Kulturgutschutzgesetz – Lebensabend des deutschen Kunsthändlermarkts?

Ein gut gekleideter Mann nähert sich, auf sein Handy schauend, aus dem Hintergrund. Er hat das Wort Kulturgutschutzgesetz gehört. Ein letzter Check der Nachrichten und Instagram Posts auf seinem Smartphone, dann ist er zu einhundert Prozent im Thema. Nicht irgendjemand spricht über die Thematik, dass den deutschen Kunsthandel seit geraumer Zeit belastet. Es ist Thole Rotermund, Schatzmeister beim Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler e.V. (BDVG) in Berlin. Ein buntes Einstecktuch rundet sein Outfit ab und ziert sein blaues Sakko.

Die im August 2016 in Kraft getretene Fassung des Gesetzes zur Regelung für Einfuhr, Ausfuhr und Sorgfaltspflichten für den gewerblichen Handel mit Kunst der EU Länder betrifft den Kunstexperten an vorderster Front. Die Regelung, die sich Kulturgutschutzgesetz schimpft, gibt es nicht erst seit Gestern. Seit 1955 versucht die Politik mit dieser Vorgabe den Markt zu regulieren. Und gefährdet dadurch die Existenz des deutschen Händlermarkts.

Rotermund hat ein einleuchtendes Beispiel, um den Irrsinn dieses Gesetzes zu verdeutlichen: Ich besitze eine römische Statue, die ich von meinem Vater geerbt habe. Diese steht in einem Ferienhaus in Österreich. Wenn ich die Statue von Österreich in meine Wohnung nach Hamburg einführen möchte, dann brauche ich zuerst eine Ausfuhrgenehmigung aus Österreich (diese ist dank der lockeren Gesetzgebung in Österreich relativ leicht zu bekommen). Habe ich die Ausfuhrgenehmigung, brauche ich eine Einfuhrgenehmigung nach Deutschland, weil das Kunstwerk antik ist. Dafür muss ich beweisen, dass dieses Stück rechtmäßig aus Italien ausgeführt worden ist. Wir gehen davon aus, mein Vater habe dieses Stück 1952 in einem Geschäft in Belgien gekauft. Das Problem vor dem wir jetzt stehen ist, dass es diese Ausfuhrgenehmigung nicht gibt. Fragt man in Italien nach, sagt man dort, wir kennen die Statue nicht. Wenn ich das Stück jetzt einführen möchte, sagt der Zoll, dass es ohne Urkunde nicht möglich ist. Dabei geht es jetzt nicht einmal um den Verkauf, sondern nur im Bewegung des Objekts. Das betrifft also nicht nur Kunsthändler sondern auch Privatpersonen.“

Welche ökonomischen Nachteile sich dadurch für den gewerblichen Kunsthandel aufzeigen, lässt sich leicht ausmalen.

Der Schatzmeister des BDVG beobachtet diese Entwicklung mit großer Sorge und deutet deutlich verzweifelt an, wohin der Weg für den deutschen Kunsthandel gehen könnte. „Deutschland hat nach Italien die strengsten Gesetze für Nachweis und Sorgfalt. In Italien gibt es keinen Kunstmarkt mehr.“

Auch der Antikenhändlermarkt in Deutschland stirbt aus. Ohne lückenlose Provenienz bei Werken mit einem Alter von 250 Jahren oder mehr, darf das Werk weder eingeführt, noch verkauft werden. „Der Kunsthandel wird sehr stark behindert“ bedauert Rotermund.

Das 2016 verschärfte Kulturgutschutzgesetz, das für die Händler in Deutschland existenziell bedrohlich ist, sieht die Politik jüngst als Verhinderung von Unterstützung radikaler Organisationen. „Es hieß von Seiten der Politik, der IS werde durch Drogen, Waffengeschäfte und Raubkunst finanziert.“ Rotermund belächelt diese These müde. „Es gibt schlichtweg keine Beweise dafür. Im Gegenteil. Es gibt Studien die diese Behauptungen widerlegen“

Auch laut Kristian Jarmuschek ist die Sanktionierung des Handels von Kunstwerken aus gewissen Krisenregionen deutlich sinnvoller.

Daniel Nelsen, Georg Bertram