Good things gone bad – Der Nerd-Rant-Blog #6: Game of Thrones Staffel 8 (Part 2)

Abgesehen von schlechten Dialogen und einem Haufen Kontinuitätsfehlern sind hängen viele der Glaubwürdigkeitsprobleme der finalen Staffel mit unlogischen Charaktermotivationen zusammen.

Bereits in der sechsten Staffel erscheint  der Charakter Euron Greyjoy aus dem Nichts. Ohne weitere Einführung wird er innerhalb weniger Szenen zu einem der mächtigsten Charaktere. Total overpowered und ohne, dass ihm das Storywriting zuschreibt, durch was er überhaupt so viel Macht verdient hat. Sein Charakter bleit flach und dient nur dazu, Cersei eine Superwaffe zu geben, wenn die Story danach verlangt. Das macht Euron nicht mehr als reinen plot device. Gleichzeitig wächst seine Screentime jedoch überproportional an.

Er trägt nie Konsequenzen von seinem Handeln davon, macht nie Fehler und ist immer zur passenden Zeit am richtigen Ort.

Eine der wohl am grausamsten geschriebenen Momente dieser Staffel: Sein 360 noscope auf den Drachen Rhaegal. Seine Flotte taucht (mal wieder) aus dem Nichts auf und Daenerys Drache kann mit drei akkuraten Schüssen vom Himmel geholt werden. Anscheinend ist es normal, von der Luft aus eine Schiffsflotte direkt unter einem zu übersehen. Und seit wann müssen Ballistas nicht nachgeladen werden? Die Szene überträgt Euron dieselben Kräfte und Fähigkeiten, wie dem Night King, dem eigentlichen „big bad“ der Serie.

Benioffs Kommentar dazu in Inside the Episode: „Dany forgot about Eurons fleet“.

Charaktere werden dümmer gemacht, damit der Plot möglichst schnell vorankommt, Rhaegal musste sterben, damit Daenerys geschwächt wird.

Für die Szene gab es kein Setup, es passiert einfach. Spannung kann beispielsweise auch aufgebaut werden, indem der Zuschauer mehr weiß, als die Charaktere (vgl. die Sprengung der Septe in Staffel 6).

Aber so ist diese „Wendung“ einfach nur Schockwirkung mit der Absicht zu schocken.

Die großen Momente der Serie wie Red Wedding, Joffreys Tod oder Danys Wiedergeburt konnten nur ihre Wirkung entfalten, weil darauf hingearbeitet wurde. Sie waren immer Teil der Character arcs, die in diesen Momenten zum Ende kamen, oder die Erzählung vorangetrieben haben.

Was man aus der Rhaegal-Szene stattdessen erfährt: Dany ist vergesslich und dumm, Drachen sind schwach und Euron ist ein unfehlbarer Ballista-Gott.

Die Charaktere werden umgeschrieben, wie es gerade ins Drehbuch passt, ohne auf Kontinuität zu achten.

Da denkt auch keiner daran, was für eine dumme Idee es ist, dass Dany samt ihrer Berater und letztem Drachen ungeschützt in Reichweite der Ballistas vor King’s Landing aufkreuzt, wenn Cersei normalerweise keine Probleme damit hat, tausende Unschuldige zu töten, um auf dem Thron bleiben zu können.

Daenerys erwägt keinerlei Schutz für ihren letzten Drachen, nachdem Rhaegal gerade vom Himmel geschossen wurde? Ernsthaft?

Und warum überhaupt verhandeln, wenn man den allwissenden Bran oder Ninja-Arya hat?

Das wird aber alles bequem ignoriert, damit man sich den Plot zurecht schneidern kann, wie man will. Auf die Charaktere und deren Motivationen wird nicht mehr eingegangen und werden immer blasser. Informationen und Motive sind in einer Szene relevant und werden in der nächsten wieder unter den Tisch gekehrt/vergessen.

Long story short: Sinnlose Storylines, künstliche Konflikte, lazy writing, schlechte Dialoge, Charaktere, die entweder zu plot devices verkommen, oder sich in ihrem Handeln und Motiven widersprechen und der komplette Character arc ignoriert wird, Charaktere, deren Handeln nie Konsequenzen hat, bzw. nicht aus seinen Fehlern lernt.

Sinnlose Storylines, künstliche Konflikte, lazy writing, schlechte Dialoge, Charaktere, die entweder zu plot devices verkommen, oder sich in ihrem Handeln und Motiven widersprechen und der komplette Character arc ignoriert wird, Charaktere, deren Handeln nie Konsequenzen hat, bzw. nicht aus seinen Fehlern lernt.

Fähigkeiten von Charakteren und Waffen werden je nachdem, was die Story verlangt, angepasst.

Einer Serie mit vielschichtigen Charakteren, Handlungen und Fantasyelementen wird auf ein reines Actionspektakel reduziert. Bezogen auf die gesamte Staffel ist das Schlimmste wohl, dass vom Leitmotiv und der Moral abgewichen werden, die sich durch die restlichen 7 Staffeln gezogen haben.

Azor Ahai, Children of the Forest, Crasters Söhne, der Three Eyed Raven, diese ganzen Storylines existieren nur wegen dem Night King. „Winter is Coming“ war über Jahre der Slogan der Serie. Aber letztendlich wurden die White Walker nur als Nebensache behandelt, die von der To-Do-Liste gestrichen werden musste, bevor die Serie zu Ende geht. Man erfährt nie, was der Sinn der White Walker ist (außer anscheinend immer neben dem Night King herzureiten.), was die Motivation des Night King ist, was Brans Rolle ist. Der Night King wird zum stereotypischen „bad guy“ degradiert, der nur existiert, um zu töten?!

Es wird zwar in einer Folge dieser Staffel erwähnt, dass Bran die Erinnerungen der Menschheit in sich trägt, aber das reicht als Erklärung nicht aus. Es sagt nichts über die Motivation des Night Kings aus und was die Vernichtung von Bran für Auswirkungen auf die Menschheit hätte.

Also ist Bran ein wandelnder rollender USB-Stick. Was passiert, wenn der USB-Stick verloren geht? Vor allem, wenn bis auf ein paar Leute im Norden überhaupt von der Existenz des Three Eyed Raven/USB-Sticks wissen? Was hätte das für Konsequenzen?

Brans einziger Zweck in der Serie bis jetzt war nur Jon von seiner Herkunft zu erzählen und als Lockmittel zu dienen. Keine seiner Fähigkeiten hat am Ende zur Vernichtung des Night Kings beigetragen, obwohl seine Storyline das immer suggeriert hat. Mit der Vernichtung des Night Kings verliert Bran seine Relevanz für den Plot, ohne, dass seine Rolle je wirklich zum Tragen gekommen ist.

Außer dem „warum“ finde ich auch, dass das „wie“ eine große Enttäuschung ist.

Handlungen, besonders Schlüsselhandlungen, haben nicht nur einen Zweck für den Plot, sondern auch für die Thematik und die Charaktere. Es hat nicht irgendjemand Ramsey umgebracht, sondern Sansa, weil sie einen persönlichen Grund dafür hatte. Arya hingegen hatte nie eine persönliche Verbindung zum Night King.

Konflikte brauchen immer ein persönliches Drama. Jon hat persönliche Verluste durch die White Walker erlitten, seine Hauptmotivation seit er von der Existenz der White Walker wusste, war das Vereinen von verschiedenen Gruppen gegen den Night King.

Es ist ja auch nicht Hermine, die im 6. Harry Potter Buch den Nebencharakter Voldemort besiegt, damit das 7. Buch sich mit Harrys Quidditch-Finale gegen den Hauptgegner Slytherin beschäftigen kann.

Die Entscheidung, sich auf den Krieg gegen Cersei um den Iron Throne zu fokussieren ist indirekt und direkt der Grund für so viele Probleme der ganzen Staffel.

Um die Endschlacht ausgewogener zu gestalten wurden die White Walker nur als plot device benutzt, damit Danys Armee ausgedünnt werden kann.

Aus dem gleichen Grund kann Euron plötzlich mühelos Drachen töten und Cersei bekommt Unterstützung von der Golden Company. Briennes Charakter wurde missbraucht, damit Jaime einen dramatischeren Abgang nach King‘s Landing machen kann. Missandeis Geiselnahme und Ermordung versuchen Grey Worm und Dany persönliche Gründe zu liefern, King‘s Landing anzugreifen.

Für diesen letzten Handlungsstrang wird das gesamte Narrativ der Serie umgeworfen.

Ging es nicht darum, dass die Menschen so abgelenkt von Macht sind, dass die drohende Apokalypse ignoriert wird?

Aber am Ende wird die große Gefahr einfach wie Zombies behandelt, hatte keine Auswirkung auf die Geschichte als Ganzes. Außer dem Norden hat niemand von den White Walkern erfahren und Cerseis ignorante Ansichten wurden sogar validiert. Was ist also die Moral? Dass nach all dem doch nur belanglose Politik -und Machtspiele wichtig sind?

Aus „A Song of Ice and Fire“ wird am Ende wieder nur „A Game of Thrones“.