Gerüchte, Rankings und Algorithmen bestimmen den Arbeitsalltag von Journalisten. Immer öfter wird nicht nur untereinander über die Qualität im Journalismus gesprochen. Längst hat das Thema auch das Publikum erreicht. Gibt es sowas wie Qualität im Journalismus noch? Ja, gibt es!
Die Qualität im Journalismus schwindet. Sagt das Publikum. Und hinter vorgehaltener Hand auch viele Journalisten. Erstere sehen ihre Bestätigung im Fall Claas Relotius, dessen Name für viele zum Synonym für journalistische Täuschung geworden ist. Letztere bemängeln den Einfluss der PR- und Werbebranche, Google als Übermacht, fehlenden qualifizierten Nachwuchs und die generell schlechte wirtschaftliche Situation der Medien.
PR-Einfluss, Google-Rankings und Algorithmen
Der PR-Einfluss wächst. Alles andere zu behaupten wäre naiv. Sie wird stärker, weil sie die Schwächen des Journalismus kennt und ausspielt. Starke Aussagen, griffige Kontroversen und steile Themen. Wer sich dem beugt, darf die PR nicht an den Pranger stellen. Auch Google ist mit seinen Algorithmen ein nicht zu unterschätzender „Big-Player“ – Rankings sind wichtig. Aber wie man diese Algorithmen für sich und seine Inhalte nutzt, muss man lernen und kann man lernen. Das erfordert Know-How, Flexibilität und Engagement. Wer das nicht hat, wird abgehängt. Wie überall anders auch.
Und ja, der Medienlandschaft geht es nicht gut. Daran sind aber, besonders im Print, weniger die Inhalte, als das Marketing verantwortlich. Das Publikum, mit seiner Kritik an schwindender Qualität, fördert und stärkt mit hohen Quoten und vielen Klicks quantitative Formate.
Der journalistische Nachwuchs schwächelt nicht
Dass der Nachwuchs nicht qualifiziert genug ist, und immer mehr Medienhäuser Schwierigkeiten haben, ihre Ausbildungskontingente zu füllen, ist ein hartnäckiges Gerücht. Das so plakativ ist, dass es nicht stimmen kann. WDR, Deutschlandradio und RTL haben in den letzten zehn Jahren qualitativ kaum Unterschiede feststellen, geschweige denn von einer Qualitätsabnahme sprechen können.
Neue Gemengelage
Eher sollte man sich mit einer allgemein neuen Gemengelage auseinandersetzen, die zeigt, dass mit Nischen und Special-Interest-Themen, Bürgerjournalismus und Werbung im journalistischen Stil, eine neue journalistische Ausrichtung notwendig wird. Die Wünsche und Erwartungen der Leser werden vielfältiger und differenzierter. Sich an den Interessen des „einen Rezipienten“ zu orientieren wird damit immer schwieriger.
Dennoch sind relevante Leitmedien wichtig. Sie selektieren, gewichten und ordnen die relevanten Geschehnisse einer Gesellschaft ein. Sie bieten Orientierung, in einer Zeit, in der Information ungefiltert ins Netz geladen werden.
Damit der Nutzen nicht verkannt wird, ist das Gebot der Stunde Transparenz. Denn Transparenz klärt auf, macht Sachverhalte und Prozesse sichtbar und schafft Glaubwürdigkeit. Und Glaubwürdigkeit ist die Währung, mit der heute in den Qualitätsjournalismus von morgen investiert wird.
Transparenz als Gebot der Stunde
Das sehen wir im Relotius-Fall, mit dem „Der Spiegel“ progressiv an die Öffentlichkeit gegangen ist, Fehlerquellen aufgedeckt und neue Qualitätssicherungen eingeführt hat. Das sehen wir auch bei den Tagesschau-Moderator*innen und Redakteur*innen, die sich im Livestream auf Facebook mit Fragen, Kritik und weit mehr als Kritik auseinandersetzen.
Immer mehr Journalist*innen nutzen Social-Media um Einblicke in ihre Arbeitswelt zu geben. Und auch, um sich mit ihrer „Community“ auszutauschen. Das ist nicht albern, das ist wichtig. Wichtig für den Beruf und wichtig für die Qualität der Inhalte. Denn es schafft Transparenz und Glaubwürdigkeit. Und das brauchen wir für die Zukunft.
Die Qualität im Journalismus schwindet nicht, sie verändert sich. Das bedeutet mehr Technik, mehr Flexibilität, mehr Engagement und sehr wahrscheinlich mehr Social-Media.
Quelle: Pixabay, kaboompics
Schreibe einen Kommentar