Wenn Besucher der Welt älteste Kunstmesse, die Art Cologne, besuchen, so wollen sie zeitgenössische Kunst sehen, sich in avantgardistische Exponate versenken, den Blick über die Großtaten unserer Kultur schweifen lassen. Was aber betrachten die professionellen Sachwalter der „contemporary art“, wo hinein versenken sich während ihres Kölner Aufenthalts die Galeristen? Gewinnen auch sie noch ständig neue Perspektiven, erschließen sie sich ebenfalls Einblicke ins Noch-nicht-Gesehene? Die, die fünf Tage lang das Privileg genießen, mit Kunst und nichts als Kunst umgeben zu sein, sind sie die großen Profiteure des Kunstsinns?
Die Antwort ist so schlicht wie erschütternd: Nein. Der Blick des gemeinen Galeristen scheint nur auf eines gerichtet, nämlich auf sein Smartphone. Wer durch die Kölner Messehallen während der Art Cologne schlendert, der sieht an den Ständen und Ausstellungsflächen lauter smarte Kunstprofis mit Smartphones. Dient die Kunst als Verkaufsobjekt hauptsächlich dazu, Immobilien zu verschönern, sind die Verkäufer eher ihren Mobile Phones zugetan. Kunst schafft Zusammenhänge, stellt ungewöhnliche Verbindungen her, spinnt Netzwerke, doch die Kunstkenner interessieren sich offenbar eher für soziale Netzwerke als für artistische.
So viel scheint zeitgenössische Kunst wohl doch nicht zu sagen zu haben. Oder jedenfalls nicht so viel, wie ihre bemerkenswertesten Kenner durchs Mobiltelefon erfahren können. Wo das Handy spricht, schweige die Kunst. Halt, ganz richtig ist das natürlich nicht. Es ist nicht immer das Handy, das zum Galeristen spricht. Manchmal ist es auch ein Tablet. Und am Laptop sieht man auch viele Kunsthändler — selbstredend nur solche Fabrikate der Marke Apple, so viel Sinn für Design muss dann schon sein. Mancher Galerist sieht beinahe wie seine eigene Inszenierung aus wie jener Jüngling vor grüner Wand mit weißen Rosen. Merke: Macbook und Smartphone kollaborieren aufs feinste, ein Hoch aufs präemptive Multitasking!
Die Popularität des Smartphones kontrastiert in auffälliger Weise mit seiner Abwesenheit im zeitgenössischen Kunstkontext. War noch vor einigen Jahren die Medienkunst ein fester Bestandteil der Art Cologne, ist die Abwesenheit von Monitoren, Handys und Smartphones als künstlerische Objekte fast schon eine programmatische Aussage. Ihre Allgegenwart im Galeristen- und Ausstelleralltag verträgt sich vermutlich nicht mit dem auratischen Charakter des Kunstwerks, selbst wenn es sich um Apple-Produkte handelt, die ja selbst beinahe religiöse Verehrung erfahren. Einzig die „Chicks on Speed“ haben aus der Smartphone- und Tablet-Not eine Tugend gemacht und die mobilen Endgeräte in ihre Installation „Neuro-Sleep-Production-Symphony“ eingebaut. Apple unser, geheiligt werde Dein Name!
Autor: HHA