Flughafen Doha – hohe Luftfeuchtigkeit, satte 26 Grad Celcius. Am Zoll liegt eine große Holzkiste. In ihr vegetieren wertvolle Aquarellgemälde vor sich hin. Zahlreiche Schauergeschichten werden ausgepackt, wenn es um das Thema „Kunst auf Reisen“ geht. Von dem Gabelstapler-Rowdy, der eine kostbare Fracht auf dem Flughafen-Vorfeld verliert bis hin zu „last minute“ Schweißer-Arbeiten in der Ausstellungshalle, die den unverpackten Gemälden gefährlich nahe kommen. Risiken lauern an jeder Ecke, wenn ein Exponat die (meist) sichere Umgebung seines ihm angestammten Platzes verlassen muss. Versicherungen sowie technischer Einsatz können viele Risiken minimieren, wie der Versicherungsmakler Dr. Stephan Zilkens sagt. Aber es bleibt fraglich, ob die Versicherungswirtschaft für alle verbleibenden Risiken Lösungen offerieren kann.
Den Besuchern des 4. Kunstversicherungsgespräches, welches heute auf der ART COLOGNE unter der Leitung von Zilkens stattfand, treibt es bei solchen Geschichten sichtbar den Puls in die Höhe. Unter ihnen befinden sich Museumsdirektoren, Privatsammler, Versicherungsmakler, Restauratoren, etc. – also alles potentielle Leihgeber, bzw. Leihnehmer. Die meisten unter ihnen nehmen den Leihverkehr und die Komplexität der obligatorischen Leihverträge gerne auf sich, denn es gilt,die Kunstpflege und das Kulturgut zu erhalten. Schließlich gewähren sie durch Leihgaben auch anderen Orten dieser Welt den Zugang zu grandiosen Kunstwerken.
Unter dem Arbeitstitel „Kunst on Tour“ wurde am Donnerstag über die Gefahren, aber auch Nutzen des Leihverkehrs für Sammler, Galerien und Spediteure diskutiert. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stefan Kobel, preisgekrönter Journalist für den Kunstmarkt. Das Podium war mit hochkarätigen Experten besetzt, die sich mit Fragen rund um den Leihverkehr von Kunstwerken beschäftigten. Die Gesprächsrunde konzentrierte sich dabei insbesondere auf die Risiken, die bei Leihgaben entstehen. Angefangen bei der Verpackung der sensiblen Fracht über politische und historische Implikationen bis hin zu den Restitutionsansprüchen. „Der internationale Verkehr erfordert eine hohe Expertise aller Beteiligten“ plädiert Kai Kuklinski von der AXA Art in Köln. Leihverkehr im Kunstbereich und die zugehörigen Versicherungen weisen komplexe Anforderungen auf, da man sich in einem nicht standardisierbarem Raum befindet.
Diese erforderliche Expertise ist im Leihverkehr auch meist gewährleistet, die oben erwähnten Geschichten sind zum Glück nur bedauerliche Einzelfälle und dienen der Abschreckung. Eine qualitativ hochwertige Leihkette funktioniert vor allem dann, wenn sie von Anfang an begleitet wird, wie Tina Köhler von dem Haus der Kunst in München unter Beweis stellt. Unter ihrer Schirmherrschaft werden regelmäßig Kunstwerke auf Tournee geschickt. Beispielsweise wird eine Ausstellung von Louise Bourgeois bald in 12 LKW’s verladen werden und von Moskau über Bilbao bis hin nach Louisiana touren. Werden die Ausstellungsorte vorher besucht, idealerweise gemeinsam mit den Versicherern und zuständigen Spediteuren, kann der Leihverkehr ganz entspannt ablaufen, so Köhler.
Die meisten Podiumsgäste, wie auch Lucas Elmenhorst, DTB Rechtsanwälte Berlin, plädierten außerdem mit Nachdruck darauf, individuelle Leihverträge für Ausstellungen auszuhandeln- dies gilt vor allem für Privatsammler! Viel zu wenig Leihgeber beharren auf ihrem Recht, die Verträge zu ihren Konditionen aufzustellen und die Gestaltungsspielräume auch wirklich auszunutzen.
Aber nicht nur Privatsammler, sondern auch Museen müssen sich oft mit Leihverträgen auseinandersetzten. „Ausstellungen gehören zum Bildungsauftrag von Museen. Leihverkehr gehört dazu wie das Salz in der Suppe“ sagt Sabine Falke von Falke Consulting Düsseldorf. Kunstrechtliche Vertrags- und Haftungsfragen müssen ebenso bedacht werden, wie die richtige Auswahl von Transport und die damit einhergehende Bestimmung der Transportfirma. Museen müssen aus finanziellen Gründen oft an der Verpackung der Werke sparen, im Zweifel gilt aber auch hier das Motto „Better safe than sorry“!
Die Hasenkamp Holding GmbH ist eine der renommiertesten Transportgesellschaften auf dem Kunstmarkt und war durch Hans-Ewald Schneider ebenfalls auf dem Podium vertreten. Bei den unzähligen Gemälden, die der Hasenkamp Spedition anvertrauten wurden, ist noch nie etwas schief gelaufen. Allerdings sagt er augenzwinkernd: „Wir nähern uns statistisch gesehen dem Major-Desaster“.
Wir sind uns sicher, dass auch hier alles wie bisher glattlaufen wird und weiterhin Menschen weltweit in den Genuss von Kunstwerken kommen werden – nicht zuletzt durch die engen Kooperationen von Spediteuren, Museen, Privatsammlern und den vielen weiteren Akteuren der internationalen Kunstszene.
Autor: Marine-Estelle Aurélie Stopp
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