Wenn du schon einmal mit persönlichen Problemen zu kämpfen hattest, wurde dir vielleicht der gut gemeinte Rat gegeben, deine Gefühle und Gedanken zu teilen. Mit Freunden, Familie oder anderen Personen, denen du vertraust. Aber was tun, wenn dir genau das schwer fällt? Wenn du einfach nicht der Typ dafür bist, anderen deine Seelenleben zu offenbaren und über deine Probleme zu sprechen? Um eines sofort klar zu stellen: Damit bist du nicht allein!
Leider ist es oft immer noch so, dass psychische Erkrankungen mit Tabus belegt sind und es deshalb viele vermeiden, sich ihren Mitmenschen mitzuteilen. Eine Behandlung durch einen Therapeuten kann dadurch erheblich erschwert werden. Zusätzlich kann eine Therapie erschwert werden, insofern die Belastung über lange Zeit unbehandelt bleibt. Denn auf der ganzen Welt gibt es einen Mangel an Therapieplätzen und die Wartelisten sind lang.
Der WHO Mental Health Atlas 2017 berichtete: „...there is a global median of 9 mental health workers including approximately 1 psychiatrist per 100,000 people“.
WHO Mental Health Atlas 2017
Chatbots sollen für diese Probleme Lösungsansätze bieten. Die Bedeutung von digital gestützten Therapie-Angeboten nimmt zu. Wenn der persönliche Kontakt zu anderen in Krisenzeiten nicht oder nur schwer möglich ist und Wartezeiten zu lang sind, kann deshalb künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Diese wird so programmiert, um in persönlichen Notsituationen unmittelbar helfen zu können.
Chatbots: Der digitale Dialog
Was sind Chatbots eigentlich genau? Das Wort “Chatbot” setzt sich aus den Begriffen “Chat” und “Robot” zusammen. Die ersten Ansätze der Therapie existieren bereits seit den 1960 Jahren. Damals lag das wissenschaftliche Interesse darin, herauszufinden, ob Chatbots dem User das Gefühl suggerieren, mit einem echten Menschen zu diskutieren. Heute sind Chatbots in zahlreichen Bereichen hilfreich: In der Bildung, der Informationssuche, der Wirtschaft oder dem E-Commerce. Wenn du einen Chatbot verwendest, kommunizierst du mit einem technischen Dialogsystem. Kommuniziert wird in Echtzeit und in der Regel über Sprache oder Text. Ein entscheidender Grund, weshalb Chatbots immer häufiger Anwendung finden, liegt darin, dass Anfragen automatisiert bearbeitet und beantwortet werden können. Somit ist kein menschlicher Eingriff nötig. Der Chatbot beantwortet die Anfragen des Users per Text- oder Sprachausgabe und kann zusätzlich auch Aktionen einleiten. Während einfache Chatbots lediglich im Vorfeld definierte Schlagworte oder Satzfragmente erkennen und die damit fest verknüpften Antworten anbieten, ist es einer künstlichen Intelligenz durch maschinelles Lernen möglich, das Verhalten des Users in verschiedenem Kontext zu verstehen und multidimensional zu verstehen. Der Chatbot ist dadurch in der Lage, komplex auf die erhaltenen Anfragen zu reagieren.
Chatbots: Die neue Psychotherapie?
Wie können Chatbots für therapeutische Zwecke eingesetzt werden? Die Vorteile der digitalen Seelsorger sind offensichtlich: Keine Wartezeiten, Keine Therapiekosten und keine Angst vor der Offenbarung seines Seelenlebens gegenüber anderen (fremden) Menschen. Auch Psychologen sehen sich in gewisser Weise entlastet. Die Studie des Robert-Koch-Institut aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass 35 % der Frauen und 31 % der Männer bei ca. 24.000 Befragten depressive Symptomatiken zeigen. Jedoch haben rund zwei Drittel der Befragten keine psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Dies hat verschiedene Gründe, die jedoch alle auf die Bedingungen für die Nutzung der therapeutischen Angebote zurück zu führen sind. Aus diesem Grund werden Chatbots entwickelt, die sowohl Patienten als auch Therapeuten entlasten können.
Therapeutische Chatbots: Welche Angebote bestehen?
Für die Therapie per Chatbot bestehen bereits einige Angebote, die sich auf dem Markt etabliert haben. Wir haben uns die Anbieter „Woebot“, „Noni“ und „Wysa“ angeschaut. Im Folgenden bekommst du eine kleine Übersicht über die Chatbots und ihre wichtigsten Eigenschaften:
Exemplarische Chatbots im therapeutischen Kontext
Wir haben uns die bestehenden Angebote näher angeschaut und für euch getestet, um die verschieden Features zu analysieren und die besten für unseren eigenen Chatbot zu nutzen.
Hier könnt ihr die Chatbots ebenfalls testen: Woebot: Home | Woebot – Your charming robot friend who is here for you, 24/7 Wysa: http://Wysa – your safe space in this difficult time. Noni: http://Who is Noni? |
Lui – Der Chatbot von uns für dich gemacht
Wir haben für euch verschiedene Angebote getestet und diese als Grundlage für unseren eigenen Chatbot genutzt. Die folgenden Punkte machen unseren Lui zu etwas Großartigem:
1. Begrüßung und Kontaktaufbau
2. Stimmungsabfrage GAD-7
3. Psychoedukation
4. Achtsamkeitsbasierte Intervention
5. Ausblick und Verabschiedung
Wie sieht die Zukunft für die Therapie Chatbots aus?
Auf die Frage, ob Chatbots in Zukunft den persönlichen Kontakt mit einem Therapeuten ersetzen können, geben wir ein klares Nein. Allerdings sind wir der Auffassung, dass Chatbots für therapeutische Zwecke eine hilfreiche und sinnvolle Ergänzung sein können. Folglich gibt es für therapeutische Chatbots sowohl Vorteile, als auch Nachteile. Diese haben wir im Folgenden für euch zusammen gestellt:
Pro | Contra |
– 24/7 Erreichbarkeit | – Kein Einfühlungsvermögen |
– Zeitersparnis | – Freie Texteingabe wird manchmal nicht verstanden |
– (Nahezu) kostenlos im Vergleich zu Therapiesitzungen | – Datensicherheit |
– Anonymität | – Gerät mit Internet wird vorausgesetzt |
– Chatbots werten nicht | – Sprachauswahl |
– Wissenschaftliche Empirie | – Berücksichtigt nicht alle Störungen |
Literaturverzeichnis
- https://www.tk.de/resource/blob/2060908/b719879a6b6ca54c1f2ec600985fb616/gesundheitsreport-au-2019-data.pdf
- https://www.7cups.com/experts/
- https://www.7cups.com/about/research.php
- https://www.7cups.com/experts/what-is-cognitive-behavior-therapy
- https://mhealth.jmir.org/2018/2/e38/
- https://www.tandfonline.com/doi/full/10.3109/09638237.2015.
- https://mhealth.jmir.org/2018/11/e12106/
- https://www.jmir.org/2019/5/e13216/
- https://www.wysa.io/
- https://mental.jmir.org/2017/2/e19/
- https://woebot.io/
- Ospina, M. (2007). Meditation practices for health state of the research. DIANE Publishing.
- Keng, S., Smoski, M., & Robins, C. (2011). Effects of mindfulness on psychological health: Areview of empirical studies. Clinical psychology review, 31(6), 1041-1056.
- Gotink, R., Meijboom, R., Vernooij, M., Smits, M., & Hunink, M. M. (2016). 8-week mindfulness based stress reduction induces brain changes similar to traditional long-term meditation practice – a systematic review. Brain and cognition, 108, 32-41.