Good things gone bad – Der Nerd-Rant-Blog #8: Die Hobbit-Trilogie

Fortsetzungen und Vorgeschichten zu von Fans liebgewonnenen Trilogien scheinen ein Fluch zu sein. Als fast ein Jahrzehnt nach dem Abschluss der Herr-der-Ringe-Verfilmungen bekannt wurde, dass es nun doch ein Hobbit Prequel geben soll, zeigten sich Kritiker und Fans verhalten. Vor der filmischen Umsetzung von Herr der Ringe gab es bereits in den frühen 1990ern Pläne für einen Hobbit-Film, der den ersten Teil einer Herr-der-Ringe-Reihe bilden sollte. Damals konnten sich New Line Cinema und Peter Jackson jedoch nicht die Rechte von Weinstein sichern. Diese liefen 2010 ab und so wurde der Plan gefasst, mit Guillermo del Toro als Regisseur eine Verfilmung mit einem frischen Blick auf Mittelerde zu wagen. Jackson war nicht an der Rolle als Regisseur interessiert, da er im Hinblick auf den Erfolg von Herr der Ringe nicht im Wettbewerb mit sich selbst stehen wollte. Obwohl er anfangs gar nichts mit der Hobbit-Verfilmung zu tun haben wollte, steigt er schließlich doch als Mitautor ins Boot.

Ursprünglich war die Verfilmung als ein Zweiteiler angedacht. Im ersten Teil sollte die Reise Bilbos aus seiner Sicht erzählt werden, die Fortsetzung sollte parallel laufende Handlungen zeigen. Aufgrund einer Vielzahl von Verzögerungen im Schreibprozess verlässt del Toro 2010 das Projekt und Peter Jackson übernimmt neben der Rolle des Produzenten und Autors auch die des Regisseurs. Mit Jackson als Autor kommt es zu gravierenden Änderungen: So wird etwa die Geschichte linear strukturiert, die Schlacht der fünf Armeen wird ins Skript geschrieben und es kommt ein dritter Teil hinzu.

Der jährliche Herr-der-Ringe-Marathon der Extended Director’s Cut Edition zur Weihnachtszeit hat seit meiner Kindheit Tradition. Die Trilogie ist darum auch mit einem besonderen sentimentalen Wert verbunden. Der Hobbit verspricht als Abenteuer-Epos in die Fußstapfen des Fantasy-Klassikers zu treten – doch entpuppt sich als „hot mess“. Anstatt auf viele Kleinigkeiten einzugehen, nehme ich mir vier Überpunkte heraus, die gut illustrieren, warum der Hobbit einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

Punkt 1: Charaktere, die austauschbar sind. Was in Herr der Ringe die neun Gefährten sind, sind im Hobbit die dreizehn Zwerge. Mit dem Unterschied, dass der Zuschauer keinerlei Verbindung mit den Zwergen aufbaut, die durch einen Großteil der Handlung führen. Doch auch nach fast zwölf Stunden erinnere ich mich nicht mal an die Hälfte der Namen der Zwerge, geschweige denn sagen, was ihren Charakter ausmacht. Es existieren weder Setups noch Pay-offs, um die Zwerge zumindest auseinander halten zu können. Ich lerne nichts über die Beziehungen der Zwerge untereinander, ihre persönlichen Motivationen. Bis auf zwei, drei Zwerge bleibt jeder in der Gruppe austauschbar.

Punkt 2: die grausamen Actionszenen. Ähnlich wie Musicaleinlagen in Filmen sind auch Actionszenen nur dann gut, wenn sie den Plot vorantreiben. Eine gute Actionszene gibt etwas über Charaktere preis, lässt diese eine Lektion lernen und sind nicht bloßes ästhetisches Spektakel. Doch genau das ist im Hobbit der Fall. Die Action passiert ohne Setup und hat keine Konsequenzen für den Verlauf der Geschichte. Eine Vielzahl der Actionszenen könnte komplett gestrichen werden, ohne dass es Einfluss auf den Plot hätte. Nicht nur die Irrelevanz ist ein Problem, sondern auch die fehlende Spannung. Um Spannung aufzubauen, muss die Gefahr für den Zuschauer spürbar werden. Wenn er sich fragt, was als nächstes passiert, fängt die Vorstellungskraft an zu arbeiten. Diese Zeit wird den Actionszenen im Hobbit nicht gelassen. Stattdessen folgt auf ein Problem im nächsten Schnitt sofort die Lösung des Problems. Es existieren weder ein Spannungsaufbau noch kontrastierende Entspannungsmomente. Charaktere gelangen so nie wirklich in ausweglose Situationen und dem Zuschauer wird Möglichkeit zum Aufbau von emotionaler Verbundenheit gegeben.

Punkt 3: Handlungsstränge werden nicht aufgelöst. Teilweise verschwinden Charaktere, denen mehr Screentime geschenkt wurde, als manchen der Hauptcharaktere einfach, ohne dass das Handeln des Charakters weiter aufgegriffen wird. Für eine Vielzahl an Handlungen existiert weder ein Nachspiel noch eine Auflösung. Bestes Beispiel dafür: der Arkenstein. Mehrere Stunden der Trilogie werden damit zugebracht, den Stein aufzufinden. Die Protagonisten setzten sich und ihren Freunden lebensgefährlichen Situationen aus, aber was mit dem Arkenstein am Ende passiert wird nicht einmal aufgeklärt. Er verschwindet einfach in der Jackentasche des Zwergs Bard. Weitere andere zentrale Konflikte werden ebenso nicht aufgelöst. Bekommen die Bürger von Seestadt das Gold, dass sie zum Überleben brauchen? Kommt Thranduil an das weiße Gold, für dass er seine Armee riskiert hat?

Punkt 4: eine schlecht geschriebene Romanze. Die Elbin Tauriel existiert in Tolkiens Werken nicht. Peter Jackson schrieb sie als Antwort auf die eher spärlich vorkommenden weiblichen Charaktere in die Geschichte herein. Einen substantiellen Teil zum Plot trägt sie jedoch nicht bei: es bleibt bei der Reduzierung ihres Charakters auf eine Dreiecksbeziehung zwischen ihr, dem Elben Legolas und dem Zwerg Kili. Die Romanze ist ein Subplot, der für den restlichen Verlauf der Filme vollkommen unerheblich ist. Denn sowohl die Romanze scheitert, als auch das Vorankommen von Legolas‘ Charakter. Kilis und Tauriels unsterbliche Liebe beschränkt sich auf wenige Blicke und ausgetauschte Floskeln. Die Rechtfertigung dieser Dreiecksbeziehung speist sich laut Jackson einzig aus dem Grund, dass ein persönlicher Grund gefunden werden musste, aus dem Legolas eine Abneigung gegenüber Kili empfindet.

Insgesamt fühlt es sich an, als wisse Jackson nicht so recht, welchen Ton er im Hobbit einschlagen wollte. In einem Moment ist es das farbenfrohe Märchen, im nächsten ein düsterer Fantasy-Epos. Die Filme wirken nicht nur untereinander fragmentiert, sondern auch in sich. Vielleicht wollte Jackson mit Herr der Ringe mithalten und versuchte darum, alles epischer zu machen. Neue Technik, ein größeres Budget, als das trägt mit bei zur falschen Aufgeblasenheit der Trilogie. Das CGI wirkt zu exzessiv, die Aufnahme mit doppelter Bildrate in digitalem 3D mindert den Zauber, verpasst allem einen Look, der zu echt wirkt. In Herr der Ringe wurde oft mit Miniatursets und praktischen Effekten gearbeitet, um auf CGI zu verzichten. Vielleicht kann Peter Jackson auch gar nicht die Schuld an dem Debakel gegeben werden. Vielleicht hat er trotz Zeitdrucks des Studios und deutlich weniger Zeit (zwei Monate Zeit zur Vorproduktion, statt mehr als drei Jahre wie für Herr der Ringe) versucht, das Beste aus der Situation zu machen.