Schlagwort-Archive: Köln

Hinger dr Britz im Hänneschen-Theater

Die Gässchen in Knollendorf sind menschenleer. Die Straßenlaternen spenden keinerlei Licht. Die Lädchen sind geschlossen. „Hinger dr Britz“ im Hänneschen-Theater am Eisenmarkt ist Mittagspause. Hinter der Bühne ist es kühl und dunkel. Bis zu vier Kilo schwere Puppen und Requisiten warten am Rand auf ihren nächsten Auftritt. Die Instrumente sind spielbereit und die Bühnenbilder hängen fest verankert in ihren Scharnieren an der Decke.

Die Puppen am Rande der Bühne

Neben den Puppen stehen Kutschen und Vögel auf dünnen Metallstäben, damit sie über die Bühne „fliegen“ können. Seit 1802 ist das die 17. Bühnenstation des Hänneschen-Theaters im Martinsviertel. Tag für Tag lüftet sich der Vorhang, der fiktiven Stadt Knollendorf, für die Besucher und bringt sie alle zum Lachen. Die Veedelgeschichten berühren und amüsieren. 

Vom Logistiker zum glücklichen Puppenspieler 

Michael Danz und Tünnes

Michael Danz ist seit Februar 2018 festes Mitglied im Ensemble des Hänneschen-Theaters in der Kölner Altstadt. Er hat die Nachfolge von Hans Fey angetreten, der weit mehr als 30 Jahre den Mählwurms Pitter spielte. Neben dem Mählwurms Pitter, dem Wirt der Stammkneipe in Knollendorf, spielt Danz auch Besteva, den Großvater vom Hänneschen. Michael Danz nutze im Februar letzten Jahres die einmalige Chance: Endlich raus aus der Logistik Branche und Puppenspieler im Hänneschen Theater werden. „Die Bewerbung habe ich natürlich auf Kölsch geschrieben, wie sich das gehört.“, erzählt Michael Danz. Die Einladung zum Vorsprechen ließ nicht lange auf sich warten und das Ensemble hat sich noch am nächsten Tag für ihn als Nachfolger entschieden. Michael Danz erzählt, dass die anderen zwar singen konnten, aber „keiner kunt Kölsch“. Der gebürtige Südstädter trägt ein Chlodwigplatz T-Shirt und erzählt weiter grinsend: „Ich habe mich dann auf die Bank vor dem Theater gesetzt und geheult wie ein kleines Kind.“ Michael Danz durfte sein Hobby zum Beruf machen, für ihn ist es eine Ehre im Hänneschen Theater spielen zu dürfen. Die Kölsche Sprache war schon immer sein Hobby.

Auch die Puppen müssen in die Maske

Eine Puppe wird neu geschminkt

Bevor Besteva, der Großvater von Hänneschen, auf die Bühne darf, muss er noch mal in die Maske. In dem stickigen und hellen Raum reihen sich unzählige Kostümchen auf. Sie sind feinsäuberlich hinter den Glastüren sortiert. „Über 10.000 Kostüme, 750 Köpfe und 300 Körper sind in der Puppenwerkstatt gelagert“, erzählt Michael Danz stolz.

Die Fernsehköche und der Präsident

Darunter auch Prominenz: hinter den Glasfenstern grinsen die Fernsehköche Johann Lafer und Horst Lichter und nebenan schaut Donald Trump grimmig aus dem Regal.

Das nackte Hänneschen

Zwischen Farben, Pinseln, Nadeln und Fäden stehen Puppen für das kommende Stück im September. Nackte Puppen offenbaren ihren Körperbau. Danz erklärt: „Die Körperteile aus Lindenholz werden durch dicke Bänder, ähnlich wie Rollladengurte, zusammengehalten.“ Jedes Ensemblemitglied geht einer Nebentätigkeit nach. Michael Danz kümmert sich um die Reparatur der Puppen. „In den letzten anderthalb Jahren habe ich nur 10-15 Puppen flicken müssen“. Die Puppen sind also sehr robust. Die Schminke sitzt, das Kostüm passt, Besteva ist bereit für den Auftritt. 

Fläscheposs für das Hänneschen 

Der hölzerne Saal im Hänneschen-Theater

Die Bühne ist dunkel, rötliches Licht strahlt vom gleichfarbigen Vorhang sanft in den Saal. Das Publikum, vor allem Kinder, tuscheln aufgeregt auf den hölzernen Bänken. „Fläscheposs“ beginnt in wenigen Minuten. Das Kinderstück ist das Pendant zu dem Erwachsenenstück  „Farina“. Zwei der sechs Produktionen des Hänneschen Theaters pro Jahr. Die Anfänge des berühmten „Eau de Cologne“ sollen in beiden Stücken erzählt werden. Ein Gong ertönt, der Saal verstummt, Hänneschen betritt die Bühne. Er spricht hochdeutsch, überraschend, wenn man bedenkt, dass das Theater für die Kölsche Sprache bekannt ist. Doch zu früh gewundert. Hänneschen erklärt den Zuschauern nur die Basics des Kölschen Akzents und bittet alle, ihre Handys auszuschalten. Der erste Akt wird mit Gesang eingeläutet. Die Vögel wackeln, oder besser gesagt, fliegen über die Bühne, ein Schiff fährt vorbei. Hänneschen und Bärbelchen treten auf. „Damit die Puppen nicht leblos aussehen, dürfen die Stäbe nicht den Boden berühren, das geht ganz schön auf die Nackenmuskulatur“, erzählt Michael Danz. Jetzt ist erkennbar was er vor dem Stück zu erklären versuchte, die Puppen sehen erschreckend lebendig aus. Das Stück handelt von Hänneschen der ein Schulaufsatz über die Entstehung des Parfüms schreiben soll, aber keiner der Bewohner kennt sich damit aus. Plötzlich findet Hänneschen eine Flaschenpost im Wasser. „Woröm müssen die Lück eijentlich alles in e Wasser wirfe…dat kann mer doch och öntlich fott schmiesse“, ertönt Bärbelchens Stimme. Das Publikum lacht. Ob die Passage auf das Thema Nachhaltigkeit anspricht, bleibt offen, ebenfalls, ob noch mehr Leuten die Anspielung aufgefallen ist. In der Flaschenpost befindet sich ein Flaschengeist, der Hänneschen helfen kann. Eine Reise durch die abenteuerliche Kölner Parfümgeschichte beginnt. Sie ist gespickt mit unzähligen Lachern und aufregenden Ereignissen, begleitet von Musik und Gesang, in vier Akten. Spoiler: Hänneschen schafft es am Ende den tollsten Aufsatz zu schreiben, seine Lehrerin ist entzückt. Die Zuschauer sind begeistert, es gibt tosenden Applaus. Das Stück ist zu Ende. Bis auf den preußischen Polizisten, sprechen alle Bewohner Knollendorfs aus-gezeichnetes Kölsch. Zumindest für Zuschauer, die nicht aus Köln kommen. „Ur-Kölner sind auch durchaus mal kritisch. Ab und an wird auch hinter den Kulissen darüber diskutiert, wie ein Wort in Kölsch richtig ausgesprochen wird.“, erklärt Michael Danz.  

Die „Schminke“ der hölzernen Puppen

Die Detail-versessenheit des Stücks ist beeindruckend. Ob Requisiten Gestaltung, Aufmachung der Puppen oder die Diskussion um die richtige Aussprache des kölschen Akzents, beim Hänneschen-Theater wird darauf geachtet, dass alles perfekt aussieht und läuft.

„Hinger der Britz“

Neben Michael Danz, der in diesem Stück Besteva und eine andere Nebenfigur gespielt hat, sind 13 weitere Puppenspieler hinter der Bühne. „Wenn jemand gerade nicht spielt, lässt er Vögel durch die Gegend fliegen, reicht den Spielern Puppen an oder kümmert sich um etwas anderes.

Die hängenden Kulissen

Hier steht während des Stücks keiner rum.“, erzählt Danz. Neben den Puppenspielern begleiten fünf Live Musiker und 20 Puppen, davon allein vier Hänneschen, das Kinderstück. Die unter 1,80m großen Puppenspieler haben keine Zeit die Puppen während des Stücks umzuziehen, also müssen einfach mehrere, mit verschiedenen Kostümen, angefertigt werden. Unter 1,80m, weil die Köpfe der Puppenspieler nicht über der Bühne herausragen sollten, die ist nämlich nur 1,80m hoch. Die wunderschön bemalten Kulissen hängen an Scharnieren von der Decke. Sie sind somit leicht beweglich und austauschbar, da sie nach jedem Akt gewechselt werden müssen. „Die älteste Kulisse, die ich bisher entdeckt habe, ist von 1968.“ erzählt Michael Danz aufgeregt. „Mal sehen, ob ich irgendwann eine noch ältere finde.“ Über 50 Jahre alte Kulissen beweisen, wie ordentlich und gewissenhaft im Hänneschen-Theater gearbeitet wird. Hier gilt ganz klar: Qualität vor Quantität. Das gilt auch für die Stücke. Geschrieben werden die nämlich fast ausschließlich vom Ensemble und der Intendanz selbst. „Unser stellvertretender Intendant Uwe Müller ist ein hervorragender Stückeschreiber, der auch das aktuelle Stück „Farina“ und das kommende Stück „Offenbach“ geschrieben hat, die teilweise drei Stunden gehen. Die schreibt er einfach hervorragend.“, so Danz. Selten kommt es vor, dass jemand von außerhalb ein Stück schreibt. Die Leute kennen sich meist zu wenig mit dem Theater aus. „Da gibt es oft Schwierigkeiten bei der Umsetzung auf der Bühne. Die meisten wissen nicht, was man auf einer Puppenbühne veranstalten kann. Hänneschen kann nicht einfach aus dem Fenster springen.“ 

Wä en Kölle es jebore, hät e Räch  si Levve lang frei ze sin un frei ze odme jede Minsch ne freie Mann.“

Michael Danz kennt sich trotz seiner erst kurzen Zeit am Hänneschen-Theater unfassbar gut aus. Mit kontinuierlicher Begeisterung, berichtet er von seiner Arbeit und den Abläufen im Theater. Schon als Kind tauchte er mit seinen Eltern in die Welt des kleinen Hänneschen ein, dann mit seinem Sohn und jetzt darf er selbst mitspielen. Auf die Frage, ob er je noch mal woanders arbeiten möchte ruft er laut „NEIN!“ und lacht, „Ich bleibe hier“. Er zitiert eine Zeile aus dem Song der Band „Schlacht bei Worringen“ von der Band „Bäck Fööss“, die seine Situation nicht besser beschreiben könnte: „Wä en Kölle es jebore, hät e Räch  si Levve lang frei ze sin un frei ze odme jede Minsch ne freie Mann“

Die Puppe Jaque Offenbach für das kommende Stück

Jetzt geht es für Michael Danz erst mal auf Europa Tour mit seinem Camper, um Texte zu lernen und den Urlaub zu genießen. Ab dem 31.08 startet dann schon wieder das Stück „Offenbach – Zwesche Kölle un Paris“. 

Kölsche Vita – Das Leben in der Rheinmetropole

Kölns Geschichte ist fast 2000 Jahre alt. Damals ernannte der römische Kaiser Claudius das heutige Köln zur Stadt unter dem Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Das älteste Relikt aus dieser Zeit ist zugleich das bekannteste Wahrzeichen der Stadt: der Kölner Dom. Seit über 1200 Jahren steht die gotische Kirche fast unverändert im linksrheinischen Herzen von Köln, während die Stadt drum herum stetig wächst und sich verändert.

Die Veedelskultur gehört mittlerweile genauso zu Köln, wie der Dom, das Kölsch oder der Karneval.  Als „Veedel“ bezeichnet der Kölner liebevoll den Stadtteil, in dem er zu Hause ist. In Köln gibt es insgesamt 86 Veedel und daneben noch einige inoffizielle Veedel, die nicht amtlich erfasst sind. Dazu zählen urkölsche Veedel, wie der Eigelstein, das Studententviertel „Kwartier Latäng“ oder auch das „Belgische Viertel“ in der Neustadt-Nord. Und was macht ein Veedel nun zu einem Veedel? Hier findet der Kölner im Allgemeinen alles, was er zum Leben braucht: die Stammkneipe an der Ecke, das Büdchen, einen größeren Platz zum Plaudern, den Supermarkt, den Bäcker und das Café. Im Veedel spielt sich das Leben ab und dementsprechend fühlt sich der Kölner seinem Stadtteil ganz besonders verbunden. Und trotz der Allgemeingültigkeit dieser Formel für alle Veedel, hat doch jeder Bezirk seine eigenen Besonderheiten zu bieten.

Kölsche Veedel – Für jeden Geschmack was dabei

Die Altstadt zum Fuße des Doms ist bekannt für ihre Fülle an historischen Schauplätzen, wie dem Heinzelmännchen-Brunnen, dem alten Rathaus oder dem Hänneschen-Theater am Eisenmarkt. Das Motto des Puppenspiels bietet ein Gefühl für die Tradition: „Bei uns im Hänneschen Theater lävt et Hätz vun Kölle sik 1802.“ Man kann darüber hinaus durch die Gassen der Altstadt schlendern, die Brauhäuser auf dem Alter Markt besuchen oder an der Rheinpromenade die Sonne genießen. Die traditionsreiche Geschichte der Altstadt spiegelt sich auch in den Anwohnern wider. Wer sich im Brauhaus Zims umsieht, trifft dort auf zahlreiche Männerstammtische, die sich dort auf ein Feierabendkölsch treffen. Opa Jupp  ist die Verkörperung des typischen Altstadtbewohners.

Graffiti Kunst in Ehrenfeld
Buntes Wandgraffiti auf dem Heliosgelände in Ehrenfeld

Absolutes Kontrastprogramm dazu bietet Ehrenfeld. Das hippe und multikulturelle Veedel ist gezeichnet von Streetart, Technoclubs und orientalischen Fressbuden. Ein Handy- und Klamottenladen reiht sich an den nächsten, aber auch originelle Trends wie Unverpackt-Läden oder „Zahl was es dir wert ist“-Supermärkte finden hier einen Platz. Auf dem Heliosgelände, einem ehemaligen Industriegrundstück, finden regelmäßig Veranstaltungen und Festivals rund um Musik, Lifestyle oder Streetfood statt. Der typische Ehrenfelder wohnt in einer Fünfer-WG, hat vielleicht einen Migrationshintergrund und jobbt im Sneaker-Store gegenüber.

Leckeres Eis in Zollstock am Südfriedhof
Kölns beliebte Eisdiele Van der Put in Zollstock

Wer dem Großstadttrubel lieber ein wenig entgehen will, der ist in Sülz, Klettenberg und Zollstock besser aufgehoben. Die benachbarten Stadtteile im Kölner Süd-Westen sind besonders bei jungen Familien beliebt. Mit dem zweithöchsten Anteil an Grünflächen in Köln ist Sülz das perfekte Veedel für Naturliebhaber. Zollstock besticht vor allem mit seiner Dichte an urigen Geschäften. Hier findet man von einer Wollhändlerin, über Juweliere bis hin zu einem Pfeifengeschäft noch originelle Läden, die im Einzelhandel leider nach und nach aussterben. In Sülz bieten sich einem zahlreiche Möglichkeiten einen gesunden Lebensstil zu verfolgen. Hier wimmelt es nur so von Bioläden und Yoga-Studios. Auf den Straßen dominieren Fahrräder und E-Scooter. Die typische Sülzerin spaziert gerne mit Kinderwagen und Hund durch den Beethovenpark und trinkt dabei ihren Latte Macchiato aus einem biologisch abbaubaren ToGo-Becher.

Blick auf den Dom und die Hohenzollernbrücke von der Schäl Sick

Und dann wäre da natürlich noch die „Schäl Sick“. Als Schäl Sick betitelt der linksrheinisch wohnende Kölner die rechte Seite des Rheins abfällig als „die falsche Seite“. Hier befinden sich Veedel wie Deutz, Mülheim, Kalk oder Porz. Dabei trugen die rechtsrheinischen, industriestarken Bezirke, darunter auch Kalk und Mülheim, damals ganz wesentlich zum Wohlstand Kölns bei. Aber der Kölner wäre kein Kölner, wenn er nicht auch diesem Umstand etwas Gutes abgewinnen würde. Und so ist die Bezeichnung der Schäl Sick für die Bewohner der rechten Rheinseite eher ein Ehrentitel. Das Leben im rechtsrheinischen Köln, fernab des Stadtzentrums, gestaltet sich ruhig und gemütlich. Stereotypisch für die Schäl Sick ist die Familie mit drei Kindern, die gerne im Garten spielen, während Mutti das Abendessen für die Familie zubereitet und Vati die Schlagzeilen des Tages vorliest. Am Wochenende machen sie gerne einen Ausflug ins Bergische oder einen Spaziergang durch den Königsforst mit anschließendem Biergartenbesuch.

Kölsches Grundgesetz – Eine Formel zum Glücklichsein

Das Geheimnis für das gelassene Zusammenleben ist in Köln sogar in Form eines kölschen Grundgesetzes verankert. Das inoffizielle Gesetz umfasst elf Artikel und bietet eine Formel zum Glücklichsein. Die ersten drei Artikel „Et es wie et es!“, „Et kütt wie et kütt!“ und „Et hätt noch immer jot jejange!“ stehen grundsätzlich exemplarisch für die rheinländische Gelassenheit und Sorglosigkeit. Die Kölner bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Artikel vier bis sieben, wie zum Beispiel „Wat fott es, es fott!“ oder „Wat wellste maache!“, unterstreichen die Grundeinstellung der Kölner, dass man manchen Dingen einfach seinen Lauf lassen muss und nicht alles steuern kann. Wichtig sind außerdem Artikel zehn und elf: „Drinkste ene met?“ und „Do laachste dich kapott!“ verkörpern die Offenheit und Heiterkeit der Rheinländer in jeder Lebenslage.

Doch wo man die Liebe der Kölner zu ihrer Stadt am deutlichsten spürt, ist in der Musik. Und so ist es auch keine große Überraschung, dass die Karnevalsband Black Fööss dem Veedel eine eigene Hymne gewidmet hat:

Wat och passeet, dat eine es doch klor. Et Schönste, wat m’r han, schon all die lange Johr, es unser Veedel, denn he hält m’r zosamme ejal, wat och passeet, en uns’rem Veedel.

Uns Sproch es Heimat

Die Rheinländer: Wie der Name schon sagt, bezeichnet dieser Begriff die rund um den Fluss Rhein lebenden Menschen im Westen der Bundesrepublik.  So groß die Region des Rheinlandes geografisch ist, umso kleinteiliger und vielfältiger sind die einzelnen Gebiete und Gemeinden aus denen sie sich zusammensetzt. So gehört die freie Kreisstadt Köln, als bevölkerungsreichste Stadt NRWs, ebenfalls zur Region des Rheinlands.

Die Kölner: Dieser Begriff bezeichnet wiederum die in der Stadt Köln lebenden Menschen. Und die sind von einem ganz besonderen Schlag.  „Se kalle Kölsch, wie ihnen dat Mul gewaase es“ (sie sprechen Kölsch, wie ihnen der Mund gewachsen ist), „se fiere Karneval“ (sie feiern Karneval) „un se drinke lecker Kölsch“ (und sie trinken leckeres Kölsch). Kölsch – das ist nicht nur ein bekanntes Bier der Region, nein. Kölsch ist eine Sprache, ein Denken, ein Gefühl von Heimat.

karnevalistisches Graffitie

„Uns Sproch es Heimat“

„Sprache ist ein Spiegel der eigenen Mentalität und der Art und Weise, wie man sich gerne ausdrückt“, sagt Priska Höflich vom Institut för uns Kölsche Sproch im Mediapark in Köln. Dass es überhaupt ein Institut gibt, in dem Kölsch-Seminare angeboten und Kölsch-Examina abgelegt werden können, legt folgende Vermutungen nahe: Es ist den Domstädtern wichtig ihre Sprache zu erhalten und weiter zu vermitteln. Aus einem Dialekt wird eine Sprache, aus der Sprache ein Lebensgefühl, eine Tradition, ja, „uns Sproch es irgendwie Heimat“ – wie das Motto der vergangenen Karnevalssaison es so treffend formulierte.

Doch wie kam es dazu?

„Köln war 800 Jahre lang eine freie Reichsstadt mit eigener Stadtmauer, eigenem Markt und florierendem Handel, sodass sich zu dieser Zeit in der Tat eine richtige, eigene Sprache entwickeln konnte“

Der Fluss macht’s: durch die Lage direkt am Rheinufer konnte Köln Handel treiben. Und wer viel handeln will, der muss eben mit möglichst vielen Menschen gut auskommen. Hierfür ist die Sprache der Schlüssel. Wer sich verständigen kann, kann miteinander leben, arbeiten und handeln. „Die Rheinländer haben in ihre Sprache viel von den Leuten aufgenommen, die mit ihnen eng zusammen gewohnt oder gearbeitet haben“, bestätigt Frau Höflich. Was lässt sich also erkennen im Spiegel der Kölschen Sprache? Vermutlich vor allem eines: Vielfalt. In 2000 Jahren Stadtgeschichte ist Köln geprägt vom Zuzug und Wegzug der Menschen. Von Handel und Schifffahrt, von Römern, Juden und Franzosen – von Offenheit und Toleranz.

Kölscher Dialog zum lernen für Kinder

Köln war schon immer bunt

„Beispielsweise ist im Römisch-Germanischen Museum syrisches Glas ausgestellt. Vor über 2000 Jahren haben Syrer also bereits Glas nach Köln gebracht. Wer glaubt, Zuzug anderer Kulturen sei ein neues Phänomen im Rheinland, der irrt“, betont Priska Höflich im Gespräch. Auch Gabriele Dafft vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte schreibt der Kölschen Mentalität insbesondere drei Wesenszüge zu: „Gemeinschaftssinn, Toleranz und Offenheit – und eben nicht dieses Abschottende, was wir aus anderen Regionen kennen“. Als Beispiel hierfür gibt sie an, man müsse nur nach Bayern schauen. Ein bekannter bayrischer Wahlspruch lautet demnach „Mia san Mia“, was so viel bedeutet wie „wir sind wir“. Ein sehr identitätsstiftender Ausspruch. In Köln hingegen heißt es oft „drink doch ene met“, übersetzt: „trink doch einen mit“, aus einem bekannten Kölschen Song der Gruppe Bläck Fööss. Wo die einen sich also nach außen hin abgrenzen, laden die anderen Außenstehende ein, sich dazu zu gesellen. Mit Sprache kann man sich also sowohl von anderen abheben, als auch andere in eine Sache mit einschließen – oder eben ausschließen. Verändert die Art wie wir Sprechen und uns ausdrücken unser Denken, oder unsere Einstellung zum Leben?

Kölsches Garagentor

Nix bliev et wor

„Nix bliev wie et wor“ oder„Jede Jeck es anders“ – diese Paragraphen aus dem so genannten kölschen Grundgesetz, schildern die Offenheit des kölschen Charakters schon ganz gut“, so Höflich. Eine Laissez-faire Attitude, die den Kölnern sehr oft nachgesagt wird. Laissez-faire: ist das nicht eigentlich französisch? Korrekt! Innerhalb der 14-jährigen Besatzung unter Napoleon und später während des zweiten Weltkrieges haben auch die Franzosen dem Rheinland ihren Stempel aufgedrückt.

Mach mir keine fiesen Matenten!

So gibt es heute immer noch lustige, verfälschte Aussprüche die auf diese Zeit zurück zu führen sind. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Spruch „Mach mir keine fiese Matenten!“, den Eltern ihren Kindern – und vor allem Väter ihren Töchtern – in und um Köln gerne mit auf den Weg geben. Dieser rührt aus der Zeit der französischen Besatzungszone während des zweiten Weltkrieges, in der französische Soldaten um netten Damenbesuch bemüht waren und die Kölner Junggesellinnen mit dem Satz „Visite ma tente“, was so viel bedeutet wie „besuch mein Zelt“ in ihre Zelte einzuladen versuchten. Natürlich ganz zum Leidwesen ihrer Väter, die des Französischen oft nicht mächtig waren, und ganz in Kölscher, praktischer Manier den Satz ins Kölsche übertrugen und zur Mahnung aussprachen: „Mach mir keine fiese Matenten!“. „So wie die rheinische Frohnatur ist, so drückt sie sich auch aus und tatsächlich kann man viele emotionale Äußerungen sehr schön auf Kölsch ausdrücken“, erklärt Priska Höflich. Man denke nur an den oft in Kölschen Liedern auftauchenden Satz „Du bis ming Hätz“, was so viel bedeutet wie „Du bist mein Herz“, oder aber den zuversichtlichen Spruch „Es hätt noch immer jot jejange“, zu deutsch „Es ist noch immer gut gegangen“ aus dem Kölschen Grundgesetz. Unkompliziert, wenig schnörkelig, direkt, einfach und doch so einprägsam herzlich. Nicht umsonst sind aus vielen Kölschen Liedern und Sprüchen regelrechte Hymnen und Parolen geworden die, gerne in passenden Momenten hervor gekramt werden.

„In kölschen, sprichwörtlichen Redensarten verdichtet sich Mentalität“

So sieht es auch Gabriele Dafft vom LVR-Insitut: „Man beobachtet in Köln also auch in der Tat, dass die Redewendungen, die unter anderem aus dem Kölschen Grundgesetz stammen, angewendet werden und sozusagen aus der Schublade geholt werden wo immer sie passen.“ Für sie ist klar: „Durch das Sprechen der Kölschen Sprache und der breiten Verwendung des Dialekts in der Region, lässt sich eben auch ableiten, dass sich viele gerne die kölschen Tugenden zu eigen machen wollen.“ Tugenden, Eigenschaften – sie werden über Sprache transportiert. Sprache ist der Schlüssel zum Denken, zur Mentalität und „in kölschen, sprichwörtlichen Redensarten verdichtet sich Mentalität“, so Dafft.

Kölsches Grundgesetz

In Vielfalt geeint

Uns Sproch es Heimat – genau so lebendig wie Sprache ist, ist auch der Begriff der Heimat ein wandelbarer, denn: „Nix bliev wie et wor“! Das ist auch gut so, denn dies ist die Tradition des Rheinlands, die Tradition der Domstadt: der Wandel. Und so trifft auf Köln und Kölsche Sprache das Motto der Europäischen Union ganz gut zu, denn die Region, die Menschen und ihre Sprache sind geeint in Vielfalt.

Cöln zur Kaiserzeit – Eine Reise in die Vergangenheit

Der Boden besteht, wie nur noch an wenigen Stellen der Stadt, aus holprigem Kopfsteinpflaster. Die Häuser sind, wie nur noch wenige in Köln, alt aber dennoch farbenfroh erhalten. Der Alter Markt ist ein zentraler Platz in der Altstadt nicht unweit vom Rhein. Restaurants reihen sich dicht aneinander. Mitten auf diesem altertümlichen Platz: ein unscheinbarer Eingang mit der Aufschrift „Time Ride“. Auch, weil das Haus eines der wenigen nicht sonderlich hübsch anzusehenden ist, fällt vielen Menschen auf dem Alter Markt wohl nicht auf, dass sie vor Kölns neuester und hochmodernen Attraktion stehen. Das Virtual-Reality-Projekt entführt die Besucher auf eine Zeitreise in das Köln des Jahres 1900. „Mitten im damals“ lautet das Motto und was im ersten Moment nach Freizeitpark und schlecht animiertem 3D-Kino klingt, entpuppt sich als wahres Spektakel.

Die Reise beginnt

© TimeRide GmbH

Direkt am Eingang steht das Kassenhäusschen, an dem die Fahrscheine für die historische Bahnfahrt ausgegeben werden. Ein älterer Herr mit typisch rheinländisch gezwirbeltem Schnurbart und einer altertümlichen Uniform zeigt auf ein Schild und liest vor: „Willkommen auf Ihrer Reise ins Cöln der Kaiserzeit.“ Doch bevor die Fahrt durch das Kölle von vor 120 Jahren beginnt und der detailverliebte Nachbau einer damaligen Straßenbahn sich „in Bewegung setzt“, begibt sich eine 10-köpfige Besuchergruppe zur ersten Station der Zeitreise: die stereoskopische Fotoausstellung. In dem Raum befinden sich Fernglasattrappen an der Wand, die einem in 3D-Optik die bekanntesten Sehenswürdigkeiten und Plätze der Stadt zeigen und zwar in doppelter Ausführung: heute und im Jahr 1900. Anschließend gelangen die Besucher in das Kinema. Ein Film im Zeitraffermodus erzählt die Geschichte Kölns von der Römerzeit bis heute. Den Machern ist es gelungen den Effekt eines direkten Vergleichs zu erzielen, sowohl im Film, als auch bei den Bildern im ersten Raum. Gepaart mit Informationen der Time-Ride-Mitarbeiter entsteht ein umfassendes Bild der Stadt Köln. Unterhaltsam und informativ aufbereitet entsteht eine Art Geschichtsunterricht ohne Schulcharakter. Es fühlt sich eher an, wie eine Mischung aus einer Stadtführung, dem Besuch in einem Freizeitpark und einem Kinobesuch, bei dem der Regisseur sämtliche Aufnahmen kommentieren und Hintergründe erläutern würde.

© TimeRide GmbH

Bitte einsteigen!

Doch das Highlight des Time-Rides ist die dritte und letzte Station: Platz nehmen in der historischen Straßenbahn, Virtual-Reality-Brille aufsetzen und eintauchen in das Cöln zur Kaiserzeit. Die Brille ist, entgegen ihres optischen Erscheinungsbildes, überhaupt nicht schwer oder unangenehm zu tragen und funktioniert unerwartet fehlerlos. Kein Ruckeln oder kurze Aussetzer obwohl der Kopf die ganze Zeit in Bewegung ist, um auch wirklich jeder Person hinterher zu schauen und jeden Winkel der Kaiserzeit zu entdecken. Vorne, hinten, unten, oben: mit der VR-Brille ist wirklich jede Sichtweise möglich und der Nebenmann wird zur Figur der Geschichte. Das Eintauchen in eine fremde, längst vergangene Zeit ist beeindruckend und fordernd zugleich. Haltestellenansagen, Vibrationen der Bahn und simulierter Fahrtwind verstärken die Fahrt zusätzlich. Währenddessen immer wieder Informationen oder einfach flotte, kölsche Sprüche vom Bahnfahrer, der es sich nicht nehmen lässt alles und jeden zu kommentieren. Vom Alter Markt zum Rhein und natürlich zum Dom geht die Reise vorbei an detailgetreuen digitalen Menschen aus dem Jahr 1900.

© TimeRide GmbH

Unglaubliche 600 Häuser der Kölner Altstadt wurden nur anhand geschichtlicher Quellen rekonstruiert und 3.000 animierte Figuren stellen das Leben damals dar. Wer sich jetzt denkt: Spoileralarm! Dem sei gesagt, dass alle noch so haargenauen Beschreibungen dieses Erlebnis nicht ansatzweise ersetzen können. Nach ca. 10 bis 15 Minuten ist die Zeitreise mit der Brille allerdings leider schon vorbei, was getrost als Kritikpunkt gesehen werden darf. Jeder Raum wusste an sich zu überzeugen und die Narrativität fügt sich zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Dennoch hätten ein paar Minuten Bahnfahrt mehr nicht geschadet und das aus dem einfachen Grund, dass es solchen Spaß gemacht hat.

Zurück in der Realität

Am Ausgang herrscht schließlich ein ordentliches Gedrängel. Die nächste Besuchergruppe wird gerade mit „Willkommen auf Ihrer Reise ins Cöln der Kaiserzeit“ begrüßt. Nicht verwunderlich, dass Time Ride solch einen Zuspruch erfährt. Nur zufriedene und lächelnde Gesichter strömen aus dem unspektakulär aussehendem Gebäude am Kölner Alter Markt raus auf das holprige Kopfsteinpflaster, um nun in einem der vielen Restaurants oder Bistrots zu verschwinden. Nach einer wirklich tollen, modernen und innovativen Attraktion, um die Köln nun reicher ist.

Tickets gibt’s ab 10 Euro.

THE GOOD FOOD – Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung

Jeder Deutsche schmeißt jährlich im Durchschnitt über 50 Kilogramm Lebensmittel weg. Von diesen könnten viele jedoch noch gut verwendet werden. Gegen die Verschwendung von Essen versucht Nicole Kleski anzugehen – mithilfe ihres Ladens THE GOOD FOOD.

Es ist halb neun Uhr morgens, die Wolken haben sich vor die Sonne geschoben, sodass der kölsche Stadtteil Ehrenfeld in ein graues, diesiges Licht getaucht wird. Motorenlärm durchbricht die Stille, als ein silberner Van die Straße runter und anschließend die Auffahrt einer großen Lagerhalle hinauffährt. Aus dem Auto springt Lena, eine junge Frau mit blondem langem Haar, die in ein kurzes Blumenkleid und einen dicken, schwarzen Pullover gehüllt ist. Einzig ihre schwarzen Gummistiefel weisen darauf hin, dass ein Ausflug auf den Bauernhof bevorsteht. Lena arbeitet seit einem halben Jahr ehrenamtlich bei THE GOOD FOOD, einem kleinen Ladenlokal in Ehrenfeld, das ausschließlich gerettete Lebensmittel verkauft. Das bedeutet, dass es nur Lebensmittel zu THE GOOD FOOD schaffen, die in einem herkömmlichen Supermarkt aus ästhetischen Gründen nicht verkauft werden können oder die bereits abgelaufen sind. Die Gründerin des Ladens, Nicole Kleski, kämpft so gegen die Lebensmittelverschwendung in Deutschland an.

Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in Deutschland im Müll. Die Verluste in der Landwirtschaft sind dort noch nicht mit einberechnet. „Ich habe mich sehr darüber geärgert, wie viele gute Lebensmittel wir wegschmeißen und auch wie viele wertvolle Ressourcen wir damit verschwenden“, erzählt Nicole. So sei sie auch auf die Idee gekommen, bei der Lebensmittelrettung nicht erst im Laden anzufangen, wie die Organisation „Foodsharing“, sondern der Verschwendung gleich in der Landwirtschaft und direkt bei den Herstellern entgegen zu wirken. Seit über zwei Jahren verkauft THE GOOD FOOD diese geretteten Lebensmittel in dem kleinen Laden auf der Venloer Straße nach dem „Zahl, was es dir wert ist“-Prinzip. Kunden können mitnehmen, so viel sie wollen und dafür die Summe zahlen, die ihnen diese Lebensmittel wert sind. Die Einnahmen des Geschäfts reichen für die Bezahlung der Miete von Laden, Van und Lagerhalle sowie für eine Aufwandsentschädigung einiger fester Mitarbeiter, wie auch Nicole.

Die Gründerin von THE GOOD FOOD Nicole Kleski

„Es gab Tage, da habe ich mich nur von Radieschen ernährt“

Lena und zwei weitere ehrenamtliche Helferinnen bauen die Rücksitze aus dem Van aus, den sich das Ladenlokal jeden Dienstag von der Sporthochschule Köln leiht. So bleibt mehr Platz in dem Auto für ungewolltes Gemüse und abgelaufene Lebensmittel, die sie im Laufe des Tages für THE GOOD FOOD einsammeln werden. Kokosnusswasser, Bio-Apfelschorle und kalte Kaffee-Getränke werden in der Seitenkonsole verstaut, um Erfrischungen zwischendurch zu garantieren. Zu Essen nehmen sie jedoch außer einer Tafel Bio-Schokolade nichts mit. Denn über den Tag hinweg sind die Ehrenamtlichen von frischem Obst und Gemüse umgeben, da wird auch gerne nebenher ein wenig probiert. „Es gab Tage, da habe ich mich nur von Radieschen ernährt“, lacht Lena und nimmt auf dem Fahrersitz Platz. Das Navi wird eingestellt, die Hip-Hop-Musik aufgedreht und schon beginnt die Tour.

Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichen die Lebensmittelretter den ersten von vier Stopps, den Lammertzhof in der Nähe von Neuss. Dort empfängt Bauer Heiner Hannen die jungen Frauen mit einem verschmitzten Lächeln wie alte Freunde. Schließlich sind die Ehrenamtlichen von THE GOOD FOOD mindestens einmal die Woche auf dem Hof. Er erklärt ihnen genau, welche Gemüsesorten sie einsammeln, pflücken und sortieren dürfen und schon kann die Arbeit losgehen. Die Wolken haben sich verzogen und inzwischen strahlt die Sonne freundlich vom blauen Himmel. Ein Hahn kräht in der Nähe und die Vögel zwitschern – auf dem Bauernhof herrscht eine Atmosphäre, wie sie im Bilderbuche steht. Über vier Stunden lang werden ein Dutzend Kisten voller knubbeliger, zu klein geratener Kartoffeln sortiert, Spinat gepflückt und Rote Beete geerntet, denn diese Lebensmittel kann Bauer Hannen aufgrund von Form, Größe oder Konsistenz nicht verkaufen. Mit einer Kiste und einem kleinen Messer bewaffnet macht sich die ehrenamtliche Helferin Lena auf dem Feld an die Arbeit und zieht jede übrig gebliebene Rote-Beete-Pflanze einzeln aus dem Boden. „Heute Abend gibt es Rote-Beete-Salat, den liebe ich“, freut sie sich. Denn als Entlohnung für ihre Arbeit dürfen die Helferinnen von THE GOOD FOOD sich am Ende des Tages aus dem Laden mitnehmen, was sie wollen.

THE GOOD FOOD – erster Laden seiner Art

Grundsätzlich werden bei THE GOOD FOOD Gemüse und Obst, Backwaren vom Vortag und MHD-Ware verkauft, also Lebensmittel, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, aber trotzdem noch genießbar sind. „Oft passiert es auch, dass das Produkt noch eine Restlaufzeit hat, diese dem Supermarkt jedoch nicht reicht, da dieser sie auch noch verkaufen muss. Dann nimmt der Supermarkt das schon nicht mehr ab. Oder das Design wird geändert. Dann wird das alte Design aussortiert und die Lebensmittel würden ebenfalls weggeworfen werden“, erzählt Gründerin Nicole kopfschüttelnd, „das ist der totale Wahnsinn für mich!“ Bisher ist THE GOOD FOOD der erste Laden in Deutschland, der Lebensmittel nach dem „Zahl, was es dir wert ist“-Prinzip verkauft. In Münster und Berlin gibt es jedoch schon Nacheiferer, die es sich mit einem eigenen Laden zur Aufgabe gemacht haben, gute Lebensmittel vor der Mülltonne zu bewahren.

Der zweite Stopp auf der Lebensmittelretter-Odyssee ist der Frischemarkt in Meerbusch „Marktliebe“. Dort angekommen fährt wie durch magische Hand das Gate am Hintereingang des Ladens hoch und über zehn Kisten voller MHD-Waren werden für die THE GOOD FOODHelferinnen bereitgestellt. Aus diesen wählen die jungen Frauen aus, was sie mitnehmen wollen, aussortiert wird lediglich Obst und Gemüse, das eindeutig kaputt ist. Von Sushi über Joghurt, Erdbeeren, vegetarischem Schnitzel, Lachs, Garnelen und Maracuja ist fast alles mit dabei. „Durch THE GOOD FOOD wurde ich bezüglich Nahrung sensibilisiert, besonders für die Verschwendung, weil ich auch einfach sehe, wie damit gearbeitet wird. Auch wie viel ohne Grund bei Großhändlern verschwendet und weggeworfen wird“, erzählt Lena, während sie die vollen Kisten in den Van lädt. Sie ist fast jeden Dienstag bei den aushäusigen Touren dabei, wenn sie von ihrer Arbeit das OK dafür bekommt. „Diese Tagestouren sind eine richtige Herzensangelegenheit für mich geworden; eine Möglichkeit zu haben, etwas zu tun! Das ist meine Motivation!“

Kunden so unterschiedlich wie die Produkte selbst

Nicht nur die Käufer von THE GOOD FOOD profitieren von der Rettung der Lebensmittel, auch der Supermarkt und die Produzenten haben etwas davon. Diese können sich Entsorgungskosten sparen und erhalten nebenbei ein gutes Image, mit dem sie werben können. Nicole ist sich sicher, dass sie den Laden zur richtigen Zeit eröffnet hat. Sie hat das Gefühl, dass ihr Team dazu beigetragen hat, dass Lebensmittelverschwendung so ein großes Thema geworden ist. „Ich denke, dass sich viel verändert hat und dass der Bekanntheitsgrad der Lebensmittelverschwendung und damit einhergehend auch das Thema Nachhaltigkeit an Zulauf gewonnen hat. Ich hoffe auch, dass das nicht nur ein Trend ist“, äußert Nicole. Dennoch ist ihr bewusst, dass sie sich in einer kleinen Blase befindet. An Fachhochschulen, an denen sie manchmal Vorträge hält, gibt es Leute, die von dem ganzen Thema noch nie etwas gehört haben. „Und natürlich gibt es auch Menschen, bei denen ich denke, vielleicht bist du gerade hier im Laden, weil du das auf Instagram gesehen hast und es gerade irgendwie cool ist. Aber das freut mich natürlich auch, dass wir nicht in dieser Ökotanten-Nische hängen, sondern dass wir auch Menschen erreichen, die das als hip empfinden“, erzählt Nicole. Dementsprechend sind auch die Kunden im Laden so unterschiedlich und vielfältig wie die Produkte, die THE GOOD FOOD verkauft.

„Das ist so eine Art Meditation“

Nach weiteren 40 Minuten Fahrt erreichen die Lebensmittelretterinnen den Fliestedener Obsthof, einen kleinen Obstladen in Bergheim. Der Obstladen stellt für THE GOOD FOOD regelmäßig noch gut erhaltene, große Säcke frischer Äpfel bereit. Diese könnten noch verkauft werden, der Obsthof bietet sie den Ehrenamtlichen also als Spende an. Hier wird nur ein kurzer Zwischenstopp eingelegt, die Säcke werden schnell im Van verstaut und schon wird der letzte Halt angesteuert. Als die jungen Frauen bei dem Landwirtschaftsbetrieb Gemüsekoop ankommen, ist es bereits nach 17 Uhr. Da THE GOOD FOOD um 19 Uhr schließt, muss hier unter etwas Zeitdruck zu klein geratener Kohlrabi geerntet werden. Mit der Hilfe von kleinen Küchenmessern trennen Lena und ihre beiden Helferinnen Kohlrabi-Pflanzen aus dem von der Sonne gehärteten Boden, die der Bauer von Gemüsekoop nicht verkaufen kann. Es ist eine mühselige Arbeit, doch Lena gefällt sie: „Du bist dann auch einfach total mit dir selbst, total im Stillen, das ist so eine Art Meditation. Außerdem habe ich so den direkten Bezug zu den Lebensmitteln, ich habe den Bezug zu den Bauern, da ist jetzt ein Gesicht dahinter.“

Wieder in der Stadt angekommen werden die geretteten Lebensmittel sofort in den Laden gebracht. Die Ehrenamtlichen bilden eine Kette vom Van bis zu THE GOOD FOOD und sogar Kunden packen beim Tragen der Kisten mit an. So wird im Handumdrehen ein ganzer Tag Arbeit in den Regalen des Ladens verstaut. Und dies scheint sich schnell herumzusprechen. Denn pünktlich kurz vor Ladenschluss ist THE GOOD FOOD gefüllt mit glücklichen Kunden, die sich durch die geretteten Lebensmittel wühlen und dafür zahlen, was es ihnen wert ist. Mit von der Sonne verbranntem Nacken, Dreck unter den Fingernägeln und erschöpft vom vielen Tragen machen sich Lena und ihre Mitstreiter wieder auf den Weg zum Lager. Der Van muss schließlich auch wieder nach Junkersdorf zurückgefahren werden. Die Mädchen sind kaputt, aber glücklich. Lena nimmt wieder auf dem Fahrersitz Platz, kratzt den Dreck unter ihren Fingernägeln hervor und seufzt zufrieden: „Ich glaube, man kann nicht mehr mit seinem Tag anfangen, als mit so einem Gesamtpaket wie dieser Tour!“

Die Öffnungszeiten von THE GOOD FOOD findet ihr hier.

Nachhaltiges Shoppen auf dem Mädelsflohmarkt

Die Modewelt ist eine vergängliche und schnelllebige Branche. Jeden Frühling und Herbst kommen neue Trends auf den Markt und verdrängen die „alte“ Kleidung aus Geschäften und Kleiderschränken. Um diesen unnötigen Kleiderkonsum zu drosseln, muss das Tauschen und Weiterverkaufen von Kleidung zum Alltag werden. Anika hat sich deswegen auf die Suche nach einer innovativen Kleidertausch-Börse gemacht. Der „Mädelsflohmarkt“ bietet Mädchen und Frauen in Düsseldorf, Bonn und Köln die Chance, ihre Kleidung ein zweites Mal verwenden zu lassen und eine andere Person damit glücklich zu machen. Mit Snacks, Getränken und Musik wird Second-Hand so zum Shopping-Erlebnis.

Hier findet ihr die nächsten Termine der Mädelsflohmärkte in Köln und Bonn.

„Anyway“ – wo Anderssein Alltag ist

Von der Schaafenstraße mit seinen vielen schwul-lesbischen Bars und Kneipen, bis hin zum alljährlichen Christopher-Street-Day – Die LGBTQ*-Szene ist zum festen Bestandteil des Kölner Stadtbildes geworden. Für Erwachsene sind die Anlaufstellen vielzählig, doch an wen wenden sich Jugendliche mit ihren Fragen und Anliegen? Das „anyway“ am Friesenplatz ist das einzige queere Jugendzentrum in der Domstadt. 1998 öffnete das Café erstmals seine Türen. Heute kommen jährlich 1400 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 14 und 27 Jahren hierher. Für sie ist es ein zweites Zuhause geworden.

Sagen, Mythen und Legenden aus der Domstadt

Von der Loreley in St. Goar, über Siegfried und die Niebelungen am Drachenfels bis hin zu den Heinzelmännchen in Köln am Rhein: Das Rheinland ist geprägt von jahrhundertealten Mythen, Sagen und Legenden. Vor allem in der Domstadt häufen sich Geschichten über fabelhafte Wesen, kleine Geister oder verfluchte Orte.
Doch was es wirklich auf sich hat mit dem Kallendresser und des Teufels Unwesen im Kölner Dom, das weiß heute kaum noch jemand – und doch sind die Kölner stolz auf ihre sagenumwobene Stadt.
Ariane hat sich für eingeVeedelt auf die nächtliche Fackeltour durch Köln begeben, an der man ein- bis zweimal im Monat teilnehmen kann, und ist so den Sagen und Legenden der Stadt etwas näher gekommen. Start der Tour ist am Heinzelmännchenbrunnen:

„Tante Olga“: Der verpackungsfreie Einkauf

Tag für Tag produzieren wir Unmengen an Müll. Ein Großteil entsteht beim Einkaufen. So gut wie alles, was wir kaufen, ist in Plastik oder zumindest in Kartons verpackt. Wer seinen Müll im Alltag reduzieren möchte, hat es nicht leicht. „Tante Olga“ auf der Berrenrather-Straße in Köln-Sülz versucht  seit 2016 dem entgegen zu wirken. Hier gehört der Verpackungsmüll der Vergangenheit an. Celine hat für eingeVeedelt den unverpackten Einkauf getestet.

Tierliebhaber aufgepasst: Ein neues Highlight in Köln

Du bist ein großer Tierliebhaber und hättest am liebsten auch einen kleinen, süßen Mitbewohner? Aber du hast keinen Platz oder dein Vermieter erlaubt es nicht? – Dann haben wir jetzt den ultimativen Tipp: Köln ist um eine Attraktion reicher. In der Nordstadt, Nähe Hansaring, findet ihr das Café Schnurrke.

Die Besonderheit: Hier gibt es nicht nur Kaffee und Tee, sondern auch Katzen. Also aufgepasst! Wir haben das Café Schnurrke für euch besucht und die Highlights festgehalten: