleich Onlineplattformen immer populärer werden, sind Sugar Babes in aller Munde. Das sogenannte „Sugaring“ grenzt an den gesellschaftlichen Normen und löst heftige Diskussionen aus. Wir sprechen mit Experten über diese gesellschaftliche Grauzone. Sowohl Journalistinnen, Beobachter, Gründer der Plattform, aktuelle Sugar Babes sowie Feministinnen sind Teil dieser Reportage.

Angekommen im „11 Howard“ in New York City, staunt die junge Studentin über das Luxuszimmer, in dem sie steht. Klara holt die Lingerie aus ihrem Reisekoffer. Schwarz mit Spitze – so wie vom Sugar Daddy gewünscht. Nervös befestigt sie ihre Strümpfe am Strumpfhalter. Es klopft. Ein letzter Blick in den Spiegel und durchatmen – das erste Treffen mit ihrem Sugar Daddy steht bevor.

Von der großen Reise bleibt Klara vor allem der erste Tag in Erinnerung, wie sie Anika im Interview berichtet. Dieser sprengte bei weitem ihre Vorstellungen. Was erwartet man auch, wenn man mit einem 35 Jahre älteren Mann vereist? Was sind seine Absichten? „In dem Moment wo es klopfte, ist mir wirklich mein Herz in die Hose gerutscht,“ so die junge Studentin. „Ich starrte mich selbst im Spiegel an, fassungslos, dass ich wirklich so weit geflogen bin, ohne zu wissen was mich erwartet. Es klopfte erneut und erst dann realisierte ich, dass ich gar keine Wahl hatte als die Tür zu öffnen. Ich lief zur Tür und stoppte nochmal. Wie guckt man denn, wenn man seinem Sugar Daddy das erste Mal begegnet? Lächeln? Oder doch ein Blick der sexy und verführerisch ist?“ Klara öffnete die Tür und entschied sich für ein nettes Lächeln, welches der Sugar Daddy glücklicherweise erwiderte.

Zu Ihrem Erstaunen sah Will*, der Sugar Daddy, genauso aus wie auf den Fotos. „Seien wir mal ehrlich, wer schon mal ein Tinder Date hatte, weiß, dass man auf Bildern wesentlich attraktiver aussehen kann als in Echt. Ich hatte gar nicht so große Angst, dass es sich um ein Fake Bild handelt, sondern, dass das Bild schon 20 Jahre alt ist. Aber anscheinend hat er das gleiche von mir gedacht. Das erste was er zu mir sagte war nämlich, dass ich noch viel besser aussehe als er dachte.“

Wir: „Wie ging es weiter, nachdem du die Tür geöffnet hast? Ist er auf dein Outfit eingegangen?“

Klara: „Ganz anders als ich es mir ausmalte. Er ging zum Kleiderschrank und holte den Hotelbademantel. Will wollte mich zuerst kennenlernen. Er wollte nicht das Gefühl haben, dass er mit einer Prostituierten schlafen würde.“

Wir: „Interessant, dass auch er die Parallelen zur Prostitution zieht. Wie stehst du dazu? Findest du nicht, dass man in dem Fall schon von Prostitution reden kann? Schließlich bekommst du Geld für sexuelle Interaktionen mit einem fremden.“

Klara: „Nein. Das kann man meiner Meinung nach nicht vergleichen. Ich habe mich vorher lange mit dem Mann beschäftigt, und somit ist der er mir auch nicht fremd. Ich wusste wie er aussieht, welchen Job er hat. Sogar über seine Freizeitaktivitäten wusste ich Bescheid. Natürlich bekomme ich Geld dafür, aber es ging ihm ja nicht ausschließlich um den Sex, sondern auch um Begleitung auf seiner Reise. Und diese Begleitung ist eben dieser Escort-Service und keine Prostitution. Ich kann selbst entscheiden und jeden Mann ablehnen.“

Auch wenn Klara aus subjektiver Sicht der Meinung ist, Escort-Services und Prostitution zu trennen, ist bei weitem nicht jeder dieser Meinung. Beschäftigt man sich länger auf objektiver Basis mit diesem Thema, bildet sich schnell eine Debatte um die Einordnung beider Bereiche. Natürlich beinhaltet der Escort-Service auch andere Dinge und es muss nicht zwangsläufig zu Sex kommen. Dennoch fällt dieses Geschäft laut Prostituiertenschutzgesetz klar unter Prostitution: „Der Begriff der Prostitution umfasst alle sexuellen Handlungen, die gegen Entgelt vorgenommen werden, so auch zum Beispiel Escort-Service […]. Auch Sachleistungen, wie zum Beispiel Schmuck, Kleidung oder Autos, die zur Sicherung oder Steigerung des eigenen Lebensunterhalts dienen, werden als Entgelt angesehen.“ So das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg 2017.

Der Ausschnitt aus dem Prostituiertenschutzgesetz 2017 vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg

Die Dating-Plattform „MySugarDaddy.eu“ bietet Dienste an, auf denen man online als Sugar Babe einen Sugar Daddy kennenlernen kann, oder umgekehrt. Nach eigenen Aussagen ist die Seite ein „Treffpunkt für erfolgreiche, ambitionierte und attraktive Menschen. My Sugardaddy ist eine qualitativ hochwertige Dating-Community für finanziell unabhängige Männer (Sugar Daddy) und selbstbewusste und attraktive Single-Frauen (Sugar Babe).“ Im Internet zeigen sie sich von ihrer besten Seite, laden Bilder von glücklichen, jungen Frauen mit einem gepflegten, gutaussehenden Mann mittleren Alters hoch. Die Seite ist relativ vertrauenswürdig aufgebaut. Im Gegensatz dazu erfüllt „Kryptonescort.de“ alle Vorurteile eines Frauen-vermittelnden Dienstes, dem es rein um den Gewinn geht. Auf der Seite werden einem, auch ohne Profil, Frauen ähnlich wie Produkte aufgelistet. Mit all ihren Stärken, Schwächen, Vorlieben und sonstigen diversen Eigenschaften kann sich der Kunde im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von ihnen machen. Vorteilhafte und teils auch sehr freizügige Fotos laden Männer ein, etwas zu kommentieren oder zu bewerten, und die Frauen auszuführen. Rechts im Profil kann man sogar sehen, wie viel der Spaß kostet. 200 Euro nehmen die Frauen im Durchschnitt für eine Stunde, manche mehr. Der Inhalt scheint dabei zunächst zweitrangig zu sein.

Die Seite mysugardaddy.eu präsentiert sich durch eine gehobenere Aufmachung und wendet sich damit an ein elitäres Klientel

 

Nun ist die Frage, wie nah an der Grenze zur „traditionellen“ Prostitution diese Angebote nun sind. My Sugardaddy grenzt sich auf der Webseite klar von Prostitution ab. Sie sind der Meinung, dass es sich hierbei um eine Beziehung handle, da beide das Verhältnis freiwillig eingehen und Beziehungen immer freiwillig seien, Prostitution hingegen nicht. Außerdem müsste es auch nicht immer zu Entgelten kommen, so die Betreiber des Blogs der offiziellen Seite. Auf Fragen dazu im Verhältnis zum Gesetz kam nie eine Antwort. Auch wiederholtes Anrufen brachte keine Reaktion hervor, genau wie bei Kryptonescort. Keine Kooperationsbereitschaft ist auch hier eine Form der Antwort.

Ein Screenshot der Startseite von kryptonescort.de/koeln

 

Außerdem stellt das Sugar-Babe Bilder von sich hoch. Sie kann außerdem nach Erfahrungen mit ihr kommentiert und bewertet werden.

Ist dieses Berufsbild denn überhaupt förderlich für die moderne Frau? Darüber spricht Karoline mit ihrer Freundin Lisann. Seitdem die beiden sich kennen, engagiert sich Lisann für die Gleichberechtigung der Frau und geht keiner Diskussion aus dem Weg. „Bei Themen, bei denen ich schon längst abschalte und mich gedanklich aus der Runde ausklinke, blüht sie erst richtig auf. Ihre klaren Meinungen haben mich schon immer sehr beeindruckt und um so überraschter war ich, das ihre Einstellung zum Escort Service insgesamt gar nicht so negativ ausfällt,“ sagt Karo über ihre langjährige Freundin.

Escort Service ist für mich definitiv nicht mit Prostitution gleichzustellen. Der Begleitservice ist etwas, dass freiwillig passiert. Wenn es zum Sex kommt, was ja auch absolut nicht die Regel ist, dann nur weil sich die Frau aktiv dafür entscheidet.“ So Lisann. „Feminismus bedeutet ja nicht nur Gleichberechtigung, sondern auch die freie Selbstbestimmung der Frau, und die ist hier im Normalfall gegeben.“

VICE-Journalistin Rebecca Baden

Wir haben VICE-Journalistin Rebecca Baden gefragt, wie ihre Meinung zu dem Thema ist. Sie berichtet auf der Plattform über Themen, die die LGTBQ+ Community betreffen, über Feminismus, Gender, Sexismus und politische Gerechtigkeit. Philina schrieb die junge Journalistin hat an und sie hat sich gerne mit dem Thema auseinandergesetzt und unsere Fragen beantwortet. Rebecca findet, dass die Einordnung unter Sexarbeit / Prostitution sinnvoll ist, da bei den meisten Escort-Diensten auch Sex angeboten wird.

„Es gibt natürlich Unterschiede in der Art der Dienstleistung, zum Beispiel dass Escort-Damen und -Herren ihre Dienste über einen längeren Zeitraum anbieten, dass sie ihre Kunden auf Dates begleiten, dass sie sich auch ohne Sex mit ihnen treffen.“ Trotzdem halte sie es für angemessen, sowohl „klassische“ Prostitution als auch Escort-Services als Sexarbeit zu bezeichnen. „Wenn man diese Arbeit als ebenso legitim wie andere Berufe versteht, werden Sexarbeitende nicht weniger oder anders ausgenutzt als zum Beispiel Bauarbeiter oder Journalistinnen wie ich. Es ist eben ein Job.“

Zurück zu Klara und ihrer eigenen Erfahrung als Escort-Dame.

Wir: „Wie lief das Kennenlernen? Hast du dich unwohl gefühlt?“

Klara: Zuerst schon. Was wollte er wohl über mich wissen? Meine Lieblingsfarbe? Ich überlegte mir schon Informationen über mich, die nicht zu privat waren. Doch erneut überraschte Will mich. Er meinte, er möchte nichts aus meiner Vergangenheit oder über mein eigentliches Leben erfahren, sondern mich im hier und jetzt kennen lernen. Deswegen hatte er einen ganzen Tag geplant. Ich sollte mich anziehen und dann ging es los. Er verließ dafür sogar total respektvoll den Raum.

Für die Studentin entpuppte sich der Tag noch als ganz besonders. Im schicken Sommerkleid trafen die beiden in der Hotellobby wieder aufeinander. „Ich erfuhr nichts von seinem Plan.“ Mit eigenem Chauffeur ging es dann Richtung Downtown. Während der Fahrt wurde nicht gesprochen. Lediglich ein paar verlegene Blicke tauschten die Beiden aus. Der Wagen stoppte vor einer Mall. „Ich sollte mir zwei Outfits aussuchen. Ein bequemes, sportliches und eine Abendgarderobe.“

Klara lief allein durch die Mall mit 600$ in der Tasche. T-Shirt, Sporthose, Sneaker; Pumps, Handtasche und Abendkleid. Alles für unter 360$. „Ich bewahrte die Kassenbons auf und stieg zurück ins Auto, welches noch genau an der gleichen Stelle stand wie zuvor. Ich hielt ihm Rückgeld und Kassenbon hin und er lachte. Das Lachen wurde immer lauter und ich stieg schließlich einfach mit ein. Einfach, um es nicht noch merkwürdiger zu machen. Er fand es so lustig, dass ich ihm das Geld zurückgeben wollte. Der Moment hat irgendwie das Eis gebrochen.“ Im Anschluss unterhielten sich die beiden über deutsche und amerikanische Sitten sowie typische Verhaltensweisen der Deutschen und Amerikaner.

Das Sugar Babe erzählt, dass sie über eine Stunde fuhren. „Raus aus der großen Stadt, rein ins nirgendwo. Wir hielten und ich traute meinen Augen nicht. Wir standen tatsächlich vor einem Flugzeug und ich hoffte nur, dass es nicht das war, wonach es aussah. Will wollte tatsächlich mit mir aus diesem Flugzeug springen. Ein Fallschirmsprung. Dafür auch die Sportklamotten. Ich muss zugeben, ich habe schon öfter darüber nachgedacht, dass es cool wäre mal einen Fallschirmsprung zu machen, aber in dem Moment war ich super ängstlich.“

Die Studentin beschreibt, dass so das anfängliche unangenehme Gefühl wieder auftrat. Wie wäre es wohl einen Rückzieher zu machen? Ist die ganze Reise dann dahin? Klara atmete tief durch. „Ich gab mir einen Ruck und dachte mir, dass der ganze Trip für neue Erfahrungen gut ist. Also schmiss ich mich in das bequeme Outfit und war ‚ready to go‘. Es wurde dann jedoch tatsächlich wieder unangenehm, als Will mir mitteilte, dass wir zusammen aus dem Flugzeug springen würden. Er und ich an einem Fallschirm. Ich war ihm so nah, wie ich es vorher nicht erwartet hatte.“

Doch wie Will es beteuerte, verbinden gemeinsame Erlebnisse. Klara beschreibt den Sprung als ein „einzigartiges Erlebnis, das definitiv eine Bindung aufgebaut hat“. Einen Sprung später ging es wie vermutet zu einem schicken Dinner. Während eines drei Gängemenüs wurden neben tiefen Gesprächen und ein paar Weingläser auch tiefe Blicke ausgetauscht. „Ich muss zugeben, dass er mich mit dem ganzen Tag schon ein bisschen um den Finger gewickelt hat. Ich wollte ihm zwar nicht körperlich näherkommen, aber auf einer menschlichen Ebene hat der Tag viel gebracht.“

Klaras Erfahrungen mit ihrem Sugar Daddy Will sind aufgrund des Ausmaßes wahrscheinlich kein Alltag, auch wenn innigere Beziehungen zwischen beiden Beteiligten nicht selten entstehen. Dennoch hört oder liest man auch viele Geschichten, in denen solche Treffen eher anders verlaufen sind.

Auf dem Pfad des „Sugar-Gewerbes“ führte es uns zu einigen Erfahrungsberichten und oder Selbstversuchen einiger Internetuserinnen und Natalie hat sich auf die Suche nach Beispielen gemacht, in denen zahlreiche junge Frauen ihre Erfahrungen teilen:

In jenen Fällen stand dennoch weder das Geld noch kostenintensive Gegenstände oder Reisen im Vordergrund, welche einem genau durch ein solches „Programm“ ermöglicht werden, sondern schlicht und einfach herauszufinden, auf was man sich bei einem solch gewählten Lifestyle als junge Frau einlässt und vielleicht sogar freuen kann.

Genau solche Versuche unternahmen zwei Frauen jüngeren Alters und teilten ihre Erfahrungen und Beobachtungen mit ihren Sugar Daddys im World Wide Web. Beide dieser Testerinnen legten zunächst einen Account an, welche die Daddys mit den „Babes“ vermitteln, und machten sich direkt auf die Suche nach einem wohlbetuchten älteren Mann. Eines der wichtigsten Angaben für ein jedes Sugarbabe ist wohl das Vermögen des aufmerksam gewordenen Daddys sowie die Bereitschaft des monatlichen Betrages, den er gewillt ist an sein Babe abzugeben.

Eine der Seiten, mit der wir uns beschäftigt haben

Es verging also nicht viel Zeit bis der ein oder andere Mann Interesse an den Frauen zeigte. Nach dem üblichen Smalltalk zwischen den Beteiligten verabredete sich eine der beiden Experimentierfreudigen mit einem Daddy, welcher einen relativ sympathischen Eindruck auf sie machte, zum Essen bei einem Italiener seiner Wahl. Sie berichtete in ihrem Blogbeitrag, dass sie während ihres „Dates“ beobachten konnte, dass er sich in dem auserwählten, für seine Verhältnisse eher „billigen“ Restaurant eher unwohl fühlte und sich noch dazu für die günstigen Preise entschuldigte. Außerdem erzählte er ihr, dass er sich allgemein in der Gegend nicht gut auskenne und daher nicht wusste, um welche Preisklasse es sich handeln würde. Es war einfach zu erkennen, dass der Mann einen anderen Standard gewohnt war. Dennoch wurde der jungen Dame nach einiger Zeit bewusst, dass es diesem Mann, welcher sich ungefähr in seinen Fünfzigern befand, nicht auf körperliches ankam, sondern nur um den sozialen Austausch zwischen seiner selbst und einer Frau, mit der er gut und lange reden konnte, ihm also die nötige Aufmerksamkeit schenkte.

Der Eintrag einer VICE-Journalistin über den Selbstversuch eines Escort-Dates, auf den wir uns hier primär beziehen.

Solche Erfahrungsberichte kann man genügend lesen. Viele junge Frauen, und vor allem auch Studentinnen, probieren sich gerne mal im Job einer Escort-Dame. Ob es sich dabei um ernsthafte Ansätze einer neuen Einkommensquelle handelt oder um ein Selbstexperiment, viele Frauen entdecken dabei neue Seiten ihrer selbst. Sie fordern ihre Grenzen heraus und setzen sich mit einem Thema zusammen, das die Gesellschaft spaltet.

Zum eigentlich wichtigen Punkt, Menschen- bzw. Frauenfeindlichkeit in diesem Geschäft, stellten sich auch die Berichtenden die Frage, inwiefern das in diesem Fall wirklich zutraf. Denn natürlich wurde keiner der Userinnen dieser Sugar Daddy-Seiten dazu gezwungen dort einen Account anzulegen, geschweige denn noch einen Schritt weiter zu gehen und sich am Ende auch tatsächlich auf einen dieser Sugar Daddys einzulassen und eine gewisse Abhängigkeit von diesem Mann zu entwickeln. Daher verbleibt es aus ihrer folgenden Sicht bei einer rein freiwilligen Handlung, was sich in diesem Moment ziemlich selbstverständlich anhört, in der Debatte um den Escort-Service mit all seinen Ecken und Kanten allerdings ein ziemlich ausschlaggebender Punkt ist.

Für Klara ging es nach dem Abendessen gemeinsam zurück ins Hotelzimmer. „Er sagte mir, dass wir nun da anknüpfen können, wo wir am Morgen aufgehört hatten. Ab diesem Moment war ich wieder total nervös. Wir fuhren zusammen ins Hotel. Er wartete in der Lobby, während ich hoch gehen und alles vorbereiten sollte.“

Zurück im Zimmer zog das Sugar Babe wieder ihre schwarze spitzen Unterwäsche an und legte roten Lippenstift auf – kussecht, wie gewünscht. Dieses Mal erwartete sie kein klopfen, denn Will wollte sie auf dem Bett liegend vorfinden. „Als wir auf dem Weg ins Hotel waren, schilderte er mir genau, wie der Anfang ablaufen sollte. Erotische Unterwäsche, roter Lippenstift und eine sexy Pose auf dem Bett.“

Will betrat den Raum und näherte sich dem Bett. „Ich konnte mein Herz rasen hören. Ich wette er auch.“

Wir: „Wie hast du dich in dem Moment gefühlt?“

Klara: „Ich muss zugeben, dass ich in diesem Moment totale Lust verspürt hatte, obwohl ich ihn nicht attraktiv finde. Es war alles neu und irgendwie aufregend.“

Wir: „Und wie ging es weiter?“

Klara: „Naja, gekommen bin ich nicht. Ich habe aber neue Sachen ausprobiert, von denen ich nicht gedacht hätte sie zu probieren und konnte neue Erfahrungen sammeln. Er gab sich außerdem Mühe, dass ich mich wohl fühlte.“

Auch in diesem Punkt spricht Klaras Erfahrung entgegen der gesellschaftlichen Debatte. Während Will sie als etwas Besonderes und vor allem auch menschlich behandelte, werden Rufe über Frauenfeindlichkeit und Sexualisierung laut. Alles, was sich um Sexarbeit und Prostitution dreht, um das Verdienen von Geld mit dem Körper, vor allem bei Frauen, heizt Debatten an und spaltet Menschen. Teilweise gilt es noch immer als verpönt, darüber zu reden. Die einen verteidigen sie mit den Argumenten eines ganz normalen Geschäfts, in welchem man auch nur die Nachfrage bedient und sein Geld verdiene. Die anderen sagen, Sexarbeit sei eine Diskreditierung des Feminismus und würde die Emanzipation der Frauen um Jahrhunderte zurückwerfen. Hier wird der Vorwurf der Objektifizierung des weiblichen Körpers groß, und wie könne man seine eigene Ehre und den Stolz dafür wegschmeißen? Auch beim Escort-Service, in welchem Frauen im Internet wie Kleider an einer Stange nach dem eigenen Geschmack und aller möglichen Vorlieben aufgelistet und ausgewählt werden können. Der Körper sei nicht mehr als ein einfaches Produkt und das Menschliche würde vergehen.

Auf die Frage, ob auf Online-Seiten für Escort-Services speziell Frauen wie Objekte präsentiert und behandelt werden, unterscheidet die Journalistin Rebecca Baden ganz klar, dass Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen Dienstleistungen mit ihrem Körper verkaufen, aber nicht ihren Körper. „Mit welchen Gründen die Bebilderung auf Escort-Seiten ausgewählt wird, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Falschannahme über Escort-Services und andere Formen der Sexarbeit.“ Sie würden nicht zum Objekt reduziert werden, weil sie diese Arbeit ausführen. Sie sind eher „Subjekte in einer Geschäftsbeziehung, die sie jederzeit beenden können.“

All das stehe natürlich unter der Voraussetzung, dass sie die Dienste freiwillig anbieten und ausführen. Außerdem gehöre es zum Geschäft, dass die Dienste über die visuellen Reize der potenziellen Kunden und Kundinnen angesprochen werden. Der Knackpunkt lege hier vor allem in der eigenen Entscheidung der Frauen (in diesem Fall), oder ob sie der Markt beeinflusse. „Wer solche Bilder nicht zeigt, riskiert, weniger oft gebucht zu werden und weniger Geld zu verdienen.“

Einen negativen Beigeschmack hat die Darstellung der Frauen auf diesen Escort Portalen für Lisann hingegen definitiv. „Sie werden von den Kunden nach Attraktivität ausgesucht, nicht danach was sie im Köpfchen haben und ob man sich gut unterhalten kann. Halbnackte Bilder in aufreizenden Dessous sorgen definitiv für eine Objektifizierung der Frau. So werden Sie auch von vielen Männern als Statussymbol benutzt. Schließlich soll ja jeder sehen was man dieser schönen, jungen Frau alles bieten kann.“

Und bei Klara? Für sie verlief der Rest des Urlaubs ähnlich wie der erste Tag. „Wir unternommen jeden Tag etwas und ich lernte das Land auf eine neue Art und Weise kenne. Ihm war der Geschlechtsverkehr jedoch auch sehr wichtig.“

Wir: „Warum ist denn gerade der erste Tag eurer Reise so wichtig für dich?“

Klara: „Ich finde, dass die Story genau den Unterschied zur Prostitution nochmal deutlich macht.Wir sind uns auf einer menschlichen Ebene begegnet. Will hat mich nicht wie ein Objekt behandelt, sondern wie einen Menschen. Respektvoll. Mir ist es sehr wichtig zu zeigen, dass ich die ganze Zeit hätte Nein sagen können.“

Klara betont damit, dass die Entscheidungsfreiheit für sie der wichtigste Faktor in dem gesamten Geschäft ist und auch der ausschlaggebende Punkt, weshalb sie dieses Belangen für sich in Ordnung findet. Zur öffentlichen Wahrnehmung über Prostitution, Sexarbeit und Escort-Services gehört neben der Objektifizierung auch sicherlich der Feminismus zur Debatte. Oft heißt es, Frauen würden sich ja selber als sexualisierte Objekte darstellen und die Prostitution oder der Escort-Service gelten nicht als „normaler“ Beruf, da sie ein ungerechtes Geschlechterverhältnis manifestieren würden. Allerdings verläuft bei den Treffen der jungen Studentin alles nur mit ihrer Einwilligung, und genau hier sehen Feminist*innen und Aktivist*innen den Knackpunkt.

In Bezug darauf machten wir uns daran, eine Feministin im Netz ausfindig zu machen und ihr zu dieser Angelegenheit die ein oder andere Frage zu stellen. Schon nach kurzer Zeit erwies sich unsere Suche als erfolgreich und Natalie konnte Kontakt zu einer Frau herstellen, die sich auf Instagram selbst „alltags.feministin“ nennt.

Unsere befragte Feministin

Auf die Frage, ob sie persönlich das beschriebene „Sugargeschäft“ als Rückschlag auf den Feminismus sah, antwortet sie, dass sie der Meinung sei, dass es den einen Feminismus an sich gar nicht gäbe. In ihren Augen besteht dieser aus verschiedenen „Arten“ und einer dieser Unterpunkte ist vor allem die Gleichberechtigung beider Geschlechter, worunter das Dasein des Sugar Babes und Sugar Daddys ihrer Meinung nach fällt. Sie betont, dass sie es nicht direkt als Rückschlag bezeichnen würde, vorausgesetzt es entstünde keine direkte Abhängigkeit vom Sugar Daddy und / oder kein klar erkennbares Machtgefüge zwischen den Beteiligten. Ihr Fokus liegt darauf, dass beide Seiten gleichermaßen von dieser geschäftlichen Beziehung profitieren können und sich auch nur freiwillig in diese begeben haben. Außerdem sollte sie ohne negative Nachwirkungen beendet werden können. Unter diesen Umständen würde mit dem Feminismus keine großartige Determination entstehen.

Ein Beispiel solch einer Beziehung wäre eine jüngere Frau aus ärmeren Verhältnissen, welcher die gewünschte Ausbildung ohne großzügige Unterstützung eines Sugar Daddys niemals möglich wäre. Durch die hohe finanzielle Erleichterung und dem sozialen Umfeld des Mannes, bekommt sie Eintritt in eine gewisse soziale Schicht, zu der sie unter anderen Umständen keinen Zugang gefunden hätte. „Die Ausbildung ermöglicht ihr aber, sich von anderen Zwängen zu emanzipieren und auch, sich irgendwann zum Beispiel nach Abschluss der Ausbildung von ihrem Daddy zu emanzipieren,“ sagt unsere Feministin zum Thema Gleichberechtigung der Geschlechter. Abschließend teilte sie uns mit, dass sie es in einem solchen Fall also eher als guten Beitrag zur Gleichberechtigung durch die angestrebte Emanzipation sieht und nicht als Untergrabung dieser. „Zusammengefasst: Nein es handelt sich per se nicht um einen Rückschritt mit Hinblick auf Gleichberechtigung.“ Dennoch betonte sie zum Ende hin, dass jeder Fall sehr spezifisch sei und demnach einzeln analysiert werden müsse.

Durch ihren Job hat Rebecca Baden auch Kontakt zu Prostituierten, Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern generell geknüpft. „Man kann das nicht schwarz / weiß sehen“, sagt sie zur Gegenüberstellung mit dem Feminismus. „Einerseits gibt es gerade in diesem Bereich besonders oft die gesellschaftliche Annahme, dass Sexarbeiterinnen ‚ihren Körper verkaufen‘, ‚verfügbar‘ seien oder ohne Konsequenzen belästigt und angefasst werden dürfen.“ Diese Annahme werde durch die Art, wie die Dienste angeboten werden, sicherlich gefördert. Der Journalistin ist aber vor allem wichtig, dass ein jeder Mensch mit Respekt behandelt werden muss, „egal, ob eine Person online nackt ist oder nicht, oder Sex verkauft.“ Sexarbeit ist also per se nicht gegen den Feminismus. Sie konnte in ihrer Zusammenarbeit mit Frauen und Männern aus dem Escort- oder Pornobusiness die Erfahrung machen, dass Frauen in diesem Geschäft emanzipiert sind und sehr respektiert werden. „Sie machen mit ihrem Körper ein Geschäft. Sie machen sich die Tatsache zu Eigen, dass Frauen in der Gesellschaft in fast jedem Bereich sexualisiert und nach dem Aussehen bewertet werden. Damit verdienen sie teilweise sehr viel Geld. Ich persönlich finde das ziemlich emanzipatorisch.“

Für Lisann spielen hier gerade die Beweggründe eine wichtige Rolle. Denn auch sie hat währennd ihrer Studienzeit Freundinnen gehabt, die sich dadurch ihre Uni-Kosten und einen gewissen Lebensstandard finanzieren konnten. „Wenn sich ein älterer Mann mit ausreichend Einkommen eine junge Frau als Begleitung wünscht, weil er vielleicht ansonsten sogar sehr einsam ist, so profitieren doch beide davon.“ Auch für sie ist der Faktor des eigenen Willens von enormer Bedeutung. „Feminismus bedeutet ja nicht nur Gleichberechtigung, sondern auch die freie Selbstbestimmung der Frau, und die ist hier im Normalfall gegeben.“

Für Klara steht nun ihre zweite Reise bevor. Angefangen mit einfachen Abendessen in der eigenen Stadt, möchte sie von nun an nur noch auf Reisen als Escort-Dame unterwegs sein. Mehr Geld verdienen in Verbindung mit einem Luxusurlaub. Doch was waren ihre eigentlichen Beweggründe sich bei einem Escort Service anzumelden? Das Geld? Die Lust nach Abenteuern?

Beides“ entgegnet Klara. Die Studentin erzählt, dass sie gerne in ihrer kleinen Luxuswelt lebt. Mode sowie Accessoires seien ihr schon immer wichtig gewesen und so fand sie einen Weg, beides zu kombinieren. Außerdem liebte sie bereits als Kind neue Abenteuer und stürzt sich noch immer gerne Hals über Kopf in neue Erlebnisse.

Einen Vaterkomplex habe die 22-Jährige nicht. „Das fragen mich viele, aber ich habe ein tolles Verhältnis zu meinem Vater.“ Für Klara sind die Sehnsucht nach Abenteuern und das Luxusleben die einzigen Beweggründe ein Sugar Babe zu sein. Ihre Freunde lässt sie an dem Ganzen jedoch nicht daran teilhaben.

Wir: „Aber warum lässt du deine Freunde nicht teilhaben? Schämst du dich? Und werden deine Freunde bei deiner teuren Kleidung nicht stutzig?“

Kara: „Kann schon sein. Ich erzähle wie sparsam ich bin und, dass ich an Wochenenden viel auf Messen kellnere. Mit der Lüge kann ich leben. Schämen wäre jedoch auch das falsche Wort. Ich glaube einfach, dass Sugar Babes in Deutschland noch nicht so etabliert sind und noch immer mit Prostituierten gleichgesetzt werden. Ich möchte mich nicht rechtfertigen müssen. Jetzt habe ich beides: ein normales und ein aufregendes Leben.“

Es ist nur logisch, dass die junge Studentin ihren Job mag und ihn nicht unangemessen oder falsch findet. Die persönliche Meinung muss jedoch noch lange nichts mit einer objektiven Meinung und der gesellschaftlichen Debatte zu tun haben. Natürlich geht es einher, dass feministisch aktive Menschen auch privat Sexarbeit unterstützen bzw. für gut befinden, ebenso wie Escort-Damen. Der Escort-Service bildet als eigene Sparte auch sicherlich viele Meinungen, vor allem weil die Summen und das Alter der Parteien sich sehr von herkömmlichen Jobs oder der normalen Prostitution unterscheiden.

Eine der wichtigsten Errungenschaften ist die Freiheit, über unsere Körper zu entscheiden. Ich finde, wir dürfen bei Sexarbeit und den Menschen, die sie ausführen, nicht in die andere Richtung denken,“ gibt Rebecca zu Bedenken. Im Gegenteil, die Sexarbeit müsse in feministische Kämpfe eingebunden werden. „Ein Feminismus, der nur auf theoretischer Ebene stattfindet, an dem nur Akademikerinnen teilnehmen können oder weiße Frauen, ist kein Feminismus. Und warum sollten Studierende nicht nebenbei als Escort jobben?“

Obwohl der Job als Sugar Babe per gesetzlicher Definition unter Prostitution fällt, wird dieses polarisierende Thema in der Gesellschaft dennoch größtenteils akzeptiert und angenommen, wie man am boomenden Online Markt und täglich arrangierten Treffen erkennt. „Solange nichts unter Druck oder durch Zwang passiert, gibt es für mich nichts verwerfliches an diesem Geschäft,“ empfindet Lisann als persönliche Meinung.

Zum Schluss legt Lisann uns noch eine Autobiografie nahe: „Belle De Jour – Diary Of A London Call Girl“ Für die Lesemuffel: Die gibt es seit 2007 auch in vier Staffeln als Serie.

Wir sind mit Lisann einer Meinung, dass die Regeln und deren Einhaltung klar definiert und kontrolliert werden müssen. Escort Service begegnet wahrscheinlich jedem mal in seinem Alltag, ob abends im Restaurant oder während eines Geschäftsessens mit Firmenpartnern. Vielleicht braucht es einfach etwas mehr Raum in unseren öffentlichen Diskussionen, um die Gesellschaft dafür zu erreichen und aufzuklären.

Für einen Außenstehenden mag die Szenerie eines sich wildfremden Pärchens auf den ersten Blick wahrscheinlich sehr komisch vorkommen, vorausgesetzt man erkennt am Verhalten der Beteiligten, dass es sich um ein Escort-Treffen handelt.

Wir haben Jonathan gefragt, einen Studenten, der in seiner Heimat München in einem schicken Restaurant gekellnert hatte. Dort waren ihm viele dieser Treffen aufgefallen, und er konnte aus einer anderen Perspektive auf diese Geschehen blicken und sich seine eigene Meinung dazu bilden. Natalie hat Jonathan interviewt: 

Jonathan, der als Kellner zahlreiche Escort-Dates beobachten konnte

 

 

Auch er hat durch seine Perspektive eine Meinung zu Escort-Services bilden können. Die Thematik an sich bleibt eine Schwierige und wie bei so vielen solcher Angelegenheiten muss man auch eine Vielzahl an Perspektiven betrachten und nachvollziehen können, bevor man sich eine auf Fakten beruhende Meinung bilden kann. Ob man nun persönlich den Escort-Service als Prostitution sieht oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Fakt ist, dass Sexarbeit auch Teil dieses Geschäfts ist und dieser Aspekt nicht vernachlässigt werden sollte. Genauso bekommt das Sugar Babe in solch einer Beziehung allerdings auch eine besondere Rolle zugeschrieben und nimmt damit nicht die klassische Rolle einer normalen Prostituierten ein. Vor allem die zwischenmenschliche Basis beider Parteien ist in diesem Geschäft sehr wichtig und ebnet sogar den Erfolg. Das führt dazu, dass der Wille der Frau in diesem Verhältnis genau so berücksichtigt wird und geschätzt wird, wie der des Mannes. Jedenfalls sollte es im Normalfall so sein. Aber passt der Escort-Service denn nun zum modernen Feminismus? Auch hier können sich die Meinungen spalten. Die einen sagen Ja, die anderen Nein. Für beide Seiten existieren nachvollziehbare Argumente und auch hier sollte beachtet werden, dass der Escort-Service sehr verschiedene Seiten aufweist. So unterstützt der Aufbau einer Seite wie Kryptonescort.de das Image der Objektifizierung der Frau enorm. Auf der anderen Seite gibt es auch genug Agenturen und Plattformen, die dem entgegenwirken und vor allem die Vorteile, wie zum Beispiel Lifestyle, für beide hervorheben. Hier werden beide Beteiligten gleichberechtigt behandelt, sie sind Geschäftspartner mit dem gewissen Etwas, das die andere Seite begehrt. Sie sind menschlich, und im Endeffekt sollten sie auch genauso behandelt werden: wie Menschen, die einem Geschäft nachgehen.

Trotz ihrer guten Erfahrungen will Klara dennoch warnen: „Nur weil ich gute Erfahrungen gemacht habe, heißt das noch lange nicht, dass nicht auch was Schlechtes passieren kann.“ Es sei am Wichtigsten, sich die ganze Zeit wohl zu fühlen.

Wen der Gedanke nur wegen des Geldes und nicht aufgrund des Abenteuers reizt, sollte die Finger von der Webseite lassen.“

*Name geändert


Ein Beitrag von
Philina Berati, Natalie Doll, Karoline Greife & Anika Peters

Müll R(h)ein? Müll raus!

Der Rhein ist mit einer Gesamtlänge von 1.232,7 km eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen der Welt. Das Quellgebiet des Rheins liegt überwiegend im Schweizer Kanton Graubünde und seine Mündungsarme erreichen in den Niederlanden die Nordsee, für welche der Rhein der wasserreichste Zufluss ist. Vom Schwimmen im Rhein wird abgeraten, jedoch bietet er an seinen Ufern Platz zur Freizeit und Entspannung. Die Verschmutzung des Rheins macht ihn an vielen Orten jedoch kaum zur Entspannung geeignet. Den Höhepunkt seiner Verschmutzung erreichte der Rhein im Jahre 1971. Zu dieser Zeit ergossen viele Industrien ihre Abwässer in den Rhein, somit stieg die Schadstoffbelastung und viele Fisch- und Pflanzenarten konnten unter diesen Umständen nicht standhalten und starben aus. Durch diverse Auflagen konnte dieses Problem jedoch  behoben werden und bereits in den 1980ern war die Schadstoffbelastung deutlich geringer und im Fluss lebten wieder über 30 verschiedene Fischarten. Auch, wenn dies nach einer starken Verbesserung klingt, ist das Müllproblem noch lange nicht behoben. Um das Jahr 1950  wurden 1,5 Millionen Tonnen Plastik weltweit produziert, während es 2015 schon 322 Millionen Tonnen waren. Wolfgang Kuhn, Mitarbeiter der Energieversorgung in Leverkusen gab uns folgende Informationen:  Auch die Belastung durch Mikroplastik im Rhein ist immer noch zu hoch. Von der Quelle in den Alpen fließen jedes Jahr allein im Oberflächenwasser rund acht bis zehn Tonnen Kleinstkunststoffteile Richtung Niederlande in die Nordsee.

Im Rhein lassen sich zehn verschiedene Kunststoffe im Oberflächenwasser nachweisen. Dazu gehören zum Beispiel Polypropylen, welches unter anderem für die Herstellung von Coffee to Go-Bechern samt Deckeln genutzt wird. Starkregen und Hochwasser verstärken das Problem zudem. Durch den Starkregen sind die Becken der Kläranlagen oft voll und das Wasser gelangt ungeklärt in den Rhein, während bei Hochwasser der gesamte Müll von den Ufern noch zusätzlich zum bereits vorhandenen Müll dazu gespült wird. Ein großes Problem sind hier wir selber, denn oft kümmern wir uns nicht um den Müll, den wir nach einem entspannten Abend am Ufer zurücklassen. Genau diesem Problem möchte das Team vom Rhein-Clean-Up entgegenwirken.

Victoria Blocksdorf ist die Organisatorin der Initiative „Rhein-Clean-Up“.  Sie hat sich mit uns getroffen und uns verschiedene Fragen  ausführlich beantwortet. Unter Anderem erzählte sie uns, was wir in unserem Alltag ändern können, um der Umwelt etwas Gutes zu tun. Das Thema beeindruckte uns persönlich sehr und wir halten es für wichtig, dass mehr Menschen ein Bewusstsein für die Umwelt entwickeln, denn unsere Erde gibt es schließlich nur einmal.

Victoria gründete die Organisation vor einem guten Jahr, nachdem sie mit ihrem Mann auf einer Weltreise war. Dabei hatte sie an einem wunderschönen Strand auf Hawaii ein riesiges Netz mit Müll gefunden, welches viel zu groß um es eigenhändig wegzuräumen. Für Victoria war das der Tag, an dem sie sich dazu entschied, für die Umwelt und vor Allem für die Meere zu kämpfen.

Ihr war schnell klar, dass man um aufzuräumen nicht nach Hawaii muss, denn es werden ca. 10 Tonnen Müll pro Jahr – alleine über den Rhein – ins Meer transportiert. Aufgrund dessen hat sie sich dazu entschieden, das erste Clean-Up mit ihrem Mann am Rhein in Düsseldorf zu starten. Mittlerweile finden die Clean-Ups regelmäßig einmal im Monat statt.

Bei einem Clean-Up wird der Müll nicht nur an einer Stelle gesammelt und am nächsten Tag von der Müllabfuhr abgeholt, sondern die Helfer sortieren Plastikdeckel, Kronkorken und Zigarettenstummel separat. Die Begründung dafür ist, dass die Helfer die Plastikdeckel einem Unternehmen spenden, die davon Kinderimpfungen realisieren, denn Plastikdeckel sind ein Rohstoff. Sie bestehen aus nur einer Art von Plastik und haben somit einen gewissen Wert. „Wenn man dann genug Deckel hat, kann man davon eine Kinderimpfung finanzieren. 500 Plastikdeckel sind zum Beispiel ungefähr so viel Wert wie eine Impfung gegen Polio. Mit den Kronkorken ist das genauso.“

Die Erklärung, wieso die Zigarettenstummel getrennt sortiert werden, ist ebenfalls sehr  interessant und plausibel. Zigarettenfilter bestehen nicht aus Naturmaterial, sondern enthalten Mikroplastik, sowie auch alle Giftstoffe, welche eine Zigarette beinhaltet. Beim nächsten Regen wird das ganze Gift aus dem Filter gespült und kann bis zu 40 Liter Wasser vergiften. Das schadet nicht nur unserem Wasser, sondern auch den Lebewesen und Pflanzen, welche in den Gewässern leben. Jedes dritte Teil Müll im Meer ist ein Zigarettenstummel. Es ist also unglaublich, wie viel Wasser wir vor Giftstoffen schützen könnten, wenn wir Zigarettenstummel ordnungsgemäß entsorgen würden. Plastik kann von der Umwelt nicht abgebaut werden! Je kleiner Plastik ist, desto gefährlicher ist es für die Umwelt, denn desto einfacher kann es von Lebewesen absorbiert werden. Die Zigarettenstummel werden also bei einem Clean-Up gesammelt und an einen Unternehmer nach Troisdorf weitergegeben, welcher aus dem Mikroplastik der Filter Taschenaschenbecher produziert.

Wir wollten außerdem von Victoria wissen, wie sie die Organisation und die Clean-Ups  finanziert. In der Düsseldorfer Umgebung haben sich erfreulicherweise viele Sponsoren für ihre Organisation gefunden. Zum Beispiel werden Kaffeesäcke aus einer Rösterei gespendet, die sich optimal für den Müll eignen, da sie vor allem nachhaltig und stabil sind. Außerdem wurden bereits Handschuhe, Müllgreifer usw. gespendet. Victoria geht dazu nicht nur zu den angekündigten Clean-Ups, die sie auf Facebook, Instagram und Co. teilt, sondern geht außerdem in Unternehmen und hält dort Vorträge über plastikfreies Leben und Alternativen. In Zukunft möchte sie diese Schiene weiter ausbauen. „Mich packt das Thema einfach total und ich finde es toll zu sehen, was ich bewegen kann.“ Wichtig ist ihr dabei, die Leute zu sensibilisieren und ein Bewusstsein zu erschaffen.

Bei einem einzigen Clean-Up sammeln Victoria und ihre Helfer zwischen 150-300 kg Müll. Glasscherben werden außen vor gelassen, da sie vor allem für die kleinen Helfer sehr gefährlich sind. Ansonsten wird alles Mögliche eingesammelt und so gut es geht wiederverwertet. Darunter sind Verpackungsgrille, Kronkorken, Zigaretten, leere Flaschen, Schuhe, Matratzen, Textilien, Autoreifen, Einkaufswagen, Motorräder…. „Die Menge an Müll, die wir finden, ist aber immer abhängig davon, wie hoch der Pegel des Wassers ist.“

Die Organisation hat im letzten Jahr große Fortschritte gemacht. Von einer kleinen Initiative aus zwei Leuten, wurde eine regelmäßige Veranstaltung mit bis zu 50 Helfern. Außerdem gewinnt Victoria eine immer besser werdende Reputation, was ihr dabei hilft, von anderen Menschen ernst genommen zu werden und eine größere Reichweite zu erlangen.

Jedoch hat Victoria noch viel größere Ziele, als nur ein gutes Image. Das große Ziel ist nämlich, so viele Menschen wie möglich sensibilisieren zu können und dafür möchte Victoria in Zukunft am liebsten in Schulen gehen und mit den Kindern Clean-Ups veranstalten, Workshops, oder Projektwochen machen. „Mein Ziel ist es, möglichst viele Menschen zu erreichen und so dafür zu sorgen, dass jeder weiß, was er tut und ihnen natürlich auch nah  zu bringen, dass die Verschmutzung nicht nur hier am Rheinufer ein Problem ist, sondern dass es um viel mehr geht und unser ganzes Ökosystem zerstört wird.“

Auch über die vermüllten Flüsse in Asien hat uns Victoria aufgeklärt. Das, was wir in die gelbe Tonne werfen und für recycelbar halten, wird nicht zu 100% recycelt. Der Abfall landet in Sortieranlagen, wo maschinell erkannt wird, was sich für ein Material auf dem Fließband befindet und ob Plastik A,  Plastik B, Plastik C, oder Alu vorhanden ist. Und wenn es dann sortenfrei getrennt ist, dann kann es recycelt werden. Es gibt aber Dinge, wie z.B. Joghurtbecher, die aus zwei Materialien bestehen. Zum einen aus dem Deckel, der aus Alu besteht, und zum anderen aus dem Becher. Das ist aber beides miteinander verbunden. Die Maschine kann dies nicht erkennen und es kommt beides in den Ausschuss. So ist das nicht nur mit Joghurtbechern, sondern auch mit Verpackungen, in die wir anderes Plastik packen. Dies ist auch der Fall mit Einwegbechern, da diese meist aus Pappe und Plastik bestehen. Das bedeutet also, dass der Müll, den unsere Maschinen nicht unterscheiden können, am Ende in Asien landet, da dort ein Teil unseres Mülls sortiert wird. Der Rest wird unter freiem Himmel verbrannt, oder landet in den Flüssen.

Hier noch einige Highlights aus unserem Interview mit Frau Blocksdorf:

Nachdem wir bereits mit Frau Blocksdorf gesprochen und einiges an Einblicken und Informationen erhalten hatten, half ein Teil unseres Teams am 30.06.2019 dann auch bei einem Clean-Up mit. Wie üblich fand das Ganze an einem Wochenende statt, in unserem Fall auf der Niederkasseler Seite der Theodor-Heuss Brücke in Düsseldorf, einem Spot, an dem regelmäßig aufgeräumt wird. Kommuniziert und publiziert wurde das ganze über die Social-Media Kanäle der Organisation. Wie jedes Mal, gab es zu Beginn eine kurze Sicherheitseinweisung, man solle „suspekte Gegenstände“ lieber liegen lassen und unbedingt die zur Verfügung gestellten Handschuhe, Greifzangen etc. nutzen. Dann ging es los, und nachdem auch wir mit Handschuhen, Sammelzange und Müllbeuteln bewaffnet waren, zogen wir – wie alle anderen Teilnehmer – in alle Himmelsrichtungen los. Schon beim Sammeln sollte auf die von Victoria hingewiesene Mülltrennung geachtet werden, so hatten wir von Beginn an verschiedene Tüten, um beispielsweise Zigarettenstummel und Kronkorken vom restlichen Müll zu trennen. Ungefähr zwei Stunden lang wurde dann wie jedes Mal möglichst penibel jedes kleinste Teil Müll das zu finden war gesammelt. Wie sich später zeigte, trägt die Arbeit vor Allem an diesem Ort bereits erste Früchte. Zwar waren es aufgrund der Hitze insgesamt deutlich weniger Teilnehmer als an den meisten anderen Terminen, doch allen Teilnehmenden fiel Eines auf: Es war deutlich weniger Müll auffindbar als sonst. Bis auf zwei direkt zu Beginn gefundene Fahrräder bestand der Großteil des Mülls aus Scherben, Grillresten, sowie einigen Zigarettenstummeln.

Eine kleine weitere Besonderheit hatte der Termin an dem wir teilnahmen dann auch noch. Zwar wurden wie jedes Mal erfrischende Getränke zur Verfügung gestellt, doch am 30.06 wurde im Anschluss außerdem noch das eine oder andere Glas Wein miteinander getrunken, es war also sozusagen ein „Wein-Clean-Up“. So konnten im Anschluss an das durch die Hitze doch recht anstrengende Clean-Up einige nette Gespräche geführt werden. Natürlich durfte auch dieses Mal das traditionelle Gruppenfoto nicht fehlen, ausnahmsweise ohne den gesammelten Müll, dafür aber mit Wein. Während wir uns dann auf den Rückweg nach Köln machten, genoss der eine oder andere dann also noch den schönen Abend am Rhein, ehe man wie üblich den Müll zum Sammelpunkt brachte und mit allem mitgebrachten Equipment im Gepäck abrückte, um erneut ein sauberes Gelände zu hinterlassen. Es war ein schönes Gefühl, zu wissen, dass man an einem eigentlich faulen Sonntag doch etwas Gutes getan hatte.

Aus dem gesamten Projekt, aber besonders aus dem Interview mit Victoria haben wir mitgenommen, dass der Müll, den wir jeden Tag auf den Straßen sehen, zum einen nicht schön fürs Auge ist, zum anderen aber vor allem schädlich und tödlich für alle Ökosysteme. Ohne Pflanzen, Tiere und saubere Ozeane, ist auch ein Leben für uns nicht mehr möglich. Wir tragen  die Verantwortung dafür, was mit unserer Umwelt passiert und müssen deshalb darauf achten, weniger Plastik zu verwenden. Am Wichtigsten ist jedoch, dass wir aufhören, uns nur über das Müllproblem zu beschweren und stattdessen bei uns selber anfangen. Hört auf, euren Müll ständig überall liegenzulassen und den Boden als Mülleimer zu benutzen. Hört auf, eure Zigarettenstummel einfach auf den Boden zu werfen, denn der nächste Mülleimer kann so weit nicht sein. Denkt an die Zukunft eurer Kinder und engagiert euch bei Clean-Ups, wie bei denen von Victoria.

Zum Abschluss dieses Projektes möchten wir noch auf den Rhein-Clean-Up-Day am 14.09.2019 aufmerksam machen, denn an diesem Tag wird in vielen Städten am Rhein aufgeräumt. Diese Aktion fand bereits im letzten Jahr mit rund 58 Städten statt und soll fortan jährlich stattfinden. (Link zur Website)

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ 

Ein Einblick in Köln’s Boutiquen

Wir zeigen euch Köln’s Boutiquen rund um den Rudolfplatz.
Was diese kleinen Lädchen so besonders macht und wie der Alltag in einer Boutique in Köln aussieht, erfahrt ihr hier:

https://creator.hosted-pageflow.com/revisions/407303#217260

von Sophie Althoff, Jennifer Ritter, Kathryn-Marie Althaus, Adriana Kaufmann

Straßenkünstler – Behind the scenes

Jeder kennt sie, jeder sieht sie – aber was steckt dahinter?

Straßenkünstler gibt es überall. Begeisterte Menschen bleiben für ein paar Minuten stehen, andere fühlen sich vielleicht gestört. Was hinter den Personen steckt, die sich und ihre Kunst aus den verschiedensten Gründen im öffentlichen Raum präsentieren, wissen die Wenigsten. Wenn man beispielsweise einen Straßenmusiker sieht, der komplett versunken in seine Musik ist und nur aufblickt und lächelt, wenn Menschen applaudieren, dann fragt man sich:
Wie war der Weg dieses Menschen zu seiner Kunst und warum hat er sich dazu entschlossen, diese öffentlich darzustellen?

Was denken Passanten über Straßenkünstler?

The-Minute-Portrait

Fast überall, egal ob im Urlaub, in der Stadt oder auf Straßenfesten sieht man Portrait-Zeichner und Zeichnerinnen. Die Künstlerin, die hinter „The Minute Portrait“ steckt, ist eine davon. Hinter Merles Künstlernamen steckt ein gelungenes Konzept: Pro Minute Portrait-Zeichnen einen Euro, also 9 min = 9 Euro. Im Frühjahr diesen Jahres begann sie mit ihrer Idee und übt diese über den Sommer aus. Wie die Leute auf der Straße reagieren und was hinter der Geschichte von „The Minute Portrait“ steckt, erfahrt ihr im folgenden Interview.

 

Wenn ihr mehr von Merle sehen wollt, dann besucht ihren Instagram-Account.

https://www.instagram.com/the_minute_portrait

L´Oiseau Music

Das Erste, was man von von Paul mitbekommt, ist nicht er selbst – sondern die Masse von Menschen um ihn herum. Und seine Musik, die in der Straße widerhallt. Alle, die ihm zuhören, sind gebannt von seinem Elan und seiner positiven Ausstrahlung. Er ist völlig vertieft in seine Musik, aber geht gleichzeitig auch auf sein Publikum ein, lächelt die Leute an, bedankt sich für Spenden. Am meisten fasziniert seine offene Mimik und die Energie,
die er ausstrahlt.

Ihr habt Lust mehr von Paul zu sehen? Dann schaut euch doch mal sein Instagram-Account an!

https://www.instagram.com/loiseaumusic

Taina

Der Dom ist einer der Hotspots für Straßenkünstler, dort befinden sich unzählige Touristen, welche interessiert der Straßenkunst zuschauen. Eine dieser Straßenkünstler ist Taina. Die Finnin malt konzentriert mit Straßenmalkreide das Gemälde „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Jan Vermeer. Bisher sind nur der Kopf und ein Teil der Schultern fertig, doch schon jetzt kommt es dem Original sehr nahe. Taina ist sehr auf ihre Kunst konzentriert, aber gleichzeitig auch sehr freundlich und auskunftsfreudig, als sie angesprochen wird.

Was zeichnest du gerne? Menschen oder anderes?

Ich mag es, Menschen zu zeichnen. Ich habe es schon immer geliebt, die Facetten der Gesichter von Personen zu zeichnen. Ich würde mich selbst als Portrait Künstlerin bezeichnen. Manchmal nehme ich mir einfach zwei Stühle und Papier und mache Portraits von Leuten hier auf der Domplatte. Ihr seht, dass hier einige Künstler sind, zum Glück sind es heute nicht so viele.
Aber sie machen es alle für Geld. Wir alle hoffen, dass es ein guter Tag ist. Dass Leute unsere Kunst würdigen und viel Geld geben.

Wie bist du auf den Beruf gekommen?

Ich finde, man kann den Beruf nicht ausüben, wenn man das Zeichnen nicht liebt. Ich habe angefangen zu zeichnen, als ich 6 Jahre alt war. Ich musste einfach zeichnen. Es ist wie ein Geschenk von Gott.

Also habe ich es bisher mein ganzes Leben gemacht und ich zeichne in verschiedenen Arten. Taina ist kurz abgelenkt, da jemand beinahe über das Bild läuft. Sie verscheucht die Person mit einem lauten „Hey!“ und und widmet sich wieder unserem Interview.

Ok gut, sie machen das Bild kaputt. Hier sind viele Menschen auf den Straßen unterwegs und wenn du ein Straßenkünstler bist, musst du auf deine Kunst aufpassen, zu jeder Zeit. Jeder läuft nur mit seinem Telefon in der Hand herum und die Hälfte starrt nur auf ihr Handy und guckt nicht, wohin sie gehen. Manche treten gegen meine Geldschale und laufen einfach über alles, sie sehen gar nichts, gucken nur auf dieses Gebäude (Dom). Also dieser Job hier ist nicht so glamourös. Viele  Leute denken, man könne Simsala simsala bim machen und dann erscheint die MalereiAber es dauert Stunden, dieses Bild zu malen dauert insgesamt 6 Stunden- es wird noch einen schwarzen Hintergrund kriegen. Das Gemälde ist von Vermeer „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ und es ist mein bester „Money Maker“.

Und wie ich eben schon gesagt habe, ich möchte keine Werbung für meine
Arbeit machen, ich könnte einfach in meinem Studio sitzen und dort Bilder machen. Aber irgendwie mag ich es hier, das Kommunizieren mit den Leuten, wenn es ein schöner Tag ist.

Machst du hauptberuflich Straßenkunst?

Ich habe keinen anderen Job. Es ist mein Job und ich muss mir damit meinen Lebensunterhalt verdienen. Wie ich schon gesagt habe, ich nehme mir dann meine Stühle und fange an, jemanden zu malen. Menschen lieben es, ihr Gesicht gemalt zu kriegen.

Es ist „Vanity fair“ (berühmte Modezeitschrift). Ich bekomme mehr Geld durch das Portrait Zeichnen und es ist einfacher hier,  weil ich mich hinsetzen kann und dann mache ich ein Bild von jemandem. Ich nehme dafür nur 10€, aber es ist immer noch einfacher, als wenn ich einfach nur drinnen bleibe und irgendwelche Blumen oder so zeichne.

Wie ist es, Straßenkünstler zu sein? Was für Reaktionen erhältst du auf deine Arbeit?

Manche Menschen reagieren besonders auf dieses Bild „Das Mädchen mit dem „Perlenohrring“, sehr positiv. Sie lieben es. Es wurde vor 400 Jahren gezeichnet. Vor euch war ein Mann, der sagte „Oh das ist mein Lieblingsbild“. Wenn ich andere Leute male, dann male ich normalerweise Frauen und ich habe mich auf die Augen spezialisiert. Ich mache sie nicht wirklich hypnotisch, aber wenn du sie dir anguckst, dann bekommst du ein Gefühl vermittelt. Viele Leute mögen meine Kunst, aber es gibt auch Leute, die einfach nicht mit ihrem Leben  zufrieden sind. Diese Leute versuchen meine Werke zu zerstören, sie fahren einfach mit ihren Fahrrädern darüber und lachen und lächeln dabei. Und es gibt Menschen, die meine Geldschale klauen; Leute, die vielleicht arm sind oder einfach anderweitig nicht glücklich sind. Deswegen muss ich die ganze
Zeit aufpassen. Die Leute reagieren auf so viele verschiedene Weisen. Es gibt welche, die sagen „Ihh, was ist das?“, aber bei diesem Bild können sie es nicht sagen, weil es sehr gut werden wird.

Fazit

Wir haben drei Straßenkünstler zu ihrem künstlerischen Weg und dem Leben als Straßenkünstler befragt und festgestellt, dass bei allen der kreative Drang im Vordergrund steht.

Jeder hat seine eigene Kunst, die er im öffentlichen Raum präsentiert. Dabei kann wie bei Paul der Wunsch nach Anerkennung und das Begeistern des Publikums im Vordergrund stehen. Bei Merle ist das Zeichnen und die Kunst eine große Leidenschaft und nebenbei auch eine Möglichkeit, als zweites Standbein Geld zu verdienen. Für Taina ist ihre Kunst ein Geschenk Gottes, gleichzeitig schätzt sie vor allem die Kommunikation mit den Leuten auf der Straße.

Was sie alle verbindet: ihr besonderes Talent und ihre Leidenschaft.