Schlafstörung. Depression. Konzentrationsschwäche.
#dankesocialmedia?
Brauchen wir das überhaupt? Diese Frage stelle ich in meinem Blog „one.week.off“ jede Woche auf‘s Neue. Denn wir leben in einer Gesellschaft, die sich durch Wohlstand, übermäßigen Konsum und digitale Kommunikation auszeichnet. Mir scheint es, als hätten wir das gesunde Maß für die Notwendigkeit und die Nutzung von Social Media, Smartphones und Co. verloren. Um diese Hypothese zu bestätigen, verzichte ich jeweils eine Woche auf Dinge, die unseren heutigen Alltag prägen und für den Großteil von uns als „unentbehrlich“ gelten. Ich möchte herausfinden, welche Effekte das Weglassen von alltäglichen Gewohnheiten auf mich hat. Wie wird sich meine Wahrnehmung auf mein Umfeld verändern, werden mir die Dinge fehlen und welche Auswirkungen hat das Experiment auf mein persönliches Wohlbefinden? An diesen Erfahrungen könnt ihr in meinem Blog teilhaben.
Beginnen werde ich die Reihe „one.week.off“ mit dem Verzicht auf etwas, das neben mir noch 38 Millionen andere Deutsche regelmäßig nutzen. Sei es morgens in der Bahn, beim Essen am Mittagstisch oder abends auf der Couch. Ich spreche von Social Media. Facebook, Youtube und Instagram sind laut dem Digital Report 2019 die in Deutschland am meisten genutzten Social Media-Plattformen. Nutzer der Sozialen Netzwerke befinden sich zum größten Teil in der Altersgruppe 16-24. Ich selbst bin 23 Jahre alt und benutze die Apps „Facebook“ und „YouTube“ seit mehreren Jahren.
Laut „Bildschirmzeit“ verbringe ich die meiste Zeit auf Youtube: im Durchschnitt 40 Minuten täglich. Das ist meiner Meinung nach ziemlich viel, zumal die Zeit, die ich auf meinem stationären Rechner auf der Videoplattform verbringe, noch hinzugerechnet werden muss. Mir persönlich dient YouTube als Unterhaltungs-, aber auch Informations-plattform. Wie funktioniert eigentlich nochmal Photosynthese, welche Auswirkungen hat das Wahlergebnis der letzten Landtagswahl oder wie lange schaffe ich es beim nächsten „If you laugh you lose-Video“ nicht zu lachen? Auf diese Fragen finde ich für eine Woche keine Antwort mehr auf Youtube.
Tag 1
Als erstes lösche ich die Apps von meinem Smartphone. Dieser Schritt fühlt sich komisch an, wenn ich darüber nachdenke, dass „Facebook“ und „YouTube“ genauso lange auf meinem Smartphone installiert sind, wie ich es besitze. Soziale Netzwerke haben für mich den Status, dass sie zum heutigen Leben einfach dazugehören. Jeder hat sie, jeder nutzt sie. Die meiste Zeit auf Sozialen Medien verbringt die Altersgruppe der 16-19-Jährigen. Mit 150 Minuten ist YouTube dabei der Vorreiter, gefolgt von Instagram mit 72 Minuten durchschnittlicher Nutzungsdauer pro Tag. Darin liegt laut der britischen Studie „#statusofmind“ ein Problem. Personen, die über 2 Stunden pro Tag in Sozialen Netzwerken verbringen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit sich depressiv, gestresst oder ängstlich fühlen. Das liege daran, dass die persönlichen Vorstellungen und Wünsche der Nutzer sich von realistischen entfernen und beim ständigen Online-Vergleich mit anderen Nutzern negative Gefühle entstehen.
Tag 3
Die typische Bewegung zur Hosentasche lässt mich nachdenken. Was genau wollte ich eigentlich nachgucken? Wollte ich überhaupt etwas bestimmtes suchen? Als die blaue App mit dem weißen F noch auf meinem Handy installiert war, habe ich während der Uni aus Langeweile oder in der Bahn auf dem Heimweg ohne bestimmtes Ziel durch meine Timeline gescrollt. Anstatt über lustige Videos zu lachen, denke ich an Tag 3 ohne Social Media darüber nach, welchen Nutzen Facebook noch für mich hat. Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit News, private Nachrichten oder Veranstaltungen an einem Ort gebündelt zu managen, aber um ehrlich zu sein, verschwende ich meine Zeit überwiegend durch zielloses Hochswipen der Timeline. Und das am liebsten abends im Bett oder auf der Couch. Dadurch ist das Gehirn in einer Zeit, in der es sich entspannen sollte, weiterhin äußeren Reizen ausgesetzt. Mir persönlich fällt es schwer, abends in den Schlaf zu fallen, obwohl es zum Beispiel ein anstrengender Tag war. Grund dafür können laut einer Studie der „Royal society for public health“ die Bildschirme sein, auf denen wir Social Media konsumieren. Da die verbauten LED-Lampen bläuliches Licht abgeben, wird unserem Gehirn suggeriert, es sei Tag. Das hat zur Folge, dass weniger vom Schlafhormon Melatonin produziert wird. Auch die Schlafqualität leide durch das Benutzen von Social Media.
Nach 3 Tagen ist bei mir noch keine spürbare Veränderung eingetreten, aber ich bin gespannt wie es am Ende der Woche aussieht.
Tag 6
Zu Beginn der Woche bin ich noch oft auf der Homepage von Facebook gelandet. Ein kurzer Moment der Langeweile in der Uni hat dafür gereicht. Eben ein „f“ in die Browserzeile eingeben, Enter drücken (Benutzername und Passwort sind gespeichert) und so schnell bin ich wieder dabei. Das hat sich beängstigend, schon fast roboterartig angefühlt. Am vorletzten Tag meines Experiments sind die Angebote von Facebook und Youtube aus meinem alltäglichen Bewusstsein verschwunden. In der Bahn oder abends auf der Couch wandert mein Griff nur noch selten zur Hosentasche, um das Smartphone hervorzuholen. Anstelle dessen beobachte ich andere Personen in der Bahn oder bereite mich gedanklich auf die anstehenden Aufgaben in der Uni vor. Dadurch fühle ich mich wesentlich entspannter, als wenn ich auf meinen Handybildschirm starren würde.
Tag 7
Die erste Wochenchallenge ist vorbei und es war eine interessante Erfahrung für mich. Ich habe meine freie Zeit in der Bahn oder zu Hause nicht für sinnloses „Daddeln“ auf Social Media verschwendet und eine bessere Wahrnehmung auf zum Beispiel den Geschmack von Essen erhalten, bei welchem ich sonst parallel immer ein Youtube-Video laufen hatte oder durch Facebook gestöbert habe. Die Auswirkung auf die persönliche psychische Verfassung, wie die Wahrscheinlichkeit einer Depression oder Angstgefühle, ließen sich in der Kürze des Experiments schwer messen. Allerdings fiel es mir einfacher, abends in den Schlaf zu fallen, was auf den reduzierten Gebrauch von Social Media zurückgeführt werden könnte. Aus diesen Gründen bleiben die Apps Facebook, genauso wie Instagram noch länger als nur die 7 Tage von meinem Smartphone gelöscht.