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Bands unter Quarantäne

Lesezeit: 8 Minuten

Der erste vollständig abgesagte Festivalsommer in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg: Wie ergeht es den betroffenen Künstlerinnen und Künstlern sowie den Festivals mit dem konzertfreien Sommer?

Mehr oder weniger eiskalte (alkoholische) Getränke, eine Masse an tanzfreudigen Leuten, wenig Schlaf und viel Musik: So kennen wir den Festivalsommer normalerweise— doch nicht in diesem Jahr! Das neue Jahrzehnt begann vielversprechend und endete für viele seelisch schon nach wenigen Monaten. Schuld daran ist das zunächst harmlos erscheinende Coronavirus, welches sich nach kürzester Zeit zu einer weltweiten Pandemie ausbreitete. Wo nun manche Menschen ihrem abgesagten Urlaub hinterher trauern, haben die Festivalgänger dieses Landes ganz andere Sorgen. Vorerst wurden bis zum 31. August alle Großveranstaltungen abgesagt. Darunter fallen auch die bekanntesten deutschen Festivals, wie Rock am Ring, das Melt!Festival oder auch das Hurricane Festival. Jedoch sind nicht die großen Festivals und international bekannten Künstlerinnen und Künstler diejenigen, um dessen Existenz man sich derzeit sorgt. Liveauftritte auf regionalen Festivals und Menschen, die Lust auf neue und unbekannte Musik haben, sind die Chance auf den großen Durchbruch für Newcomer Bands oder für Acts, die einfach nur Bock haben auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen. Egal welches Ziel von den einzelnen Bands verfolgt wird, die Absage der Festival-Saison 2020 trifft jeden Beteiligten.

So auch das Green Juice Festival, welches erstmalig seit 13 Jahren ihre Veranstaltung mitten im Wohngebiet in Bonn absagen musste. Angefangen hat das Green Juice damals mit einer kleinen Bühne, befreundeten Bands, 200 Zuschauern und gegrillten Würstchen. Mittlerweile spielen an zwei Tagen im Spätsommer rund 14 Newcomer- sowie bereits etablierte Artists vor 7.500 Besuchern pro Tag. Es gibt eine Main Stage für die gebuchten Bands und eine DJ Stage, um die Zeit zwischen den Acts zu verkürzen und weiterhin für eine ausgelassene Stimmung zu sorgen. Neben diversen Getränken- und Imbissständen bietet das Green Juice normalerweise auch einen Campingplatz für Camper mit Zelt oder Van, bzw. Wohnmobil.

Green Juice Festival 2019 – Recap auf YouTube (25.08.2019)

Das Verbot kam laut des Pressesprechers des Green Juice Festivals Julian Reininger plötzlich, jedoch war es auch vorhersehbar. Nach kurzer Zeit der Verarbeitung folgte das Einstellen jeglicher Arbeit. Maßnahmen, wie die Absage aller Interviews oder das vorzeitige Ende des Designen der Banner, mussten getroffen werden, um Zeit und Geld zu sparen. Julian Reininger gibt zu: „Es ist traurig. Man arbeitet das ganze Jahr über auf diese zwei Tage hin und dann erfolgt die Absage. Jedoch waren wir um die finale Aussage der Regierung auch froh, denn so hatten wir endlich etwas Handfestes, womit wir arbeiten konnten.“ Gerade in einer Situation wie dieser zählt der Zusammenhalt. Das Festival trotz der Corona-Krise und unter den Hygienevorschriften stattfinden zu lassen, war keine Alternative für die Veranstalter. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Verantwortung ist zu groß und ein Musikfestival ist ohne die Masse an laut singenden und ausgelassen tanzenden Campern auch kein richtiges Musikfestival. 

Letztendlich hat der, durch ein „Corona-Festival“ enstehende, herbe finanzielle Verlust auch die letzten Befürworter verstummen lassen. Denn unter den Hygienevorschriften, hätte das ganze Festival in einer kleineren Form mit weniger Besuchern stattgefunden, weshalb Sponsoren weniger Geld gezahlt hätten. Doch die Bands hätten den gleichen Aufwand betreiben müssen und deshalb auch ihr volles Gehalt erhalten. „Da legen wir doch lieber auf das Line-Up 2021 noch einen drauf und freuen uns auf nächstes Jahr!“, teasert der Pressesprecher. Welcher großer Act zusätzlich auf dem Green Juice Festival 2021 auftreten wird, wollte er dann aber nicht verraten. 

Einen weiteren Grund zur Vorfreude auf Seiten der Veranstalter und der Besucher im nächsten Jahr, wurde schon vor einigen Wochen auf der Webseite bekannt gegeben. Mit Ausnahme des Solo-Künstlers Drangsal haben alle weiteren Artists, die eigentlich für dieses Jahr gebucht waren, längst für 2021 zugesagt. Zusätzlich zu dem Support der Bands, freuen sich die Veranstalter auch über die Unterstützung der Fans des regionalen Festivals. Julian Reininger scheint nicht nur überaus erfreut über die vielen Merch-Bestellungen, sondern auch über die geringe Anzahl der zurückgegeben Tickets. Die meisten Stornierungen haben sie für Tagestickets erhalten, welche jedoch dann oftmals in Wochenendtickets eingetauscht wurden. 

Um die Wartezeit bis zum 30. Juli 2021 zu verkürzen und die Konzert-Fans nicht zu lange auf Entzug zu setzen, ist das Green Juice ein Teil des Streaming-Festivals von der Organisation Festival für Festivals. Diese hat aufgrund der Pandemie eine Aktion ins Leben gerufen, um mit den Einnahmen Festivals, wie das Green Juice, zu unterstützen. Bis zum 20. August kann man sein Lieblingsfestival oder alle weiteren 156 teilnehmenden Festivals durch den Kauf der sogenannten „Festivalbox“ oder dem „Festivalbändchen“ finanziell unterstützen. Daraufhin können alle virtuellen Besucherinnen und Besucher vom 21. bis zum 23. August ihr eigenes kleines Festival von Zuhause aus feiern und die unterschiedlichsten Streaming-Angebote der Organisation nutzen. Von der Teilnahme bei Festival für Festivals profitieren also nicht nur die Fans!


Neben den Festivals, sind natürlich auch die Artists von dem veranstaltungsfreien Sommer betroffen. So auch die Newcomer Indie Band wildfire., welche in diesem Jahr auf zehn Festivalauftritte deutschlandweit verzichten muss. Die vier Bandmitglieder Michel, Eric, Fabian und Jonas haben sich 2018 zusammengefunden und spielten bereits ein Jahr später als Gewinner eines regionalen Bandcontests auf dem Green Juice Festival

Der erste Gedanke der Band nach dem offiziellen Verbot der Bundesregierung lässt sich ganz einfach in zweieinhalb Worten zusammenfassen: „Was ‘ne Scheiße!“. Gerade für Newcomer Bands sind die regionalen Festivals eine gute Chance, um Reichweite zu generieren und sich eine größere Fanbase aufzubauen. Ausgerechnet in diesem Jahr hatte die Band auch noch große Pläne: Das erste Festival in Norddeutschland stand auf der langen Liste von Auftritten.

Instagram Beitrag 02.03.2020: Jonas, Eric, Fabian und Michel (von Links)

Um nicht komplett auf das Bühnenfeeling verzichten zu müssen, hat Fabian, der Sänger und Gitarrist der Band, erste Erfahrungen mit Streaming-Auftritten gesammelt. Für das Format „Bonn Live“ spielte er eine kurze Akustiksession im Posttower in Bonn vor vielen Kameras, jedoch keinem Publikum. Für weitere Online-Streaming Aktionen konnte sich die Band dann aber nicht begeistern lassen. „An das Gefühl eines live Auftritts kommt einfach nichts heran!“, begründet der Schlagzeuger Eric diese Entscheidung. Außerdem stellen sich die vier Jungs die Frage: „Wer guckt sich sowas wirklich an?“. Die sozialen Medien sind bereits überladen mit Online-Sessions von großen internationalen Künstlerinnen und Künstlern sowie von den kleinsten lokalen Bands. Auf ihrem Instagram Account konnte die Band aufgrund ihrer Inaktivität zwar weniger Profilaufrufe feststellen und somit auch eine geringere Follower-Generierung, doch die Zahlen der Spotify Streams sind hingegen stabil geblieben. Letztendlich geht es wildfire. auch eher um ihre Musik, als um irgendeine Zahl bei Instagram.

Auch die große Sehnsucht nach live Auftritten bringt wildfire. nicht dazu, etwas zur weiteren Überladung auf den sozialen Plattformen beizutragen. Aus finanzieller Sicht müssen sie dies auch nicht, denn für Fabian, Eric, Michel und Jonas ist die Musik bisher (leider) immer noch ein Hobby. Auch wenn die Band nichts dagegen hätte hauptberuflich als Musiker durchzustarten, bieten ihnen die Ausbildung zum Rettungssanitäter oder das Rescue-Management Studium einen großen Vorteil in Zeiten der Pandemie: privat finanzielle Unabhängigkeit von der Musikszene. „Uns ist einiges durch dir Lappen gegangen!“, gesteht der Keyboarder Michel, „Aber es hat uns nicht so hart erwischt, dass wir jetzt aufhören müssen und uns beispielsweise kein neues Kabel mehr leisten könnten.“ Die guten Rücklagen aus dem letzten Jahr und das Reinvestieren in die Band gehört zur finanziellen Kalkulation der vier Jungs, denn die Musikbranche bietet insbesondere für Newcomer zunächst eine gewisse finanzielle Unsicherheit.

Neben den Gagen für die Festivalauftritte, fiel auch für drei Monate die Bandprobe aus. Und was macht man als Musiker, wenn man drei Monate lang nicht proben kann? Man schreibt und komponiert neue Songs! So hat auch wildfire. die Zeit genutzt, um nach Inspiration für neue Texte und Melodien zu suchen und einfach mal den Kopf frei zu bekommen — mit Erfolg! Die Motivation ist trotz der fehlenden Auftritte so hoch, wie lang nicht mehr. Auch die in den drei Monaten entdeckten Ideen für neue Songs, bieten den vier Bandenmitgliedern allen Grund zur Vorfreude auf die bevorstehenden Projekte.

wildfire.- Dokumentation auf YouTube (08.03.2020)

Mit mehr Zeit, weniger Druck und einem neuen Produzenten beschäftigen sie sich musikalisch derzeit nicht nur im Proberaum, sondern auch im Studio. Geplant ist die Veröffentlichung von zwei bis drei neue Singles, ein Musikvideodreh und vor allem eine deutschlandweite Tour. Diese musste leider durch die eher pessimistischen Planungsmöglichkeiten aufgrund von Corona auf den Herbst 2021 verlegt werden. Jedoch findet vor der Tour erst einmal der Festivalsommer 2021 statt, wo die Band von fast allen Festivals aus 2020 wieder angefragt wurde. Dann können sich nicht nur Fans des Indie/Pop/Rocks in der Kölner Region über einen neuen Sound freuen, sondern auch alle Festival- und Tourneebesucher deutschlandweit!


Der Alternative/Indie/Punkrock Sound der Berliner Band Shirley Holmes überzeugt bereits seit einigen Jahren Fans in ganz Deutschland. Das Trio, bestehend aus Gitarristin Mel, Bassistin Miss Ziggy und Schlagzeuger Chris, hat der Newcomer Band wildfire. zwar schon die Veröffentlichung von drei Alben voraus, dennoch stehen auch sie vor dem gleichen Problem. Wohingegen sich Miss Ziggy schon auf die Absage des Festivalsommers eingestellt hatte, bestand bei Mel noch Hoffnung auf Festivals im Spätsommer. Diese wurde ihr dann allerdings schnell wieder genommen und die Enttäuschung machte sich bei allen Bandmitgliedern breit, denn auch sie hatten großes geplant. 

„The real life ist immer noch the real shit.“ 

Shirley Holmes

Trotz des Verzichts auf mindestens zehn Festivalauftritte in diesem Jahr, sind Online-Streaming oder Autokonzerte keine Alternative für die Band. „ Der Austausch und die physische Nähe zu unserem Publikum sind wichtig für uns und unsere Bühnenenergie; sind ein essentieller Teil unserer Konzerte, und das ist beim Online-Streaming eben nicht gegeben.“, begründet Shirley Holmes ihre Entscheidung. Auch bei der ersten Probe nach dem Lockdown bemerkte das Trio schnell, wie befreiend das reale Spielen miteinander für sie ist. Insbesondere nach all den Zoom calls, Mails und Messages, um den Release ihres neuen Albums „Die Krone der Erschöpfung“ zu planen. Die Band ist ganz klar der Meinung: „The real life ist immer noch the real shit.“

Trotz der Pandemie und der ausschließlich digitalen Kommunikation, oder vielleicht auch gerade deswegen, kam das im April veröffentlichte Album ziemlich gut an und brachte ihnen Features, Interviews und Rezensionen u.a. in der taz, VISIONS oder auch dem Rolling Stone ein. Ob diese umfangreiche Aufmerksamkeit nun allein an der hohen Qualität des Albums, an dem neuen Label oder an Covid-19 liegt, lässt sich nicht feststellen. Fakt ist jedoch, dass Shirley Holmes die neu gewonnene Zeit ausreichend genutzt hat und weiterhin nutzen wird. Die Planung für das restliche Jahr ab dem 31. August steht bevor, auch wenn sich diese bisher als ziemlich nervenaufreibend und zeitintensiv entpuppt hat. Trotzdem versuchen Mel, Miss Ziggy und Chris neben dem Schreiben der Newsletter, der Social Media Planung und einem Videodreh mal die Füße hochzulegen und sich eine Pause zu gönnen. 

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Lieblingsrezi, yeah! Danke, Christina Mohr @ Melodiva! <3⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ „Let’s go: Atmen, laufen, essen, riechen…“, und noch einige essenzielle Aktivitäten mehr zählen Shirley Holmes im halsbrecherischen Tempo von „Binichbinich“ auf, Opener ihres aktuellen Albums, das gerade bei Rookie Records erschienen ist. Das Trio aus Berlin hat sich für die Aufnahmen von „Die Krone der Erschöpfung“ Tool- und Red-Hot-Chili-Peppers-Producerin Sylvia Massy an Bord geholt, weshalb die Platte unfassbar tight und trotz der stilistischen Bandbreite auf-den-Punkt klingt.⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ Ob Grunge und Punkrock mit irre schnellen Gitarrenriffs („Wieder sehen“), mysteriöse Wave-Experimente („Auszeit“, „Wolf von Brandenburg“) oder gar die Coverversion eines APO-Protestklassikers („Der alte Krieg“ von Gerd Semmer): Shirley Holmes trauen sich alles zu und kriegen alles hin. Aus jedem Song lassen sich prophetische T-Shirt-Slogans ziehen, „Ich warte auf das Leben; oder ist das schon die Wirklichkeit?“, oder „Ich schmeiß‘ ne Runde Sprit und zünde Schubladen an“ – die beiden Riot Grrrls plus Bandkollege hauen Pointe um Pointe raus, sind waghalsig, wagemutig, schlau, lustig, böse und ironisch. Shirley Holmes passen wahrhaftig in keine Schublade und sorgen in diesen merkwürdigen Zeiten für die nötige Dosis Punkrockpower.⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ #liesmalmami #noschubladen #bämm #dkde #diekronedererschöpfung #tuchmasken #sylviamassy #binichbinich #berlin #christinamohr #rookierecords #punkrock #grunge #apo #indie #tuchmaske #womeninrock #girlswithguitars #riotgrrrls #femalefronted #madeinberlin

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Instagram Beitrag 11.06.2020: Mel, Miss Ziggy und Chris (von Links)

Diese können sich die drei Berliner auch erlauben, denn trotz des hohen Zeitaufwandes arbeiten sie hauptberuflich in anderen Bereichen. Somit ist keiner von Existenzängsten betroffen, selbst wenn die Bandkasse in diesem Jahr etwas leerer ausfällt. Neben den fehlenden Einnahmen, beschäftigt das Trio die eingeschränkte Bekanntheitssteigerung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Newcomer Band, wie wildfire., oder um eine bereits etablierte Band, wie Shirley Holmes, handelt; jeder Artist profitiert von der Reichweitengenerierung durch Festivalauftritte. Außerdem hat die Vergangenheit bereits gezeigt, dass jedes gespielte Konzert zu einem Folgeengagement führt und so auch zu einem höheren Umsatz, welcher nun in diesem Jahr wegfällt. Einen Vorteil bietet die Absage des Festivalsommers dann doch, denn auch Shirley Holmes wurden von allen Festivals aus 2020 wieder für das nächste Jahr gebucht. 

Egal also, ob Festival oder Artist, die Situation stellt nicht nur die Nerven der deutschen Festival-Fans auf die Probe. Doch gerade die Fans können die Musikszene in der Pandemie am Besten unterstützen. Wie? Die Nachricht der Veranstalter und Bands an die Öffentlichkeit lautet ganz klar: „Behaltet oder kauft Konzert-, bzw. Festivaltickets, bestellt Merch und CDs, streamt eure Lieblingsbands, wünscht euch die Songs im Radio und vor allem: Traut euch raus, wenn die ersten Veranstaltungen wieder möglich sind und schätzt einfach mal wieder mehr die Live-Musik!“


(Alle in diesem Artikel genannten Proben und bevorstehenden Projekte werden nach dem aktuellen Stand der Hygienevorschriften der Bundesregierung abgehalten.)

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Vom Ausnahme- zum Normalzustand

Wenn das No-Go plötzlich gesellschaftsfähig wird

Theresa Klöckner, Clara Bosten, Luca Kirchhoff, Carolina Bosch
Lesezeit: 6 Minuten

Die Mund- und Nasenmaske ist für viele Menschen im Handel bereits zur Routine geworden. Foto: Bosch

„Normal ist immer das, woran ihr gewohnt seid. Das alles hier mag euch momentan nicht normal vorkommen, aber in einer Weile wird es das sein. Es wird normal werden.”

„The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd”, Hulu

Das Regime in den USA wird gestürzt. Männer übernehmen die Macht und nutzen Frauen in Zeiten der Kinderarmut lediglich als Gebärmaschinen. Eine „neue Normalität” wird konstruiert. Wenn nur lange genug daran festgehalten wird, ist es irgendwann normal.

The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd, Staffel 1, Folge 1 // Quelle: Youtube

Eine Auffassung, wie sie in einer der erfolgreichsten Serien der letzten Jahre immer wieder zum Vorschein kommt. In „The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd” kämpft die Protagonistin June gegen die Etablierung dieser neuen Normalität. 

Gerade jetzt ist die Frage nach Normalität nicht mehr nur ein Thema der Pop-Kultur. Die Corona-Pandemie hat starken Einfluss auf das gewohnte Verhalten der Weltbevölkerung genommen.

Was ist eigentlich „Normalität”?

Prof. Dr. Michaela Pfadenhauer ist Soziologin an der Universität Wien. Foto: Barbara Mair

Was ist Normalität und wie entsteht sie in unserem Alltag? „Normalität ist etwas so Selbstverständliches, dass wir es uns nicht anders vorstellen können”, erklärt Prof. Dr. Michaela Pfadenhauer, Vorständin des Instituts für Soziologie an der Universität Wien.

Normalität helfe, das soziale Leben miteinander zu regeln und zu vereinfachen, betont Psychologe Dr. Holger Schlageter aus Wiesbaden. „Sie entsteht zunächst unausgesprochen, durch Praxis und Gewöhnung an diese Praxis”, führt er aus. In jeder Gesellschaft entstehe sie automatisch.

Normalität sei der Boden auf dem wir stehen, den wir nicht hinterfragen und einfach so hinnehmen. Würde man diese Normalität hinterfragen, begebe man sich ins Ungewisse und verliere somit das Gefühl von Sicherheit, so Pfadenhauer.

Normalität ist ein fließender Prozess

„Was gestern nicht normal war, kann es heute sein und muss es morgen nicht immer noch sein”, hebt Schlageter hervor.

Gerade die Digitalisierung in Zeiten von Corona sei ein gutes Beispiel für diesen fließenden Prozess der Normalität. Während viele Menschen vor Corona Kommunikations-Tools wie „skype” oder „zoom” kategorisch ablehnten, werden die Vorzüge mittlerweile nicht nur von vielen erlebt und geschätzt, sondern gehören schon zum Alltag. Die Verwendung dieser Werkzeuge ist von Heute auf Morgen also normal geworden. 

Pfadenhauer erklärt, dass auch Kulturzusammenhänge beachtet werden müssen. Unsere Gesellschaft ist daran gewöhnt, sich dauerhaft mit technischen Neuerungen auseinanderzusetzen. Daher fiel es uns so leicht, die Prozesse der Digitalisierung während der Corona-Pandemie so schnell anzunehmen.

Aspekte einer neuen Normalität müssen also dem gewohnten Leben der Gesellschaft bereits stark entsprechen.

Wenn wir uns Neuem aussetzen und Positives geschieht, fällt es uns leichter, Prozesse zu adaptieren, sie als normal zu empfinden und vielleicht sogar willkommen zu heißen, betont Schlageter. 

Meinungen von Passanten aus der Kölner Innenstadt.

Aber woran liegt es, dass Prozesse mit unterschiedlich schneller Geschwindigkeit, oder manchmal sogar gar nicht, als normal angenommen werden? 

Pfadenhauer sieht die Präsenz im Alltag und im Handeln einer Situation als wichtigen Aspekt an. Je mehr Menschen mit der Situation verbunden sind, desto schneller kann sich etwas durchsetzen. 

Während der Corona-Pandemie wurde in kürzester Zeit Verhalten adaptiert, wie beispielsweise Masken tragen und Abstand halten. Die ganze Welt war und ist von der Pandemie betroffen, was dazu geführt hat, dass all diese neuen ungewohnten Verhaltensregeln in kürzester Zeit zur Normalität geworden sind.

Kampf der Ideologien

Schlageter fügt hinzu, dass in unserer individualisierten Welt Machthaber grundsätzlich den Begriff der Normalität festlegen.

Jede mächtige Gruppe will ihren Normalitätsbegriff durchbringen. Am Ende wird sich eine durchsetzen und spricht somit der anderen Gruppe ihre Normalität ab. 

Dr. Holger Schlageter, Psychologe aus Wiesbaden.
Foto: Schlageter

Dieses Phänomen beschreibt Schlageter als „Kampf der Ideologien”. 

Den Begriff Normalität beschreibt er als „der Norm entsprechend”. Wenn Normen von mächtigen Gruppen oder Personen festgelegt werden, sei dies nicht immer das Beste, was einer Gesellschaft passieren kann. 

Schlageter unterstreicht dies mit einem Zitat von Schiller. „Alles Neue schreckt und sei es gut”. Aus evolutionstechnischen Gründen sind wir Menschen Neuem prinzipiell eher misstrauisch gegenüber.

Mit neuen Regeln und Verhaltensweisen wurden wir jetzt auch in der Corona-Pandemie konfrontiert. 

Quasi über Nacht hat sich das Leben auf der Welt verändert. Die Regierungen haben in unsere Freiheit und Normalität eingegriffen. „Das ist so unvorstellbar”, betont Pfadenhauer, „wir fühlen uns wie in einer Ausnahmesituation.”

Zu sehen war das in den vergangenen Wochen durch eine gewisse Spaltung der Gesellschaft: Auf der einen Seite standen diejenigen, die die Corona-Maßnahmen akzeptierten und auf der anderen Seite die Gegner. Das zeigte sich in zahlreichen Demonstrationen gegen den Eingriff in die Freiheitsrechte, wie zum Beispiel die Maskenpflicht.

Die Gefahr der Normalität

Die Diskussion um Normalität findet jedoch auch in anderen Lebensbereichen statt. Denn Normalität bedeutet grundsätzlich, dass es auch eine „Nicht-Normalität” gibt. Da könne es gefährlich werden, sagt Schlageter.

LGBTQ-Lebensformen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer Community) beispielsweise werden heutzutage noch nicht überall als normal angesehen und akzeptiert. Wenn wir nach Schlageters Prinzip „Kampf der Ideologien” gehen, stehen christlich-konservative Familienvorstellungen dem gegenüber. 

Lange Zeit wurden Homosexuelle, Bisexuelle und Transgender unterdrückt und ihnen viele Rechte vorenthalten. Auch heute ist dies noch oft der Fall. Da die Anzahl derer, die konservative Familienvorstellungen als normal empfinden, immer noch sehr hoch ist, wird gegensätzlichen Lebensweisen der Begriff der Normalität einfach abgesprochen. 

Hier appelliert Schlageter sowohl an die Güte einer Gesellschaft als auch an ihren humanitären Grad. Diese zeichnen sich vor allem dadurch aus, wie individuell mit unterschiedlichem Normalitätsempfinden umgegangen wird. 

Und auch die Bedeutung des „Nicht-Normalen” kann jederzeit in Normalität umgewandelt werden, um an den fließenden Prozess der Normalität zu erinnern.

Gesellschaftliche Großtraumata

Auch in der Vergangenheit war dieser fließende Prozess von Bedeutung. Denn Corona ist nicht das erste gesellschaftliche Großtrauma, welches die Menschheit erleben muss. 

Es kam bereits zu vielen Pestepidemien im Mittelalter und auch der Dreißigjährige Krieg stellte einen tiefen Einschnitt in die Normalität dar. Natürlich sind diese nicht deckungsgleich, dennoch sind Parallelen sichtbar. 

Nach solchen Ereignissen sind Gesellschaften nachhaltig geprägt und es entstehen Traumata, welche durch Symptome wie Angst, Rückzug und Orientierungslosigkeit sichtbar werden können.

Schlageter betont, dass sich auch aus Traumata für die Zukunft Chancen entwickeln können.

Wie sieht die Zukunft aus?

In der Hinsicht stellt sich nun die Frage, wie es nach Corona weitergehen wird. Wird alles wie vorher sein, die Menschen fallen sich um die Arme, lassen die Maske weg und alles wird ablaufen wie vor einigen Monaten? 

Straßenbefragung in der Kölner Innenstadt.

Oder werden die Veränderungen durch die Pandemie in Zukunft Auswirkungen auf die Gesellschaft haben? Bezüglich eines Punktes ist sich Holger Schlageter sicher: „Auch noch nach der Krise wird die Digitalisierung sicher zunehmen und weitere Akzeptanz finden.”

Dennoch ist er der Meinung, dass die Bevölkerung den derzeitigen Maßnahmen nach der Krise keinerlei Beachtung mehr schenken wird: „Ich bin davon überzeugt, dass sobald ein Impfstoff gefunden und verteilt wurde, innerhalb von 14 Tagen alles Verhalten wieder zurückschnellt auf die Zeit vor Corona. Lediglich die Auswirkungen auf Kaufkraft und Wirtschaft werden uns eventuell zu veränderter Normalität führen.” 

Pfadenhauer nimmt hingegen an, dass das Tragen der Maske auch nach Corona teilweise bleiben wird, jedoch mit einem anderen Verständnis: „Meine Vermutung ist, dass wir zukünftig auch bei normalen Krankheiten die Masken nutzen. Die Maske könnte sich in unsere Alltagsgewohnheiten verlagern, sodass sie nie wieder so ganz verschwindet.” Ob es tatsächlich so kommen wird, das bleibe abzuwarten.

„Wir fühlen uns wie in einer Ausnahmesituation”

Doch gerade die Maske ist ein Thema, das äußerst kontrovers diskutiert wird. Nach einigen Wochen der Maskenpflicht wird sie von immer weniger Menschen ernst genommen. In den Straßenbahnen sitzen zunehmend Fahrgäste ohne Mundschutz oder tragen ihn nicht regelkonform.

Für viele Menschen bedeutete gerade die Maskenpflicht einen erheblichen Eingriff in die Normalität, vermutet Pfadenhauer.

Wir müssen Corona als Chance betrachten

Ist es also möglich, sich an Normalität zu gewöhnen? Die Serie „The Handmaid’s Tale” trifft mit dieser Frage den Puls der Zeit. Wer vor Corona noch über das Tragen einer Maske gelacht hat, packt sie nun wie selbstverständlich in seine Tasche. Abstand halten und der unterlassene Handschlag zur Begrüßung gehören jetzt zum guten Ton.

Viele Menschen haben sich an die neue Situation gewöhnt. Doch was die Entwicklung in der Zukunft zeigt, ist schwierig zu sagen. So sieht es auch Dr. Pfadenhauer. „Für uns Soziologen ist das eine spannende Zeit, denn es tun sich zahlreiche Forschungsfelder auf”, erklärt sie.

Für die Zukunft hat Dr. Schlageter eine klare Empfehlung: „Es ist nun wichtig, kein Trauma herbeizureden, sondern die Zeit im Gegenteil als Chance zu verstehen.”

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Online-Kultur für zu Hause

Auch wenn es im Moment nicht möglich ist, Konzerte, Museen, Theater oder andere kulturelle Events zu besuchen, bieten immer mehr Veranstalter Online-Varianten jener an. Damit ihr euch nicht mehr ganz so sehr langweilt und die Tage zählt, bis ihr wieder auf diverse Veranstaltungen gehen könnt, ist hier ein kleiner Überblick mit verschiedenen Kultur-Angeboten:

1. Clubs und Musik

Für alle, die es nicht erwarten können, wieder feiern zu gehen, gibt es hier das Online-Club Angebot „United We Stream“ von vielen Berliner Clubs. Jeden Abend erwarten euch dort ab 19 Uhr verschiedene DJ-Auftritte.

2. Street Art

Für die Kunstbegeisterten mit Fernweh steht eine virtuelle Street Art Ausstellung „Amazing Street Art Murali in New York“ mit Werken von berühmten Street Art Künstlern wie Banksy oder Keith Haring zur Verfügung.

https://artsandculture.google.com/story/9-amazing-street-art-murals-in-new-york/HAUxIVumcQkQtw?hl=en

3. Podcasts

Um sich die Zeit zu vertreiben oder sich nebenbei berieseln zu lassen, findet sich hier eine breit gefächerte Auswahl an Podcasts der „Zeit“ wieder. Es werden unter anderem Themen wie Politik, aktuelle Tagesthemen, Religion, Verbrechen und Wissenschaft behandelt.

https://www.zeit.de/podcasts

4. Konzerte

Die britische Rockband „Radiohead“ lädt auf ihrem YouTube Kanal jede Woche Donnerstag ein altes live Konzert unter dem Hashtag #StayHome hoch. Da lohnt es sich für jede*n, ein paar Minuten reinzuhören.

https://www.youtube.com/user/radiohead/featured

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Ab an die frische Luft! Kultur im Grünen entdecken

Den ganzen Tag auf dem Sofa abhängen, eine Serie nach der anderen auf Netflix durchsuchten und dem Kühlschrank aus Langeweile den ein oder anderen Besuch zu viel abstatten? Vermutlich geht es vielen von uns in der aktuellen Corona-Krise sehr ähnlich.

Doch gerade jetzt sollten wir uns mit neu gewonnener Energie aufraffen und die Zeit nutzen, um beispielsweise eine Entdeckungstour durch die umgebenden Landschaften zu machen. Dabei lernt man nicht nur ganz neue Seiten seines Wohnortes und der Umgebung kennen, sondern verbringt auch noch viel Zeit an der frischen Luft.

Achtung: Die Fahrradtouren und Wanderungen sollten stets unter Einhaltung der Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln unternommen werden.

1. Bahntrassen im Bergischen entdecken!

Wo früher Züge unterwegs waren und die Industrialisierung vorantrieben, kann man heute Radtouren mit atemberaubenden Naturpanoramen unternehmen. Auf kilometerlangen, stillgelegten Bahntrassen kann das Bergische Land von einer ganz anderen Seite entdeckt werden und eine rege Abwechslung zum Corona-Alltag bieten.

In dem Kurzfilm „Hoch hinaus- auf Bahntrassen durchs Bergische Land 2016“ von Fred Schmitz und Ulrich Bergmann könnt Ihr einige der Bahntrassen entdecken und Euch Inspiration für Eure eigene kleine Radtour holen!


Weitere Routen mit genauen Angaben findet Ihr auf dieser Website: Hier klicken.

2. Bergischer Panoramasteig

Wandern mit einer atemberaubenden Aussicht, den Blick vom Siebengebirge über das Sauerland bis hin zur Eifel schweifen lassen und die Kulturlandschaft des Bergischen entdecken – All das ist möglich auf den Pfaden des Bergischen Panoramasteiges!

Durch Wiesen und Wälder und vorbei an Talsperren, Flüssen und Bächen kann man in 12 Etappen auf einer Strecke von 244 Kilometern das Bergische Land von einer ganz neuen Seite entdecken. Die typischen Höhenzüge bieten dabei mit ihren Panoramablicken eine einmalige Sicht über die gesamte Region.

Verschieden Museen, Schlösser, Tierparks und Tropfsteinhöhlen zieren die Strecke. Auch wenn es durch die momentanen Umstände nicht möglich ist diese kulturellen Sehenswürdigkeiten von innen zu betrachten, ist der Anblick von außen mindestens genauso schön.

Die einzelnen Etappen, praktische Wanderführer und weitere Impressionen findet ihr unter dieser Website: Hier klicken.

Bergischen Panoramasteig Etappe 7
Von Marienheide bis Bergneustadt – Quelle: wanderkompass.de

Einfach mal rausgehen, ganz nach dem Motto:

3. Erlebnis- und Audiostationen

Die Bergischen Streifzüge umfassen insgesamt 24 Themenwanderungen, die mit Infotafeln, Erlebnis- und Audiostationen Spannendes über die Kultur, Geschichte und Natur der Region preisgeben. Die Rundwege sind zwischen 4 und 16 Kilometern lang und eignen sich gut als Halbtages- oder Tageswanderungen.

Infotafeln mit einer Audiostation auf der rechten Seite – Quelle: www.bergisches-wanderland.de

Alle Streifzüge im Überblick findet ihr auf dieser Website: Hier klicken.

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Corona: Online Kultur für Zuhause

Die Zeiten sind schwer. Corona plagt uns von allen Seiten und aus den Politikern kommt auch nur Schrott heraus. Naja, zumindest aus einem Politiker. Oder nennen wir ihn besser einen großmäuligen Amerikaner mit zu viel Farbe im Gesicht und zu wenig Hirn im Kopf.

Aber ich bin nicht hier um mich über Disney-Figuren mit falschem Nachnamen aufzuregen, sondern um ein wenig Kultur in die deutschen Haushalte zu bringen, jetzt wo man sich schon nicht ins Theater begeben kann. Diejenigen die jetzt meinen, dass das doch langweilige Themen der Vergangenheit sind sollen doch bitte einmal daran denken wo man ohne Kultur hinkommt. Kulturbanausen finden sich an allen Ecken und enden. Nicht zuletzt im weißen Haus, aber genug davon.

Heute möchte ich euer Augenmerk auf eine der faszinierendsten Personen der Geschichte der Menschheit richten. Unter Experten ist er als „God´s Fiddler“ bekannt. Andere kennen ihn als Jim Hoyl und damit als verantwortlichen für Lieder wie „Hymn to the Sun“ oder „When you make love to me“. Den größten Ruhm genießt er jedoch unter seinem eigentlichen Namen „Jascha Heifetz“. Heifetz gilt als größter Geiger der Geschichte der Menschheit. Seine Art zu spielen lässt Bilder in den Köpfen der Menschen entstehen und gibt einem die einmalige Gelegenheit „Farben zu Hören“. Insbesondere mit seiner Version des Tchaikovsky Violinkonzerts (das zu Tchaikovskys Lebzeiten als unspielbar galt), hat er und rührt er noch heute regelmäßig Menschen zu Tränen, die seiner Musik lauschen.

Das erste von drei Teilen des Tchaikovsky Violinkonzerts gespielt von Jascha Heifetz im Jahre 1937.

Heifetz Lieblingsinstrument

Als größter Violinist der Geschichte hatte Heifetz die Gelegenheit auf den unterschiedlichsten und fantastischsten Instrumenten zu Spielen, die jemals von Menschenhand erbaut wurden. Seine erste Geige war eine Carlo Tononi von 1730 die er 1917 bei seinem Debüt in der Carnegie Hall spielte. Später besaß er zwei weitere Geigen, eine bekannt als die „Dolfin Stradivari“ und sein Lieblingsinstrument, auf dem er fast jedes seiner Konzerte spielte, die 1740er „David Guarneri del Gesù“. Auch im obigen Konzert spielt er auf seiner „del Gesù“. Heifetz bevorzugte ihren Klang über den seiner Stradivari, da er sie als wärmer und ausgeglichener wahrnahm. Guarneri war ein Cremoneser Geigenbauer und stark unterschätzter Zeitgenosse Stradivaris. Er wurde 1698 geboren und verstarb im alter von 46 Jahren nach einer hochproduktiven Schaffensperiode, in der er mehr als 150 der heute renommiertesten Violinen entwarf. Seine früher stark unterschätzten Instrumente werden heute nicht unter einem Preis von $5 Millionen gehandelt. Die aktuell wertvollste jemals verkaufte geige, die 1741er „Ex-Vieuxtemps Guarneri“ erzielte sogar einen Rekorde zerschmetternden Preis von sage und schreibe $16 Millionen.

David Heifetz
Die 1740er „David, Heifetz Guarneri del Gesù (Quelle: The Strad Magazine)
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Kulturangebot auch in Quarantäne

Die Corona-Krise trifft den Kulturbetrieb hart. Museen sind geschlossen und das Livegeschäft beinahe vollständig auf Eis gelegt worden. Dass ein breites Kulturangebot gerade in schweren Zeiten Mut und Hoffnung spenden kann, hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. Um die Versäumnisse abzufedern und auch in Zeiten der Quarantäne ein Kunst und Kulturprogramm zu schaffen, haben sich verschiedene Einrichtungen diverse Aktionen ausgedacht. Trotz Social-Distancing können so die wichtigsten Museen der Welt besucht und die Lieblingskünstler unterstützt werden.

Die Welt bereisen

Der Youtube-Kanal, Wanderlust Travel Videos, hat in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Sammlung an virtuellen Rundgängen angelegt. Egal ob Prag, Utrecht oder Paris, der Kanal befriedigt das Fernweh in Zeit von Grenzkontrolle und Reisewarnungen. Auch das wohl berühmteste Museum der Welt findet auf dem Kanal eine Plattform.

United-We-Stream

Zur Rettung der Berliner Clubszene streamen bekannte DJs jeden Abend Livesets aus den besten Berliner Clubs in die Welt. Lokal trifft auf viral. Das Geld geht zu einen Teil an direkt an die Clubs und fließt zum anderen Teil in soziale Projekte bspw. zur Seenotrettung. Perfekt für alle, die durchzechte Nächte und elektronische Musik vermissen und darüber hinaus in Not geratene Clubs und Menschen unterstützen möchten.

Arsenal Indie-Kino

Das Arsenal-Kino in Berlin wird von einem gemeinnützigen Verein zur Kulturvermittlung geführt und verfügt über ein breites Archiv an Independent-Filmen und Dokumentation. Während der Corona-Beschränkungen stellen die Verantwortlichen alle Filme der Welt kostenlos zur Verfügung. Das Archiv findet ihr hier.

Das Programm variiert jede Woche und bietet abwechslungsreichen Content, der so nie auf den großen Leinwänden zu sehen sein wird.

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Langeweile in Quarantäne? Theaterfans aufgepasst!

Theater in Corona-Zeiten - Weitermachen um jeden Preis?
Leere Theatersäle überall (Unsplash/Peter Lewicki)

In den Zeiten von Corona sitzen viele Theaterfans zuhause und vermissen es, die Bühnenluft zu schnuppern. Leider sind Großveranstaltungen zur Zeit unmöglich, denn wir versuchen alle dazu beizutragen, dass sich der Virus nicht weiter ausbreitet. Glücklicherweise gibt es einige Angebote, die euch die Wartezeit etwas verkürzen können. Oper, Musical und Theater – für jeden ist etwas dabei!

1. Tägliche Streams bei der Metropolitan Opera

Oper in HQ – so viel sehen sie im Theater nicht! (metopera.net)

Für viele Opernliebhaber ist es ein Traum, einmal eine Oper in der Metropolitan Opera zu sehen. Leider ist es bis New York kein Katzensprung, deswegen greifen viele auf die offiziellen Mitschnitte der verschiedenen Stücke zurück. Um Kulturfans die Quarantäne etwas zu erleichtern, streamt die MetOpera jetzt jeden Abend einen anderen Mitschnitt ihrer „Live in HD“-Serie, dabei auch Klassiker wie Verdis Aida oder Mozarts Le Nozze di Figaro. Die Streams sind insgesamt 23 Stunden verfügbar. Den aktuellen Spielplan findet ihr auf ihrer Website.

2. Andrew Lloyd Webbers Musicals auf Youtube

Das Phantom der Oper, Ausschnitt auf Youtuber

Die Musicals von Andrew Lloyd Webber sind seit langem einer der wichtigsten Bestandteile der Szene. Das Phantom der Oper, Cats und Evita sind Haushaltsnamen und bei groß und klein beliebt. Der Komponist selbst teilte Anfang April mit, dass ab sofort jeden Freitag eines seiner Musicals auf Youtube als Stream für 48 Stunden zur Verfügung gestellt wird. Der extra dafür erstellte Kanal „The Shows must go on“ (dt. „Die Vorstellungen müssen weiter gehen“) hat zur Zeit mehr als 1,1 Millionen Abonnenten, die jede Woche auf die neue Vorstellung hinfiebern.

Musicalfans im siebten Himmel

Bis jetzt gab es die vier Musicals Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat, Jesus Christ Superstar, Das Phantom der Oper und seine Fortsetzung Love Never Dies zu sehen.

3. Das Berliner Theatertreffen online

Für viele Theaterfans eine schlechte Nachricht; Das große Berliner Theatertreffen wurde abgesagt! Glücklicherweise haben auch sie jetzt auf digital umgeschaltet, wie die Süddeutsche berichtet und werden ab dem 1. Mai sechs Theater-Inszenierungen kostenlos online zeigen. Mehr Informationen dazu findet ihr auf ihrer Website.

Hamlet
Erster Stream on Demand: Hamlet vom Schauspielhaus Bochum (Sandra Hüller

© JU Bochum)

So sieht die Quarantänezeit direkt viel besser aus! Das sind nur drei von vielen kulturellen Angeboten, falls dir hiervon nichts zusagt, gibt es noch unzählige andere. Viel Spaß beim Streamen!