Sind abwarten oder selbst Hand anlegen wirklich die einzigen beiden Optionen?
Wohnen in Köln könnte so schön sein, wenn das Wohnglück nicht meist vom Vermieter abhängen würde. Doch bei wenig Wohnraum nehmen Mieter auch schon mal den ein oder anderen Ärger in Kauf. Wie sie sich aber nicht alles gefallen lassen müssen, zeigt ihnen Sophie Krüger.
Ein lautes Klopfen. Es ist mitten in der Nacht. Leise schleiche ich zum Fenster und öffne es: „Machst du mir die Tür auf?“ Sophie Krüger (Name von der Redaktion geändert), 29 Jahre alt, steht zitternd vor der Tür. Nach einer durchzechten Partynacht kam ich früher in Sophies Wohnung zurück, um mich schon einmal hinzulegen. Für eine Aprilnacht ist es erstaunlich kühl, dabei war es tagsüber recht sonnig. Das Schicksal scheint es weiterhin nicht gut mit der Journalismus-Studentin zu meinen: Nach erfolglosen zehn Minuten Rütteln und Ziehen gebe ich es auf, die Tür öffnen zu wollen, bevor noch besorgte Nachbarn in den Flur stürmen. „Okay, geh ins Wohnzimmer und mach die Balkontür auf, ich klettere über die Feuerleiter rein“, lauten ihre Anweisungen. Wie 007 erklimmt Sophie Krüger die Leiter, um in ihre eigene Wohnung einzubrechen. Nächstes Hindernis: Die Feuerleiter hat keine offenen Stellen zur Seite und so muss sich die 29-Jährige durch enge Gitterstäbe zwängen. Irgendwie landet sie dann heil in der Wohnung.
Am nächsten Morgen versuchen wir noch einmal gemeinsam, die Tür erst gewaltlos, dann gewaltsam aufzukriegen. Keine Chance. Das Schloss klemmt und wir sind eingeschlossen. Ich bemerke schwarze Striemen auf dem Boden und frage Sophie Krüger, woher diese stammen: „Irgendwie ist die Tür verzogen und schleift dann halt immer auf dem Boden. Teilweise war es richtig schwer, die Tür zuzukriegen. Ich musste die oft ein bisschen anheben, damit sie überhaupt zugeht.“ Und dass das Schloss klemmt, weiß Sophie Krüger schon seit ihrem Einzug. Doch so schlimm, dass sie das Schloss überhaupt nicht mehr aufbekommen hat, ist es noch nie gewesen. Ob sie denn nicht einfach ihrer Vermieterin Bescheid sagen möchte, frage ich. „Ich kommuniziere nicht so gerne mit ihr“, lautet ihre Antwort mit einem sarkastischen Unterton.
„Da musst du jetzt einfach durch“
Was da vorgefallen ist, möchte ich genauer wissen und so führt Sophie Krüger mich in ihr Badezimmer und zeigt mir die Gastherme. Im vergangenen Winter, als die Temperaturen teilweise auf minus zehn Grad fielen, habe Sophie Krüger plötzlich kein warmes Wasser mehr gehabt. „Ich habe dann meine Vermieterin angerufen und Bescheid gesagt, aber sie hat nur gefragt, ob ich da nicht selbst irgendwas dran machen könnte“, berichtet die 29-Jährige. Da sie aber keine Handwerkerin ist, hat sie sich an den Hausmeister gewandt. Der wusste nicht, was die Studentin von ihm will.
Es folgte ein erneutes Telefonat mit der Vermieterin: Sophie Krüger solle doch einen Installateur holen. Dieser hatte aber erst frühestens in drei Tagen Zeit. Aus den drei Tagen wurden letztendlich sogar fünf Tage. Fünf Tage, in denen die Studentin mit kaltem Wasser duschen musste. „Ich kann mich da jetzt nicht drum kümmern, weil ich krank bin und das sind ja auch nur ein paar Tage, da müssen Sie jetzt einfach durch“, sei die Antwort von Sophie Krügers Vermieterin per WhatsApp gewesen.
Doch die Studentin ließ nicht locker: Sie sah es nicht ein, den Wartungsvertrag für die Heizung abzuschließen. „Mein Vater hat eine Heizungsfirma und daher weiß ich, dass das üblicherweise der Vermieter macht, da ja auch ihm die Heizung gehört“, erzählt Sophie Krüger. Rechtlich gesehen sei das aber nicht so und da müsse sie sich noch einmal informieren, seien die abschließenden Worte der Vermieterin gewesen.
Einige Tage später erhielt Sophie Krüger einen Anruf von einer Heizungsfirma, die mit ihr einen Termin für die Wartung ausmachen wollte. Die Studentin resümiert: „Also hat sie im Endeffekt doch den Vertrag abgeschlossen. Aber es war einfach nervig, weil sie keine Ahnung davon hat, wie man eine Wohnung vermietet oder instand hält, da es ihre erste Wohnung ist und ich ihre erste Mieterin bin.“
Ganz klar Sache des Vermieters
Die Sache mit der Gastherme ließ sich somit klären. Aber das Problem mit der Tür und die Frage, wer sich denn im Fall der Fälle um die Durchführung der Arbeit kümmern muss, bleiben. Deshalb entscheidet Sophie Krüger sich dazu, beim Mieterverein Köln e.V. anzurufen. Hans Jörg Depel, Leiter der Rechtsabteilung, sorgt dann schließlich für erleichtertes Aufatmen: „Rechtlich gesehen ist das ganz klar Sache des Vermieters“, stellt der Jurist fest. Es sei denn, im Mietvertrag selbst stehe eine individuelle Regelung, was bei Sophie Krüger aber nicht der Fall ist.
Depel macht aber darauf aufmerksam, dass es bei den Kosten wiederum anders aussieht und verweist auf die sogenannte Kleinreparaturregelung. Und siehe da: In Sophie Krügers Vertrag lässt sich tatsächlich solch eine Regelung für Mängel bis zu 100 Euro auffinden. „Ja, das bedeutet, dass sie diese Kosten selbst tragen muss, aber das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass die Vermieterin sich darum kümmern muss, dass die Mängel überhaupt behoben werden“, betont Depel. Und falls all die Diplomatie und Gespräche nichts nützen würden, könne die Studentin ja immer noch dem Mieterverein Köln beitreten.
Nach dem Telefonat verabschiede ich mich von Sophie Krüger und wappne mich innerlich schon, ganz wie sie die Feuerleiter auf meinem Weg nach draußen benutzen zu müssen. Hoffnungslos beobachte ich, wie sie es dennoch ein letztes Mal mit der Tür versucht. Und siehe da: Plötzlich geht sie doch auf. „Tja, man muss eben Glück und ein gutes Händchen haben“, sagt die Studentin lachend. Aber einfach nur auf ihr Glück verlässt sie sich dennoch nicht: Mit dem Hinweis von Hans Jörg Depel will sie erneut auf ihre Vermieterin zugehen.
Text: Merve Polat