Rundgang durch die grüne Stadt
Großstadt Köln: Verrußt, vermüllt, verdreckt? Nein, Köln ist wirklich eine grüne Stadt. Man muss nur auf Entdeckungstour gehen.
In den letzten Jahren hatte die Stadt Köln mit zu hohen Abgaswerten zu kämpfen. Vor allem an den Straßen herrschte damals eine hohe Stickstoffdioxid-Belastung. Zu viele Menschen mit zu vielen Autos auf zu wenig Raum. Wenn man Köln hört, denkt man an überfüllte Straßen, Hochhäuser und Lärm, aber nicht an eine grüne Stadt. In der viertgrößten Metropole Deutschlands geht man wirklich nicht davon aus, dass sich zentral in der Stadt wunderschöne Grünflächen befinden sollen. Wälder und weitläufige Parks inmitten einer Metropole wie Köln, mit gut einer Million Einwohner? – Wirklich nicht vorstellbar. Aus diesem Grund war ich einen Tag lang auf der Suche nach schönen, naturbelassen Ecken in der Stadt Köln. Ich wollte mich vom Gegenteil überzeugen lassen.
Ich hatte von einem kleinen Strand im Grünen gehört, den es angeblich in Rodenkirchen gibt. Dieser soll nur von Natur umgeben sein. Einen Strand mitten in Köln? Das hat mich neugierig gemacht, und sofort machte ich mich auf den Weg dorthin.
Kölsche Riviera
Angekommen am Rodenkirchener Bahnhof ist es laut und chaotisch. Überall sprinten Menschen von oder zur Bahn. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, schreit der Dieselmotor eines Stadtbusses auf und Autos drängeln sich hektisch über die Straße. Mir ist der Trubel zu viel. Ich laufe deswegen sofort los in Richtung Rhein. Zu meiner Überraschung stehe ich nach 10 Minuten plötzlich am Anfang einer von Bäumen gesäumten Promenade. Rechts sind moderne Einfamilienhäuser, die sich mit wunderschönen Altbauten abwechseln. Links sind Wiesen, Bäume und tatsächlich Sandstrände.
Ich verlasse die Straße, um über einen Kiesweg die Wiesen und das Ufer zu erreichen. Ich schlängele mich zwischen Joggern und Radfahrern durch, die vor der Arbeit noch die kühlen Temperaturen zum Sport nutzen. Nachdem ich an einem kleinen Waldstück vorbei gegangen bin, erreiche ich den weißen und feinen Sandstrand direkt am Rhein. Ich bin umgeben von Sträuchern, Gräsern und Trauerweiden. Von weitem sehe ich sogar die Domspitzen. Ich bin so nahe und doch so fern von dem städtischen Alltag. 15 Minuten fährt man von der Innenstadt mit der Bahn, bis man sich an der Kölschen Rivera wiederfindet und den stressigen Alltag vergessen darf. Doch einen Haken hat der Besuch am Rodenkirchener Strand leider: Man darf dort nicht schwimmen gehen. Unter den alten Trauerweiden gibt es aber viele gemütliche und romantische Plätze, um sonnige Tage zu genießen. Einen Besuch am Strand, abseits vom Stadtgeschehen, ist optimal, um zurück zur Natur zu finden und den grauen Plattenbau hinter sich zu lassen.
Jetzt geht es weiter nach Lindenthal. Dort soll es mitten in der Stadt einen richtigen Wald geben. Das möchte ich mir näher anschauen.
Kostenlose Attraktionen mitten in der Stadt
Der Stadtwald in Lindenthal liegt mitten in Köln. Viertel wie Ehrenfeld, Sülz und Junkersdorf umschließen die zentrale Grünfläche. Mit 205 Hektar ist der Stadtwald sehr weitläufig und bietet Platz für viele Freizeitaktivitäten. Ich muss von der Bahnstation nicht mal 20 Meter laufen, um am Rand des Walds zu stehen. Ich laufe hinein und bin sofort von hohen Tannen, weitläufigen Grünflächen und Kieswegen umgeben. Einer der Wege führt direkt zu einem Weiher mitten im Wald, der zahlreichen Gänsen und Enten ein Zuhause schenkt.
Quer durch die Grünfläche, über eine wenig befahrene Straße, gelangt man zu einem Tor. „Herzlich Willkommen im Wildpark“ steht hinter dem abgezäunten Grundstück auf einem Schild. Das Tor ist offen und niemand da, der Eintritt verlangt. Ich sehe, dass hinter den Gittern freilaufende Schafe sind. Zuerst stehe ich ein wenig verdutzt am Eingang. Dann kommt plötzlich ein nettes, älteres Pärchen und öffnet das Tor. Ohne weiteres gehen die beiden hinein.
„Wirklich kostenfrei und offen für Besucher“, denke ich mir und gehe auch in den Park. Kaum eingetreten, kommen die ersten Schafe auf mich zu, natürlich auf der Suche nach Futter. Den Spaß lasse ich mir nicht nehmen und kaufe am Eingang für 50 Cent eine Packung Tierfutter für die niedlichen Wesen. Beim Füttern lerne ich Isabel Kaiser kennen. Sie ist auch das erste Mal zu Besuch im Lindenthaler Tierpark und begeistert von dem kostenfreien Angebot mitten in der Stadt. „Ich wohne in der Innenstadt und habe nicht mal 10 Minuten gebraucht, um hierher zufahren. Der Stadtwald ist toll, um mal dem städtischen Alltag zu entfliehen. Ich komme bestimmt wieder“, so Isabel.
Nach dem Gespräch gehe ich weiter zum Eselgehege. Von dort aus entdecke ich zwei Mitarbeiter des Tierparks. Ich laufe schnurstracks auf die beiden Herren zu, in der Hoffnung, ein paar Informationen zu dem Park bekommen zu können. Ich hatte Glück: Einer der Männer, Thomas Ensch, ist der Parkleiter. Herr Ensch berichtet mir, dass hier über 200 Tiere auf 12 Hektar zusammenleben. „Die Tiere leben frei und haben genügend Auslauf. Zudem gibt es viele Rückzugsmöglichkeiten, wenn ihnen der Menschentrubel zu viel wird.
Die Besonderheit des Parks ist, dass er mitten in der Stadt Köln liegt und trotzdem nur von Natur umgeben ist. Der Wald bietet die optimale Möglichkeit, aus der Stadt direkt in die Natur zu gelangen. Hier erfährt man viel über die Umwelt und die Tiere, die bei uns leben. Der Park gehört der Stadt und wird von dieser mitfinanziert. Jedoch werden wir auch tatkräftig von dem ‚Verein der Freunde und Förderer des Lindenthaler Tierpark e.V.‘ unterstützt“, so Herr Ensch.
Mehr Grünfläche geht nicht
Ich genieße noch etwas die Zeit im Tierpark, bevor ich mir einen etwas unbekannteren Park anschauen möchte: Den Blücherpark, Ehrenfeld. Ich wohne selbst in Ehrenfeld, bin aber noch nie dort gewesen. Hier in Köln fährt man zum Aachener Weiher oder zu den Poller Wiesen, wenn man draußen in der Sonne entspannen möchte. Ehrenfeld ist eher bekannt für seine Szeneclubs und seine alternativen Shops. Aber definitiv nicht für seine Grünflächen. Daher bin ich besonders neugierig, was mich in meinem Heimat-Veedel erwartet.
Auf dem Weg nach Hause kommt mir noch die Idee, einen Abstecher in den Inneren Grüngürtel zu machen. Der Park liegt auf dem Weg und ich habe noch nie den Fernsehturm Colonius von Nahem gesehen. Ich steige am Hans-Böckler-Platz aus. 200 Meter neben der Bahnstation beginnt der Grüngürtel schon. Ich stehe vor einer weitläufigen Wiese, die in beide Richtungen nicht zu enden scheint. Gegenüber von mir entdecke ich den 266 Meter hohen Fernsehturm. Umgeben von Wiesen, wirkt er noch gewaltiger. Nachdem ich meinen Blick von dem Gebäude abwenden kann, spaziere ich weiter durch den Park. Links und rechts von mir sind einige Spielplätze. Auf der Wiese spielen Hunde mit ihren Besitzern und am Rand der Grünfläche grillen die Ersten. Zwischen Bäumen und Sträuchern entdecke ich einige Besucher mit einem Buch in der Hand oder schlafend mit Kopfhörern im Ohr. Der Innere Grüngürtel ist sieben Kilometer vom Rhein entfernt und verbindet Köln Riehl mit der Luxemburger Straße. Der Park ist die größte Grün- und Erholungsfläche der Stadt.
Französisches Flair in Ehrenfeld
Nach meinem Abstecher in den Inneren Grüngürtel geht es jetzt weiter zum Blücherpark. Vom Lenauplatz aus laufe ich zehn Minuten, bis ich am Anfang des Gartens stehe. Links erstreckt sich eine weite Grünfläche, rechts zeigt sich ein schöner Blumengarten.
Dahinter ein Weiher mit Wasserfontäne. Gegenüber von mir, ein wenig erhöht, beginnt eine kleine Allee. Ich laufe zum Weiher und treffe dort Tabea Dörflinger. Sie besucht den Blücherpark häufiger.„Hier ist es nicht so überfüllt, wie auf den gängigen Grünflächen in Köln. Deswegen komme ich besonders gerne nach Ehrenfeld“, berichtet sie mir und spaziert noch eine Runde durch den Park.
Mittlerweile ist es schon später Nachmittag und ich entscheide mich dafür, den Tag hier im Blumengarten ausklingen zu lassen. Der kleine, aber schöne Park in Ehrenfeld ist wirklich einen Besuch wert. Im Gegensatz zu anderen Grünflächen in Köln ist der Blücherpark sehr ruhig und wenig besucht. Durch den Blumengarten am Weiher und der angrenzenden Allee, fühlt man sich direkt wie im Urlaub. Die Atmosphäre erinnert ein wenig an Frankreich, wenn man zu Besuch an der Loire ist. Der Park hat ein bestimmtes Flair, das einen auf andere Gedanken bringt und weg vom täglichen Trott.
Köln ist doch grüner, als man denkt. Statistisch gesehen befand sich die Rheinmetropole 2016 im guten mittleren Bereich, was Grün- und Erholungsflächen angeht. Städte wie Hamburg, Dresden und Stuttgart waren den Rheinländern einen kleinen Schritt voraus, doch Köln hält sich wacker. Vor allem auf die Luftqualität und den Klimaausgleich wirkt sich die Natur positiv aus. Parks und Wälder sind aber nicht nur für das Klima relevant. Sie bieten tolle Erholungsflächen, um den städtischen Alltag hinter sich zu lassen.
Ich bin einen Tag lang unterwegs gewesen und habe in der Zeit nur vier Grünflächen geschafft. Noch zahlreiche weitere Parks hält die Stadt Köln für Besucher bereit. Der Aachener Weiher lädt abends zu einem gemütlichen Picknick ein. Der Beethovenpark in Sülz ist auf Grund seiner unberührten Natur sehr beliebt und die Poller Wiesen, auf der anderen Rheinseite, sind perfekt, um am Wasser den Sonnenuntergang zu genießen.
Text: Jasmina Wolschinsky