Wie politisch ist die ART COLOGNE?

Zeitgenössische Kunst – das versprechen die Verantwortlichen der ART COLOGNE ihren Besuchern. Und zeitgenössische Kunst sollen sie bekommen. Es steht allerdings die Frage im Raum: Wie politisch ist zeitgenössische Kunst auf der ART COLOGNE? Stellen Galeristen auf der ältesten Kunstmesse der Welt Kunstwerke aus, die die enormen politischen Umbrüche und Veränderungen thematisieren und einordnen? Wie verbreitet sind politische Botschaften in den Kunstwerken, ob offensichtlich oder subtil? Wie stark wird sich generell mit Politik beschäftigt? Und wenn ja, wieso?

Auch wenn eine turbulente und politisch hochbrisante Zeit viel Stoff für Thematisierungen und Beschäftigungen liefert, begegnet man auf der ART COLOGNE selten Kunst, welche sich auf den ersten Blick erkennbar mit Politik beschäftigt oder davon maßgeblich beeinflusst wurde. Umso mehr stoßen jene heraus, die es tun. Entsprechende Kunstwerke lassen sich bei der Galerie Brigitte Schenk oder Gisela Clement finden.

Amerika als künstlerisches Motiv

Melissa E. Logan etwa, Gründungsmitglied des multinationales Kollektivs für Musik, Performance, Design und visuelle Kunst, Chicks on Speed. Sie arbeitet in ihrem Werk Flags mit diversen künstlerischen Medien. Wie auch mit Chicks on Speed entstehen ihre Projekte im Kollektiv und Austausch mit internationalen Künstlern. Ihr Werk in der Sektion Neumarkt auf der ART COLOGNE konzentriert sich auf das malerische Werk. In ihrem Projekt Flags wählt sie die Flagge als formales, aber auch inhaltlich aufgeladenes Ausdrucksmittel.
Im Mittelpunkt steht das Travel Banner, eine 2,1 x 3,5 m große Flagge, die in ihrer Komposition die amerikanische Flagge rezipiert. Dabei wurden die Sterne, die ja bereits in ihrer Originalform einer Symbolik unterliegen, in dem Kunstwerk durch jeweils neue Kreationen ausgetauscht. Einige der Symbolkreationen wurde von Künstlern gemalt, die aus den Ländern stammen, die von Donald Trumps geplantem Einreiseverbot betroffen sind. Und so steckt nicht nur in dem Gesamtwerk eine Botschaft, jedes Detail erzählt dabei ganz unterschiedliche, individuelle Geschichten, die unterschiedliche Facetten zu dem Kunstwerk beitragen.

Messebesucher betrachten Melissa E. Logans "Flags"
Messebesucher betrachten Melissa E. Logans „Flags“

Sich der Katastrophen der Welt bewusst sein und über die brennenden politischen Fragen unserer Zeit nachzudenken. Das ist eines der Motive für Melissa E. Logan. Für die Galeristin Franziska Mailbeck ist Politik in Kunstwerken auf der ART COLOGNE allerdings kein Muss. Sie stellt vielmehr die Gegenfrage: „Muss Kunst denn überhaupt politisch sein?“

 Brigitte Schenk von der gleichnamigen Galerie beschreibt es in einem Interview (zum Artikel Kunst und Politik – welche Macht hat Kunst) so: „Die westlichen Künstler bewegen sich mehr auf einem ästhetischen Niveau. Hier gibt es Meinungsfreiheit, es gibt keine Todesstrafe, Frauen haben weit mehr Rechte. Hier im westlichen Raum gibt es weniger Restriktionen, die Kunst bewegt sich mehr auf einem formal ästhetischen Niveau.“

Auch wenn Kunst nicht unbedingt mit einem politischen Statement verbunden sei, so Mailbeck, könne sie durchaus kritisch sein oder auch nachdenklich machen. „Kunst hat die Macht etwas in unseren Köpfen zu machen. Insofern ist Kunst als Medium durchaus ein Mittel sich mit dem Geschehen auf der Welt auseinander zu setzen“ sagt Franziska Mailbeck.  „Kunst bietet immer die Möglichkeit, Dinge von einer anderen Seite zu betrachten.“ Neues zu lernen zum Beispiel. So wie in Melissa E. Logans Flags.

Flags

Offensichtliche Assoziationen wecken die Drohne im Mittelpunkt des Kunstwerkes oder die chemische Formel für Plastik. Ins Auge fallen aber auch das Seepferdchen oder der hängende Elefant, die sich nicht sofort erschließen.

Melissa E. Logans „Flags“: Detailaufnahme Seepferdchen
Melissa E. Logans "Flags"
Melissa E. Logans „Flags“

Das Seepferdchen ist eine Anspielung auf die Geschlechterrolle. Die vom Weibchen produzierten Eier werden etwa vom Männchen ausgetragen.

Die tragische Geschichte der erhängten Elefantin Mary verknüpft die Kunst mit dem zweifelhaften Verhältnis des Menschen zu Tieren. Mary tötete einen Hilfstrainer. Die Unklarheit über die näheren Umstände des Unfalls führten umgehend zur Sensationsberichterstattung in der lokalen Presse über die „mörderische Mary“, die angeblich bereits mehrere Arbeiter auf dem Gewissen habe, woraufhin die Bürger lautstark „Tötet den Elefanten!“ forderten. Laut Mailbeck kam es zudem zu dem Unglück, weil Mary immer wieder mit spitzen Gegenständen hinter die Ohren gepiekst wurde, um sie besser kontrollieren zu können. Später hätte sich zudem herausgestellt, dass Mary an starken Zahnschmerzen litt.

Selten – aber doch vorhanden: politische Statements auf der ART COLOGNE

Auch wenn politische Kunst die ART COLOGNE nicht dominiert: Entdeckt man sie, dann fällt sie sofort ins Auge. Da ist zunächst die Galerie Brigitte Schenk, welche ausschließlich Werke von Künstlern aus Ländern ausstellt, die von Trumps Einreiseverbot betroffen sind. Aber es gibt es auch weitere Galerien, die mit politischen Kunstwerken auffallen oder aktuelle politische Prozesse in ihrer Kunst aufnehmen.

 

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(von Maximilian Jäger)