Auf der Suche nach Klischees – Besucherstereotyp auf der ART COLOGNE

Juristen tragen nur Polohemden, bunte Hosen und den Pulli über die Schultern gelegt. Grundschullehrer kennen sämtliche Kinderlieder auswendig und malen in ihrer Freizeit Mandalas. Informatiker sind so schüchtern, dass sie mit kaum jemandem reden, wohnen bei Mama und diese sucht ihnen auch jeden Tag ihre Kleidung heraus. All diese Vorurteile halten sich seit Jahren und haben sich längst in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Ob wahr oder falsch ist dabei völlig egal.

Der typische ART COLOGNE Besucher?

Wenn Klischees also seit Ewigkeiten zu jeglichen Gruppen der Gesellschaft gehören, warum sollte es nicht auch einen Klischee-Besucher der ART COLOGNE geben?
Ich mache mich auf den Weg, um die Galeristen nach ihrer Meinung zu fragen. Was ist für sie der Stereotyp-Besucher?
40 Minuten später die Enttäuschung. Ich habe keine einzige Antwort bekommen. Jedenfalls keine, die mich weiterbringt. „Ich kann Ihnen dazu nichts sagen“, „Das weiß ich nicht“ und „Ich möchte nichts dazu sagen“ habe ich zwar oft gehört, aber bin dadurch kein Stück schlauer als vorher.
Doch mein Ehrgeiz ist gepackt, es muss doch einen typischen Besucher geben.

Dann such ich halt alleine – Die verschiedenen Besuchertypen

Es ist 13:30 Uhr und ich stehe in Halle 11.2 am Eingang. Die Besucher laufen an mir vorbei in die Halle. Ich schaue mir jeden so gut es geht an und erkenne ein doch immer wiederkehrendes Muster.
Da gibt es die Schulklassen. Eine Horde vorwiegend männlicher Jugendlicher trampelt lautstark die Treppen hinauf und zeigt recht offensichtlich ihr Desinteresse an den Ausstellungsstücken, obwohl sie die Halle noch nicht einmal richtig betreten haben. Häufigst gesagter Satz: „Das kann ich auch“.
Die zweite und weitaus größte Gruppe sind Männer in teuer aussehenden Anzügen mit Frauen in ebenso teuer aussehenden Kostümen. Wahlweise sind die Frauen auch in eleganten Kleidern oder kurzen Röcken unterwegs. Allerdings niemals ohne hohe Schuhe und teure Designertasche. Damen, die mittlerweile das Rentenalter erreicht haben dürften, haben sich aus Bequemlichkeitsgründen meist für Ballerinas entschieden, die vermutlich noch teurer sind als die High Heels der jüngeren Damen. Die Paare bewegen sich deutlich anmutiger als die zuvor genannte Schulklasse und ihr häufigst gesagter Satz ist wohl: „Schatz, guck mal, lass uns da anfangen.“ Die meisten vermitteln das Bild, dass sie heute noch einige teure Stücke für ihr Wohnzimmer im Zweit- oder Drittwohnsitz erwerben wollen. Die werden halt schnell aus der Portokasse bezahlt.

Ich verlasse meine Position am Eingang, folge dem Strom der Menschen und erkenne schnell die dritte Kategorie von Besuchern.

Zu ihnen zählen die Kunststudenten und Hippies dieser Welt. Weite Cordhosen, Batik-Shirts und Schlabberklamotten treffen auf Nerdbrillen, Strickpullover und Lederrucksäcke.
Jedem Werk gehen sie analytisch auf den Grund und diskutieren untereinander was das Zeug hält.

Die vorletzte Gruppe sind die „Normalos“. Vorwiegend Frauen in Gruppen, die in Jeans, T-Shirt und Strickjacke durch die Gänge schlendern und vorwiegend über ihre Kinder und nicht im entferntesten über die ausgestellte Kunst reden. Die Kinder haben sie wohl zu Hause gelassen oder im Kids Club abgesetzt, aber einige seltene Exemplare der Helikopter-Mütter, die es auf die Ausstellung geschafft haben, lassen es sich natürlich nicht nehmen, ihr Kleinkind mit zur Messe zu nehmen. Man muss ja schließlich die Kontrolle behalten.
Aber natürlich gehören auch Paare des älteren Semesters dazu, die mit ihrer Digitalkamera des letzten Jahrzehnts jedes für sie spannende Motiv einfangen. Und ja, dazu gehören auch die Blumen im Restaurantbereich.
Zu der letzten Gruppe gehören Menschen, die selbst auch als Kunstwerk durchgehen könnten. Sie laufen in riesigen Gewändern rum, haben Blumen auf dem Kopf oder sind in einem komplett gelben Outfit samt Bauarbeiterhelm unterwegs. Sie sind es auch, von denen man glaubt, dass sie zu Hause ein ganzes Atelier haben, in dem sie selbst basteln, malen, Kostüme schneidern, Yoga machen oder ganze Holzskulpturen schnitzen.
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Paradiesvögel – ein typischer ART COLOGNE Besucher?

Umfrage Nummer zwei

Nachdem ich die auffälligsten Besuchergruppen enttarnt und klassifiziert habe, starte ich einen neuen Versuch.
Ich frage die Galeristen nun nach den verschiedenen Typen von Besuchern. Dies sollte ja deutlich einfacher sein, da sich der Aussteller nun nicht auf eine Art Besucher festlegen muss und alle seine Eindrücke schildern kann.
Doch auch darauf geht keiner ein. Schließlich treffe ich auf eine nette Dame, die mir des Rätsels Lösung gibt. Sie sagt, dass Galeristen niemals ihre Kundschaft klassifizieren und einordnen werden, weil die Kunden schwierig werden, wenn sie sich in diesen Kategorien wieder erkennen. Aha, so läuft der Hase also.

Mein Ergebnis 

Das Ende vom Lied: Es gibt tatsächlich nicht den einen Klischee-Besucher. Aber es gibt sie, die verschiedenen Typen von ART COLOGNE-Besuchern. Auch wenn diese von mir in meinen 45 Minuten Beobachtungszeit vielleicht sehr stark heruntergebrochen wurden und ich auch nicht alle einfangen konnte. Aber den „Das kann man so nicht sagen“-Aussagen der Galeristen kann ich mich definitiv nicht anschließen.

Fotovermerk: Foto: Pixabay

(Von Sandra Stommel)