Good things gone bad – Der Nerd-Rant-Blog #7: The Walking Dead

Zehn Staffeln nach zehn Jahren: doch trotz stark sinkender Einschaltquoten steht die Zombieserie noch nicht vor dem Aus. 2010 wurde die erste Staffel auf dem US-Amerikanischen Sender AMC ausgestrahlt. The Walking Dead basiert auf Robert Kirkmans gleichnamiger Comicbuch-Serie.

Mit schwankenden Quoten wechselten auch die Showrunner. Nach der ersten Staffel verließ Frank Darabont bereits das Team, sein Nachfolger Glen Mazzara trat zwei Jahre später wegen künstlerischer Differenzen zurück. Ihm folgte 2013 Scott Gimple, der schließlich nach starker Kritik von Fans 2018 durch Angela Kang ausgetauscht wurde.

Zu Hochzeiten verzeichnete die Show 17 Millionen Zuschauer, jetzt liegen die Einschaltquoten mit 1-4 Millionen Zuschauern pro Folge weit darunter. Woran liegt es? Ermüdung? Qualitätsabfall?

Als Zombieserie verläuft The Walking Dead nach einem typischen Schema: Überlebende suchen eine Unterkunft und kommen mit dem Feind in Kontakt. Jede Staffel sucht die Gruppe der Überlebenden einen neuen Ort zum Leben, sie fühlen sich in Sicherheit, bis der Feind oder ein Element der Destabilisierung eingeführt wird und der Ort aufgegeben werden muss. Dieser Endlose Kreislauf führt dazu, dass die Geschichte nicht vorangetrieben wird. Am Ende jeder Staffel stehen die Protagonisten wieder genau da, wo sie eine Staffel zuvor schon waren.

Vor allem ab späteren Staffeln werden ständig neue Charaktere eingeführt. Gleichzeitig sterben Neben -und Hauptcharaktere wie Fliegen; der Zuschauer hat kaum Zeit eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, bevor sie auch wieder sterben. Tode von Protagonisten fehlt dadurch der Gravitas. Nicht selten habe ich sogar eher Erleichterung als Trauer bei Toden von Charakteren verspürt. Zu viele Charaktere bleiben quasi als Beiwerk viel zu lange in der Serie, ohne dass ihr Charakter weiter ausgebaut wird oder einen Sinn erfüllt.

Ein weiteres Problem sind die vielen Handlungsstränge. Paralleles Storytelling ist zwar weit verbreitet und auch durchaus erfolgreich, wenn es denn gut umgesetzt wird. In The Walking Dead werden die Geschichten jedoch nicht parallel abgearbeitet. Pro Folge werden wenige Stränge gezeigt, diese zeigen teilweise auch nur Nebencharaktere, die zumindest mir vollkommen egal sind, weil sie komplett blass bleiben. Dadurch kommt die Handlung zum Stillstand. Die Autoren scheinen jedoch der Auffassung zu sein, dass Actionszenen die fehlende Handlung und Charakterentwicklung wieder aufwiegen können.

Die erste Hälfte der achten Staffel besteht mit wenigen Ausnahmen nur aus Actionszenen. Der Kampf gegen Negan nimmt utopische Ausmaße an, endlose Feuersalven, Panzerfäuste, die mal eben abgefeuert werden. Die achte Staffel fühlt sich an, wie eine komplett andere Serie. Dialogszenen werden auf wenige One-Liner runtergebrochen, Charaktere springen von einem Ort zum anderen und die eigentliche Intention der Kämpfe (und gegen wen speziell diese eigentlich stattfinden) werden nie wirklich deutlich gemacht. Massen an unwichtigen Nebencharakteren sterben, doch dem Zuschauer kann das egal sein, weil diese sowieso in der nächsten Episode ausgetauscht werden. Die sich über mehrere Episoden hinziehenden Kampfszenen sind im Wesentlichen aber komplett nutzlos und unwichtig: Denn die Hauptcharaktere sind nie verletzbar, nichts steht wirklich auf dem Spiel, dafür ist die „plot armour“ zu stark.

Hier zeigt sich auch ein weiteres Element, was mich als Zuschauer irgendwann ermüden lässt: bestimmte Charaktere kommen immer wieder in scheinbar gefährliche Situationen, überleben diese jedoch, während andere unter den gleichen Umständen sterben.

Mit der Einführung des Charakters Negan hat sich die Serie selbst in die Ecke getrieben. Zum einen weiß der Zuschauer selbst nach mehreren Staffeln nichts über den neuen Antagonisten. Er hat weder eine klare Motivation, noch eine Hintergrundgeschichte. Negan verkommt mit jeder Episode mehr zu einer überzeichneten comicartigen Version seines Selbst. Um Negan als Charakter zu erhalten, hat Showrunner Scott Gimple sich einen ganz besonderen Clue ausgedacht: Ricks Sohn Carl muss sterben, damit dieser Negan verschont.

Spätestens dieser Punkt ist das Ende von The Walking Dead: Carl war stets der Antrieb des Protagonisten Rick. Carl stellte immer die Motivation für alle seine Handlungen dar. Carl war das Symbol für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Für Rick ging es immer in erster Linie darum, Carl zu beschützen, Nahrung, Unterkunft für seinen Sohn zu stellen. Ohne Carl verliert seinen Kompass, der ihn durchs Leben führt. Somit muss Rick nach dem Tod seines Sohns unweigerlich seinen Verstand verlieren. Scott Gimples Entscheidung Carl aus der Serie zu streichen ergibt dahingehend noch weniger Sinn. Nach einem mehrjährigen Zeitsprung in Staffel 9 erscheint sein Tod umso sinnloser, da Carls Rolle jetzt durch Ricks nicht-biologisches Kind Judith ersetzt wird. Ebenso ist Rick selbst aus der Serie geschrieben worden. Wie soll eine Serie ohne ihre Protagonisten funktionieren? Der übrige Cast kann ohne die Hauptcharaktere gar nicht die gleiche Dynamik entwickeln.

Um die Zuschauer vor den Fernsehern zu halten, spielt The Walking Dead immer wieder mit Fake-Toden und Schockmomenten. Stattdessen sollte genauso viel Energie auf eine fesselnde Story gesetzt werden oder darüber nachgedacht werden, dem Ganzen einen Abschluss zu bereiten.