Kunst ist in einem höheren Sinne, wie Theodor W. Adorno in seiner „Ästhetischen Theorie“ schrieb, unfertig. Vielleicht ist es darum Kennzeichen der Art Cologne als der Welt ältesten Kunstmesse, irgendwie nicht fertig zu werden. Jedenfalls nicht rechtzeitig. Da wird noch geschraubt und gebohrt, gehängt und verlegt. Hier schwingt jemand, wenn auch kunstvoll, noch den Staubsauger. Dort wird mit Bohrmaschine und Hammer der Widerständigkeit des Kunstwerks mit rabiaten Mitteln zu Leibe gerückt — wenn das Adorno wüsste!
Natürlich will man sich als Messe wie als Aussteller von seiner besten Seite präsentieren und putzt sich deswegen heraus, wie es nur geht. Aber der Termin der Messeeröffnung kommt ja nicht wirklich überraschend: Hätte man mit dem Unfertigen nicht etwas früher fertig werden können?
Oder beruht diese Ansicht womöglich auf einem schwerwiegenden Missverständnis: Dass nämlich womöglich all das Räumen und Säumen einen viel tieferen Sinn hat, dass das Unfertige in so vollständigem Maße zum Konzept gehört, dass die Art Cologne selbst dann nicht fertig ist, wenn sie längst rum ist? Und das führt zu noch komplizierteren Fragen: Was ist überhaupt Kunst und was ist Krempel? Wir erinnern uns mit wohligen Schauern jener Fettflecken, denen die Putzfrau Herr zu werden versuchte. Oder der Beus’schen Badewanne, die als Bierkühler herhalten musste. Die Palette mit den Exponaten gehört womöglich zur Installation. Und die Männer, die ein Etwas aus rotem Plastik schleppen, sind Performance und werden jeden Tag, gar jede Stunde aufs Neue ihren schweren Weg durch die Gänge der Art Cologne durchschreiten. Der Steinhaufen soll womöglich so, genau so dort ausgestellt sein, wie er angerichtet wurde. Oder der Kistenstapel mit der Plastikwasserflasche: Keine vergessene Traghilfe, sondern in Wahrheit ein gesellschafts-kritischer Verweis auf knappe Ressourcen in der globalisierten Welt? Hier muss der Kunstsinnige eben zum Hintersinnigen werden, muss um die Ecke denken, hermeneutische Tiefen ausloten — oder eben selbst mit anpacken, Kunst aufräumen und für Ordnung sorgen, entweder für Ordnung im Kopf oder für Ordnung in den Kölner Messehallen. Für Baumaterial, Werkzeug und genügend Fläche ist auf den neuerdings drei Ebenen der Kölnmesse jedenfalls gesorgt. Und was nicht gebraucht wird, das kommt eben in die Kiste. Oder sind die Kartons, die da herumstehen, etwa auch Kunst? Da kommt dann wohl der Deckel drauf. Übrigens: Die nächste Art Cologne wird vom 13. bis 16. April 2016 stattfinden. Nur mal so als Tipp …
(von Filippo Meier)
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