Game of Thrones hat sich wohl zum Fernsehepos der Gegenwart entwickelt. Intrigen und politisches Schachspiel gemischt mit Fantasy-Elementen. Basierend auf der Buchreihe „Das Lied von Eis und Feuer“ vom US-amerikanischen Autor George R. R. Martin, lag eine Schwierigkeit der Serienautoren Benioff und Weiss immer darin, das Epos für ein visuelles Medium aufzubereiten. So wurden Charaktere und Handlungsstränge teilweise komplett ausgelassen oder verschmolzen ineinander. Ab der fünften Staffel zeigten sich erste Schwächen bei diesem Vorgehen, etwa mit der Dorne-Storyline, die einige halbgare Charaktere und fragwürdige Plots hervorbrachte. Einzelne Erzählstränge waren an diesem Punkt schon den Büchern voraus und stammten aus Benioffs und Weiss Feder.
Mit der siebten Staffel hatten die Serienautoren dann nur noch grobe Plotpunkte zur Verfügung, die ihnen George R. R. Martin im Voraus mitgeteilt hatte. Und spätestens ab diesem Punkt wird deutlich, dass diese Anhaltspunkte als Orientierung nicht dazu reichen, um die Qualität der vorangegangenen Staffeln aufrecht zu erhalten.
Das Erzähltempo steigt rasant an, den Figuren und Handlungen bleibt kaum mehr Freiraum zur Entfaltung. Der endgültige Bruch findet dann mit der finalen achten Staffel statt.
Wo fängt man am besten an, in dieser Staffel, in der rein gar nichts richtig gemacht wurde?
Es fängt schon bei den Kleinigkeiten an, über die man Hinwegsehen könnte, aber die schon eins der größten Probleme zeigen: Inkonsistenz.
Gendry Waters wird plötzlich zu Gendry Rivers, die Zahl der überlebenden Dothraki schwankt von Szene zu Szene. Fast travel ist sowieso spätestens seit der 7. Staffel gang und gäbe. Für Distanzen von mehreren Wochen braucht es statt mehreren Episoden von nun an nur noch einen Schnitt.
Die Cast-Größe ist signifikant geschrumpft, die Sets beschränken sich nur noch auf zwei Orte und die komplette Story ist runter gebrochen auf einen Hauptkonflikt. Die Welt wirkt plötzlich klein und unauthentisch.
In jeder Szene lassen sich zig Logikfragen stellen:
Woher wussten Dany und Co., dass Missandei in King‘s Landing ist und nicht ertrunken? Warum hat Dany Eurons Flotte nicht von hinten angegriffen? Warum besitzt Danys Flotte keine Art von Verteidigung? Warum hat Missandei Cersei nicht mit sich umgebracht? Warum hat Cersei nicht Dany mitsamt ihrem letzten Drachen vor King‘s Landing umgebracht? Wohin verschwindet Qyburn plötzlich nach dem Gespräch mit Tyrion? Warum steht King‘s Landing plötzlich in der Wüste?
Und wie ist niemandem während der Produktion und der Postproduktion aufgefallen, dass vor Dany ein Starbucks-Becher steht?
Ein Drehbuch, dass ständig Logikfragen zulässt, weil nicht darauf geachtet wurde, konsequent und kohärent zu sein, kann kein gutes Drehbuch sein.
Wie gesagt, das sind im Verhältnis nur kleine Punkte, die aber symptomatisch für dass sind, was spätestens ab dieser Staffel falsch läuft.
Anscheinend haben Benioff und Weiss vergessen, was das „Show, don‘t tell“ Konzept ist. Immer wieder erwähnen Charaktere, wie schlau Tyrion doch sei, aber auch andere Strategen der Serie, wie Varys, Grey Worm, Dany oder Jon, begehen einen taktischen Fehler nach dem anderen, ob Politische oder Militärische. Bei keinem der Charaktere zeigt ihr Handeln und ihre Pläne, was den Charakter ausmacht. Es existiert keine „demonstrierende“ Handlung mehr- stattdessen ist Handlung nur noch dazu da, um zu bestätigen, was vorher schon gesagt wurde.
Auch die Dialoge sind oberflächlich geworden und dienen im besten Fall noch als schnellster Weg, um Informationen zu transportieren, im Schlechtesten sind es einfach nur noch Filler, ohne irgendwie noch subtil zu sein.
In früheren Staffeln hatte jede Dialogszene eine Bedeutung für die Handlung und wurde bewusst eingesetzt.
Game of Thrones hatte nie eine lineare Story mit einem einzigen Protagonisten oder Antagonisten. Die unterschiedlichen und miteinander konkurrierenden Motivationen der verschiedenen Charaktere kreieren die Konflikte und die Konflikte wiederum lassen den Plot vorankommen und Charaktere entwickeln.
Mit dem stark verkleinerten Cast und nur noch zwei Austragungsorten verschmelzen die Motivationen miteinander. Jede Szene sollte in ihrem Dialog die Erzählung vorantreiben. Entweder als Establisher oder um etwas über die Person zu erfahren. Stattdessen sind ein Großteil der Dialoge nur noch Filler oder plump geschrieben.
Beispieldialog aus Episode 4: „We‘re family“ „I’ve never been a Stark“ „You are as much Ned Stark‘s child as any of us“ „You‘re my brother“.
Wo ist die Eloquenz aus den früheren Staffeln geblieben? Noch unkreativer, um zu dem Punkt zu kommen, an dem Jon seine Verwandtschaftsverhältnisse erklärt, kann man wohl kaum einen Dialog schreiben. Anstatt an dem Punkt dann wegzuschneiden hätte das Ganze auch visuell gelöst werden können, es ist schließlich ein visuelles Medium.
Konversationen werden an den kritischen Punkten unterbrochen, was allein in Folge 1 und 2 dreimal passiert ist, ohne dass auf die Konflikte eingegangen wird.
Ist das noch Game of Thrones oder ist das schon Soap Opera?